# taz.de -- Konflikt in der Ostukraine: Artillerie-Feuer in Donezk | |
> Trotz der ausgehandelten Waffenruhe nehmen die Gefechte in der Ostukraine | |
> zu. Die Separatisten werfen Kiew den Einsatz von Brandbomben in | |
> Wohngebieten vor. | |
Bild: Gezielte Angriffe auf Wohngebiete? Haus in Donezk. | |
DONEZK afp/dpa/ap | In der ostukrainischen Rebellenhochburg Donezk hat es | |
die heftigsten Gefechte seit der Einigung auf eine Waffenruhe Anfang | |
September gegeben. Bis zum frühen Morgen waren in der Stadt durch die | |
Artillerie verursachte Explosionen zu hören. Dabei seien vier Wohnhäuser | |
zerstört worden, teilte die Stadtverwaltung mit. Angaben zu Opfern wurden | |
nicht gemacht. | |
Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) äußerte | |
Besorgnis über die Verlegung von Panzern und Truppentransportern in die | |
Ostukraine. Die Kämpfe in Donezk begannen gegen 02.00 Uhr nachts (01.00 Uhr | |
MEZ) und dauerten zunächst unvermindert an. Am Sonntagmorgen waren die | |
Gefechte weniger intensiv. | |
Ein Anwohner sagte, er habe gesehen, dass sieben motorgetriebene Kanonen in | |
Richtung des seit Monaten umkämpften Flughafens sowie in Donezks | |
Nachbarstadt, den Eisenbahnknotenpunkt Jassinuwata unterwegs gewesen seien. | |
Die prorussischen Separatisten warfen den Regierungstruppen die gezielte | |
Zerstörung von Wohnvierteln mit Brandbomben vor. Mehrere Menschen seien | |
verletzt worden, sagte am Sonntag der Vizekommandeur der Aufständischen, | |
Eduard Bassurin. Zwei Aufständische seien getötet, ein weiterer verletzt | |
worden. | |
## Separatisten rechtfertigen Truppenbewegung | |
OSZE-Beobachter zur Überwachung der Waffenruhe hatten zuvor nahe der von | |
prorussischen Rebellen kontrollierten Städte Donezk und Makijiwka Konvois | |
mit Panzern, Truppentransportern und Haubitzen gesichtet, wie die | |
Organisation in der Nacht mitteilte. Der Schweizer Außenminister und | |
amtierende OSZE-Präsident Didier Burkhalter zeigte sich „sehr besorgt“ üb… | |
ein mögliches Wiederaufflackern der Gewalt in der Ostukraine. Er rief die | |
Konfliktparteien auf, alles zu tun, um die vereinbarte Waffenruhe zu | |
stabilisieren. | |
Bei der Bewegung der Konvois handele es sich um eine notwendige Rotation in | |
den Reihen der Aufständischen, sagte Bassurin. Ein Teil der Kämpfer müsse | |
angesichts des Artilleriebeschusses durch ukrainischen Truppen neue | |
Stellungen beziehen. Auch die Aufständischen in der nicht anerkannten | |
„Volksrepublik“ Lugansk berichteten von einer Zunahme der Gewalt. | |
Nach Angaben Kiews wurden seit Freitag neun ukrainische Soldaten getötet. | |
Die UNO gab die Zahl der Toten in den vergangenen sieben Monaten mit mehr | |
als 4000 an. | |
Unterdessen erklärte der niederländische Außenminister Bert Koenders, dass | |
die Opfer des im Juli über der Ostukraine mutmaßlich abgeschossenen | |
Malaysia-Airlines-Flugzeugs möglicherweise nicht alle geborgen werden | |
können. Derzeit sei nicht klar, „wann und sogar ob“ die letzten neun Opfer | |
geborgen und identifiziert werden könnten, sagte Koenders am Samstag bei | |
einem Besuch der Unglücksstelle. Fünf Särge mit den sterblichen Überresten | |
von Opfern trafen unterdessen in den Niederlanden ein. Da 193 der 298 | |
Todesopfer Niederländer waren, leitet Den Haag die Ermittlungen. | |
## USA als Vermittler | |
Der russische Außenminister Sergej Lawrow ging derweil nicht näher auf den | |
Vorwurf der ukrainischen Führung ein, wonach am Freitag 32 Panzer und | |
andere Militärfahrzeuge aus Russland in die Ostukraine eingedrungen sein | |
sollen. US-Außenamtssprecherin Jennifer Psaki hatte zuvor ebenso wie die | |
Nato erklärt, dass keine unabhängige Bestätigung für Kiews Darstellung | |
vorliege. Als Lawrow nach einem Treffen mit US-Außenminister John Kerry in | |
Peking um klärende Informationen gebeten wurde, sagte er knapp: „Wenn Psaki | |
keine hat, habe ich auch keine.“ | |
Zugleich forderte Lawrow die US-Regierung trotz gravierender | |
Meinungsunterschiede auf, sich im Ukraine-Konflikt als Krisenvermittler | |
einzubringen. Wenn Washington zur Entschärfung der Lage und zum „Dialog“ | |
zwischen den Konfliktparteien beitragen wolle, wäre das ein „Schritt in die | |
richtige Richtung“. | |
Nach den Worten des ehemaligen sowjetischen Staats- und Parteichefs Michail | |
Gorbatschow befindet sich die Welt„"an der Schwelle zu einem neuen Kalten | |
Krieg“. Gorbatschow, der eine wichtige Rolle beim Fall der Berliner Mauer | |
vor 25 Jahren spielte, warf dem Westen und der Nato im Schweizer | |
Rundfunksender RTS vor, im Zuge des Ukraine-Konflikts „neue Mauern“ | |
errichten zu wollen. | |
Der ehemalige Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher (FDP) sprach sich | |
für einen Neuanfang in den Beziehungen zu Moskau aus. Angesichts von | |
Bedrohungen wie der durch die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) | |
seien die gemeinsamen Interessen mit Russland „erheblich größer“ als die | |
Differenzen, sagte Genscher der Bild am Sonntag. | |
9 Nov 2014 | |
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