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# taz.de -- 101. Bundesliga-Nordderby: Am Boden liegend auf Augenhöhe
> Mit Hokuspokus gehen der HSV und Werder Bremen gegen den drohenden
> Abstieg an. Hamburgs Trainer Zinnbauer verspricht ein lautes Nordduell.
Bild: Teil der Derbyfolklore: Tim Wieses Tritt gegen Hamburgs Ivica Olic im Mai…
HAMBURG taz | Vor jedem Nordderby die gleichen Geschichten. Kumpels trotz
aller Rivalität sind sie, die Legenden Uwe (Seeler) und Max (Lorenz), Didi
(Beiersdorfer) und Marco (Bode), Letztere sind seit dem letzten Derby sogar
zu Bossen aufgestiegen. Wenn wegen Länderspielpause vierzehn Tage
Vorlaufzeit zum Geschichtenerzählen bleiben, wird ausgebuddelt, dass die
Sportchefs Thomas Eichin und Peter Knäbel in der U 16 des DFB kurzzeitig
auch mal Kumpels waren.
Fehlte noch, dass die Coaches Zinnbauer und Skripnik sich aus dem
Trainerlehrgang kennen. Ist aber nicht so, dafür treiben ihre
Parallelgeschichten als Trainernovizen, die sich noch vor drei Monaten mit
den U23-Teams in der Regionalliga gegenüberstanden, die Zahl der Vergleiche
in die Höhen. Der Joe und der Viktor, der Zocker und das Schlitzohr, der
Emotionalisator und das Schaaf-Klon.
Fehlt nur noch Scharfmacher Wiese. Aber der wiegt jetzt 120 Kilogramm und
klopft seine Sprüche beim Wrestling. Seinen Job hat Joe Zinnbauer
übernommen. Der Rasen muss brennen, es muss laut werden wie nie zuvor.
Lauter noch als gegen Leverkusener, als die neu angebrachter Messanlage 128
Dezibel anzeigte, was einem startenden Düsenjäger entspricht. Solche
Ankündigungen machen deutlich, in welcher Etage das 101. Nordderby spielt.
Ganz unten. Macht nichts, wichtig ist die Augenhöhe, auch wenn beide am
Boden liegen.
Von dem rappeln sich beide Traditionsvereine gerade wieder ein bisschen
hoch. Nicht nur die Entwicklung ihrer Protagonisten zeigt in den letzten
Jahren Parallelen. Die zu Champions-League-Zeiten Mitte des letzten
Jahrzehnts aufgebauten teuren Kader wurden zu langsam auf ein nachhaltiges
Kostenniveau unter 40 Millionen Euro gesenkt, der HSV ist immer noch dabei.
Über die Europa League hofften beide lange wieder in die Elite-Liga
aufzusteigen, wurden aber im Gleichschritt in die Abstiegszone
durchgereicht.
## Hamburger Trial-und-Error-Politik
An diesem Punkt ist Schluss mit den Gemeinsamkeiten. Der HSV verschliss mit
einer riskanten, vielstimmigen Trial-and-Error-Politik über Jahre Personal
und Geld und versucht sich nun mit einer nicht minder risikoreichen
Radikalkur zu retten. Die Ausgliederung in eine Fußball-AG hat kurzfristig
die Kapitalkraft und Führungsstärke gesteigert – aber gleichzeitig auch
Erfolgsdruck und die Abhängigkeit von den Geldgebern erhöht.
Zinnbauer, der seine ersten Millionen als Finanzunternehmer verdiente, muss
möglichst schnell aus alten (Westermann, van der Vaart, Diekmeier) und
kurzfristig eingekauften (Behrami, Holtby, Müller) Spielern eine Einheit
formen. Dabei setzt er vor allem auf seine Emotionalität, die sein
Trainerausbilder Frank Wormuth als eine „Waffe“ bezeichnet.
Anders als der HSV schlitterte Werder lange Zeit risikoarm und ohne große
personelle Turbulenzen in die Krise. Erst ein kürzlich vom scheidenden
Präsidenten Klaus-Dieter Fischer angezettelter Hauskrach führte zum Wechsel
an der Aufsichtsratsspitze von Willi Lemke zu Marco Bode und damit zu einer
gelockerten Haushaltsdisziplin, die künftig auch das Schuldenmachen für
Neueinkäufe erlauben soll.
## Skripniks universelle Fußballersprache
Der neue Trainer Viktor Skripnik kann darauf aufbauen, dass sein Vorgänger
Robin Dutt ihm entgegen vielen Schmährufen ein fittes und eingespieltes
Team hinterlassen hat, dem er nur den letzten Punch in beiden Strafräumen
vermitteln muss. Das tut der gebürtige Ukrainer in klarer universeller
Fußballsprache. „Wir können ihn viel besser verstehen, weil er so wie wir
redet“, sagte der Argentinier Franco Di Santo, der gegen den HSV verletzt
ausfällt.
Ohne Hokuspokus kommen aber auch die Bremer nicht aus, wenn sie die Serie
von drei Pflichtspielsiegen in Folge erklären sollen. „Sie pflanzen uns das
’Werder-Gen' ein, wir sollen keine Angst haben“, sagte Zlatko Junuzovic
über Skripnik und dessen Co-Trainer Torsten Frings.
Werder-Gen gegen Dezibel-Rekord – Nordderbys sind nichts für
Fußballästheten.
23 Nov 2014
## AUTOREN
Ralf Lorenzen
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