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# taz.de -- Richtungsstreit in der AfD: Alte Männer, gar nicht aalglatt
> National-konservativ oder lieber wirtschaftsliberal? An der Parteispitze
> streiten Alexander Gauland und Hans-Olaf Henkel um den Kurs.
Bild: Alexander Gauland, Chef der AfD-Fraktion im Brandenburger Landtag, weiß …
BERLIN taz | Die Führungsriege der Alternative für Deutschland (AfD) hat
sich für das kommende Wochenende viel vorgenommen. Am Freitag treffen sich
Vorstandsmitglieder und Europaabgeordneten der Partei für zwei Tage in
Regensburg.
Auf der Tagesordnung stehen zwei Fragen: Was ist der Markenkern der AfD?
Und: Soll die AfD eine Protestpartei bleiben? „Wir müssen darüber reden, ob
wir künftig eine liberale Wirtschaftspartei sind oder stärker auch den
Protest der Gesellschaft aufnehmen, der zu uns strömt“, sagt Alexander
Gauland (73), Fraktionschef in Brandenburg. „Das sind zwei verschiedene
Konzepte.“
Es geht also um die Identität der AfD. Die aber ist im Parteivorstand
heftig umstritten.
Gauland ist einer der Protagonisten der Auseinandersetzung. Auf der anderen
Seite steht der 74-jährige Europaabgeordnete Hans-Olaf Henkel. Beide sind
Vizechefs der Partei – und so etwas wie ihre Pole. Gauland, jahrzehntelang
Mitglied der CDU, ehemaliger Leiter der Hessischen Staatskanzlei und
Exherausgeber der Märkischen Allgemeinen, repräsentiert den
national-konservativen Flügel. Henkel, Ex-Chef des Bundesverbandes der
Deutschen Industrie und früher stets an der Seite der FDP, steht für den
Wirtschaftsliberalen. Ihren Streit darüber, wie es mit der AfD weitergehen
soll, haben sie auch öffentlich inszeniert.
## Klein und beschämt
Den Aufschlag machte Henkel mit einem Interview in der Zeit, in dem er die
AfD scharf kritisierte. „[1][Da sitzt man auf einem Parteitag] und hört
irgendwelche wilden Verschwörungstheorien“, so Henkel. „Ich werde dann ganz
klein und schäme mich in Grund und Boden.“ In der AfD gebe es besonders
viele schwierige Typen: „Ideologen, Goldgräber, Karrieristen“, sagte Henkel
und stöhnte über „diese ganzen Russlandversteher“.
Einer dieser „Russlandversteher“ ist Gauland, er hat die
russlandfreundliche Politik der AfD Ende vergangenen Jahres in ein
Grundsatzpapier gegossen. Darin forderte er, Deutschland müsse sich wieder
auf die Bismarck’sche Politik besinnen und dürfe Russland nicht weiter
schwächen.
Trotz Ukrainekrise entschied sich der Parteitag im März für diese Position:
Er beschloss, keine Sanktionen gegen Russland zu unterstützen – zum Unmut
von Henkel, aber auch von Parteichef Bernd Lucke. Als diese und zwei
weitere Europaabgeordnete im Juli in Brüssel einen Antrag unterstützten,
der sich für solche Sanktionen aussprach, kam es zum Eklat.
## Unvernünftige, Unanständige und Intolerante
Jetzt, nach Henkels Interview, kofferte Gauland in der Welt zurück. „Herr
Henkel muss sich fragen, ob er noch zur AfD gehören will“, sagte Gauland
dem Springer-Blatt. Fragt man heute bei ihm nach, rudert er zurück: Er
wolle nicht, dass Henkel die Partei verlasse, sagte Gauland der taz. Bei
seiner Kritik an Henkel, dem überzeugten Transatlantiker, aber bleibt er:
„Henkel hängt an der alten Ost-West-Spaltung.“ Gauland dagegen will die
„deutschen Interessen stärker vertreten“, auch gegenüber den USA. Ohnehin
hält er das „Patriotisch-Konservative“ für das verbindende Element in der
AfD.
Dissens herrscht zwischen den beiden Vizechefs auch in der Frage, wie man
mit jenen umgehen soll, die vor allem aus Protest zur AfD kommen – und das
sind nicht wenige. „Unvernünftige, Unanständige und Intolerante in unseren
Reihen“ würden der Partei schaden, argumentierte Henkel. „Ich will
verhindern, dass die AfD nach rechts abdriftet.“ Parteichef Lucke hatte
Anfang Oktober in einem Brief die eigene Partei aufgefordert, Querulanten
und Störenfriede zu isolieren.
Gauland dagegen sagt, über manche Verschwörungstheorie müsse er lachen.
Grundsätzlich aber müsse die AfD denjenigen eine Stimme geben, die bisher
nicht gehört werden. „Auf diese können wir nicht verzichten.“ Seine Grenz…
„rechtsextremes Gedankengut.“ Mit ehemaligen Mitgliedern der
islamkritischen Partei Die Freiheit oder der rechtslastigen Splitterpartei
Pro Deutschland in seiner Brandenburger Landtagsfraktion hat Gauland
allerdings keine Schwierigkeiten.
Der Erfolg scheint seiner Strategie Recht zu geben. Im Wahlkampf machte
Gauland gezielt mit der Angst vor Einwanderung, Flüchtlingen und
Kriminalität Wahlkampf. Das Ergebnis: Die AfD bekam 12 Prozent. Ähnlich
lief es in Sachsen und Thüringen.
## Verständigung kaum vorstellbar
Das stärkt die national-konservativen Kräfte in der Partei. Ohnehin
verbindet die Öffentlichkeit die AfD kaum noch mit liberalen Ideen. Zwar
sind nur zehn Prozent der Bevölkerung der Ansicht, dass die AfD ein klares
Programm habe. Umso eindeutiger aber sind die Themen, mit denen die Partei
assoziiert wird: Begrenzung der Einwanderung, schärfere Asylgesetze,
Abschaffung des Euro, stärkerer Einsatz für deutsche Interessen. Das zeigt
eine Umfrage des Allensbachs Instituts vom Oktober. Sie besagt auch: Bei
einer Bundestagswahl käme die AfD derzeit auf 7,5 Prozent.
Viele dieser Themen werden am Wochenende von der AfD-Spitze diskutiert
werden. Am Ende soll ein einvernehmliches Papier stehen. Dass Gauland und
Henkel sich inhaltlich verständigen können, ist schwer vorstellbar.
Parteichef Lucke wollte sich zu der Auseinandersetzung nicht äußern. Nur so
viel: Bei der Klausur gehe es um die „Erarbeitung einer mittelfristigen
Strategie bis zur nächsten Bundestagswahl“.
Seine Co-Chefin Frauke Petry, die mit ihrem familienpolitischen Schwerpunkt
der Drei-Kind-Familie einen national-konservativen Kurs fährt, betont, die
AfD müsse liberale und konservative Positionen bedienen. „Das ist unser
erklärtes Ziel.“
7 Nov 2014
## LINKS
[1] http://www.zeit.de/politik/deutschland/2014-10/alternative-fuer-deutschland…
## AUTOREN
Sabine am Orde
## TAGS
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