| # taz.de -- Kolumne Press-Schlag: Misserfolg kann man sich verdienen | |
| > In Bremen feiert man den Wiedergänger von Ikone Thomas Schaaf. Ein Trend? | |
| > Wird nun nach einer Klopp-Kopie gefahndet? | |
| Bild: Thomas Schaaf, nur ohne Schnauzbart: Werder-Bremen-Trainer Viktor Skripnik | |
| Man kann es für eine bemerkenswerte Renaissance halten. Erstaunliches trägt | |
| sich derzeit bei Werder Bremen zu. Innerhalb von gut zehn Tagen ist Viktor | |
| Skripnik zum Liebling der Massen aufgestiegen. Dreimal hat er das Team | |
| betreut, dreimal hat die Mannschaft gewonnen. | |
| Dieselbe Mannschaft, die zuvor über viele Wochen nicht eine Siegesprämie | |
| einstreichen konnte. Bereits nach seinem ersten Erfolg gegen Chemnitz im | |
| DFB-Pokal hatte Skripnik weit mehr Sympathien erobert als sein Vorgänger | |
| Robin Duttin in fast anderthalb Jahren. Und das lag nicht daran, dass die | |
| Werder-Fans ihr Team gegen den Drittligisten in der Außenseiterrolle | |
| gesehen hätten. | |
| Sie haben vielmehr in Viktor Skripnik den Wiedergänger von Thomas Schaaf | |
| erkannt: Auch er kommt mit wenigen Worten und wenigen Haaren aus und | |
| bewahrt die Ruhe. Der Ukrainer müht sich nicht einmal, sich abzuheben. Ob | |
| ihm die Vergleicherei nicht auf den Geist gehe? „Wieso soll mich das | |
| nerven?“, sagt Skripnik. „Es stimmt doch. Ich habe nur keinen Schnauzbart.�… | |
| Dass Schaaf seine Werder-Ära beinahe mit dem Abstieg besiegelt hätte, hat | |
| seinem Status in Bremen nie geschadet. Seine Erfolge zuvor wogen schwerer. | |
| Am liebsten hätte man wohl den 53-Jährigen zum Nachfolger seines | |
| Nachfolgers gekürt. | |
| ## Irrationale Personalpolitik | |
| Misserfolg kann man sich eben auch verdienen. Armin Veh und Jürgen Klopp | |
| etwa dürfen dank ihrer früheren Verdienste die Talfahrt ihrer Teams | |
| weiterhin verantworten. Romantisch veranlagte Beobachtern werden dieser | |
| Tage angesichts solch großer Treue im harten Bundesligageschäft ganz | |
| seelig. Zeigen doch wieder einmal die Schalker, dass das | |
| Hire-and-fire-Prinzip von wenig Erfolg geprägt ist. Unter Di Matteo gibt | |
| der Traditionsverein eine genauso klägliche Figur ab wie zuvor unter Jens | |
| Keller – nur schiebt man Letzterem gemeinerweise noch die Schuld dafür in | |
| die Schuhe. | |
| Wobei das Festhalten an altverdienten Recken ebenso irrational ist wie | |
| manch überstürzter Trainerrauswurf. Möglicherweise ist Klopp genau der | |
| falsche Mann, wenn es darum geht, den Dortmunder Stars ihre Selbstzweifel | |
| auszutreiben. In dieser Disziplin verfügt er über wenig Erfahrungen. Und | |
| vielleicht wäre es sinnvoller, sich in Stuttgart um einen Neuanfang zu | |
| bemühen, als mit Veh an vergangene Zeiten anknüpfen zu wollen. | |
| Und ob Skripnik als Schaaf-Wiedergänger eine neue Ära in Bremen begründen | |
| wird, bleibt abzuwarten. Man sollte den Aufschwung nicht überbewerten. | |
| Schließlich warteten auch die Freiburger noch vor zehn Tagen auf ihren | |
| ersten Bundesligasieg und haben zuletzt dreimal gewonnen. Mit ihrem alten | |
| Trainer Christian Streich übrigens, den viele dieselbe Eigenwilligkeit | |
| attestieren, die einst die Freiburger Trainerikone Volker Finke | |
| auszeichnete. | |
| Zeichnet sich da eine neue Entwicklung in der Bundesliga ab? Fahndet man | |
| bald bei Borussia Dortmund nach einem Ebenbild von Jürgen Klopp? Und wenn | |
| schon! Man wird wohl kaum fündig werden. Das ist doch eine für alle Seiten | |
| sehr beruhigende Erkenntnis. | |
| 10 Nov 2014 | |
| ## AUTOREN | |
| Johannes Kopp | |
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