# taz.de -- Umstrittene Gästeliste: Nordwestradio bietet Bühne für AfD | |
> In einer Live-Sendung in Bremen setzt das Nordwestradio einen AfD-Mann | |
> auf das Podium. Damit hofierten die Öffentlich-Rechtlichen | |
> Rechtspopulisten, sagen Kritiker. | |
Bild: Einfach nur debattenfreudig? Neben Britta Rasch-Menke von der Bremer Flü… | |
BREMEN taz | Das Nordwestradio steht in der Kritik, einem AfD-Politiker | |
eine öffentlich-rechtliche Bühne geboten zu haben. Eigentlich sollte sich | |
die Diskussion am Mittwochabend um eine geplante Unterbringung für | |
Flüchtlinge im Bremer Stadtteil Borgfeld und die hiesige Willkommenskultur | |
drehen, doch sie wurde überlagert von einer anderen Frage: Hofiert ein | |
öffentlich-rechtlicher Sender mit seiner Auswahl der Podiumsgäste die | |
Rechtspopulisten oder ist die Redaktion bloß debattenfreudig? | |
Auf das Podium gesetzt hatte die Sendereihe [1][„Nordwestradio unterwegs“] | |
neben Britta Rasch-Menke von der Ökumenischen Flüchtlingshilfe Politiker | |
von CDU, SPD und Grünen, nicht aber von der Linken als etablierter Partei. | |
Ebenso hatten die in der Bremischen Bürgerschaft vertretenen | |
rechtspopulistischen „Bürger in Wut“ (BIW) das Nachsehen. Stattdessen | |
setzte das Programm von Radio Bremen und dem NDR auf | |
AfD-Landesvorstandssprecher Christian Schäfer, obwohl die | |
rechtspopulistische Formation in Bremen bis heute kein landespolitisches | |
Programm gezimmert hat. | |
Die BIW beschwerte sich daraufhin, nicht eingeladen worden zu sein. Ein | |
linkes Bündnis von Linksjugend Solid, Flüchtlingsinitiative, Avanti, SDS | |
Bremen und den Jungen Piraten kritisierte die Stoßrichtung der mit der | |
Frage „Hat Bremen ein Problem mit Flüchtlingen?“ betitelten Veranstaltung: | |
In einem [2][offenen Brief] forderten sie den Sender auf, diese abzusagen. | |
Sozialstaatsrat Horst Frehe (Grüne), der ursprünglich als Podiumsgast | |
vorgesehen war, hatte im Vorfeld abgesagt. Er habe keine Zeit, ließ er | |
seinen Sprecher Bernd Schneider ausrichten. Vertreten wurde er von | |
Abteilungsleiter Karl Bronke. Die Besetzung des Podiums nannte Schneider | |
„unglücklich“, aber letztendlich entscheide dies Radio Bremen. | |
Auch Britta Ratsch-Menke vom Flüchtlingsrat kritisierte die Auswahl der | |
Gäste: „Mit der AfD sollte man sich auseinandersetzen, aber dass ihr hier | |
gratis ein Podium geboten wird, wo sie weder in der Bürgerschaft noch im | |
Beirat ein Mandat hat, finde ich überflüssig und problematisch, wenn man | |
sieht, wie diese Partei Menschen vom rechten Rand abfischt“, sagte sie bei | |
der Veranstaltung. „Wir wollten für die Diskussion ein breites | |
Meinungsspektrum“, rechtfertigte Moderator Stefan Pulß die Entscheidung. | |
„Jedenfalls soweit es sich nicht um verfassungsfeindlichen Einstellungen | |
handelt.“ | |
Die Sendereihe sei keine, die den Parteienproporz wahrt, erläuterte deren | |
Koordinator Kai Schlüter auf taz-Anfrage. „Wir laden Leute ein, von denen | |
wir glauben, dass sie zum Thema etwas zu sagen haben“, sagte er. | |
Doch Christian Schäfer, der Sprecher des AfD-Landesvorstands in Bremen, | |
hatte in diesem Abend kaum etwas zur Diskussion beizutragen: Abgesehen von | |
dem Hinweis, dass Flüchtlinge Menschen sind und das Asylgesetz angewendet | |
werden sollte, war von ihm wenig zu hören. | |
Der Sender hält die Entscheidung nach wie vor für richtig: „Der Protest von | |
BIW und Linksjugend bestätigt uns, dass wir ins Zentrum der | |
gesellschaftlichen Debatte getroffen haben“, sagt Schlüter. Im Gegensatz zu | |
den BIW, die „nur bremisch seien“, sei die Position der AfD überregional | |
wichtig, sagt er. | |
Dass die Linksjugend forderte, die Sendung abzusetzen, hätte ihn aber schon | |
überrascht. Immerhin sei die Partei selbst vom Reflex der Politik betroffen | |
gewesen, mit neuen Parteien das Gespräch zu verweigern. „Wir haben bewusst | |
gesagt, dass wir diesem Reflex nicht nachgeben“, sagt Schlüter. Der | |
Rechtspopulismus sei in Europa mittlerweile völlig normal. Nun komme er | |
auch in Deutschland an. „Das müssen wir als Journalisten schließlich zur | |
Kenntnis nehmen“, findet Schlüter. | |
Dass das Veranstaltungsthema polarisierte, spiegelte sich auch im gut | |
gefüllten Besucherraum der Borgfelder Schützengilde: Ein älterer Mann ging | |
die Kritiker, die die Veranstaltung störten, harsch an: „Sie Ungeziefer, | |
verlassen Sie den Raum – und gehen Sie sich erstmal rasieren“, schimpfte | |
er. Ein anderer Nachbar sagte, er sei ernüchtert von dieser | |
Diskussionskultur, er hätte sich gewünscht, einfach nur informiert zu | |
werden. | |
16 Oct 2014 | |
## LINKS | |
[1] http://www.radiobremen.de/nordwestradio/sendungen/nordwestradio/audio137312… | |
[2] http://linksjugendsolidhb.wordpress.com/2014/10/13/kein-podium-fur-die-afd-… | |
## AUTOREN | |
Lena Kaiser | |
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