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# taz.de -- Dauerkrise beim Hamburger SV: Ressentiments hinter den Kulissen
> Nach der Entlassung von Trainer Mirko Slomka will sich der HSV wieder neu
> erfinden. Die Vereinsstrukturen geben wenig Hoffnung auf Besserung.
Bild: Hilflos: Auch bei seinem letzten Arbeitseinsatz in Hannover bleibt der HS…
HAMBURG taz | Mit all dem Hohn und Spott, so hatte es Mirko Slomka bis
zuletzt selbstbewusst verkündet, kann er sich gut arrangieren. Eben noch
wollte man ihn in einem Akt von Gnade und Hoffnung zwei Spiele lang
weiterarbeiten lassen. Was die Führungsgremien des Hamburger SV bis zuletzt
als Politik der ruhigen Hand verstanden wissen wollten, ist seit
Montagabend Makulatur.
Die Entlassung von Slomka, der vor vier Monaten noch Retter des
hanseatischen Fußballs war und jetzt doch gescheitert ist, kam nicht
überraschend. Aber sie verblüffte mit ihrer Wucht.
Sein Rauswurf macht offensichtlich, wie groß die Probleme des einst so
wichtigen Klubs der Fußball-Bundesliga sind. Seit der Verpflichtung von
Dietmar Beiersdorfer als Vorstandsvorsitzender im Juli möchte der HSV zur
Ruhe kommen und schafft es nicht. Slomka hat wirklich großes Pech, dass ein
Vorstand oder Aufsichtsrat bei zu wenig Erfolg ganz selten selbst abtritt.
## Riskante Entscheidungen
Auf der Klaviatur, der sich der Fußballtrainer Mirko Slomka bedient, waren
innerhalb kürzester Zeit sämtliche Tasten in den bekannten Varianten
gedrückt. Auch in Hamburg war Slomka galant und eloquent aufgetreten. Was
der Fußballkonsument vor dem Fernseher nicht ahnt, sind die Ressentiments
hinter den Kulissen.
Slomka ist in Hamburg an einer Mischung aus Misserfolg und mangelndem
Rückhalt gescheitert. Er hatte Führungsspieler wie Heiko Westermann und
Torhüter René Adler degradiert. Dass er solch harte Entscheidungen trifft,
spricht für Konsequenz und Mut. Dass sie auch riskant sind und besser nicht
im Doppelpass mit Boulevardmedien vollzogen werden sollten, ist eine andere
Geschichte. „Wir wissen, dass diese Mannschaft ein wenig Zeit braucht“,
sagte Slomka nach der 0:2-Niederlage bei Hannover 96, von dem Irrglauben
geleitet, ihm würde noch Zeit beim HSV bleiben.
Nur ein Punkt aus den ersten drei Spielen, kein Tor und nun auch noch der
letzte Platz: Aus Statistiken wie diesen entsteht im bezahlten Fußball
stets ein besonderer Handlungsdruck. Aber bisher ist nicht zu erkennen,
dass die Entscheider des Hamburger SV wissen, wer nach Slomka der für sie
beste Kandidat als Cheftrainer wäre.
## Der Wunschkandidat
Thomas Tuchel gilt schon lange als Wunschkandidat – ein aufstrebender Mann,
der auch das Gefallen des HSV-Gönners Klaus-Michael Kühne findet. Doch am
Nachmittag meldete der NDR, Tuchel habe abgesagt. Nun könnte zunächst Joe
Zinnbauer als Interimstrainer einspringen, der mit der U-23 des HSV acht
Siege in Serie gefeiert hat.
Und danach? In das Beuteschema von Vorstandschef Beiersdorfer passen
Männer, die nicht nur sofort dank viel Routine, sondern eben auch
langfristig mit einer zukunftsfähigen Vision weiterhelfen können. Im
Februar 2014 noch galt der frisch eingestellte Slomka als ein Trainer mit
Perspektive. Sieben Monate später kam der HSV zum gleichen Entschluss wie
Ende 2013 Ligarivale Hannover 96, dass dieser Mann nicht mehr gut genug
ist.
Wer den kontinuierlichen Niedergang des HSV mit genug Distanz beobachtet,
muss zu dem Schluss kommen: Nicht nur die formschwache Mannschaft, sondern
vor allem die Struktur des Vereins hätte eine gründliche Modernisierung
verdient. Die Entscheidung über die vorzeitige Trainerentlassung soll am
Montagabend in der Firmenzentrale von Kühne gefallen sein. Er macht die
großen Buchungsposten möglich und hatte Slomka schon vor Wochen öffentlich
das Vertrauen entzogen.
## Es gab auch Erfolge
Angesichts solcher Umstände könnte man fast Mitleid mit Slomka bekommen.
Zumal der 47-Jährige durchaus auch Erfolge vorzuweisen hat. Mit Schalke 04
hatte er einst um die deutsche Meisterschaft mitgespielt und Triumphe in
der Champions League gefeiert. Er hat eine einst graue Bundesligamaus wie
Hannover 96 in der Europa League bunte Tänze aufführen lassen. Seine
Grenzen erreichte er allerdings regelmäßig dann, wenn sich sein
Führungsstil abgenutzt hatte.
Trotz der Verpflichtung von zahlreichen erstligatauglichen Neuzugängen für
insgesamt 26 Millionen Euro bleibt indes verborgen, welche Strategie man
beim HSV verfolgt, um den Verein weiterzuentwickeln.
Eine Teilschuld könnte man auch den Profis anlasten, die sich zuletzt nicht
in die Pflicht nehmen lassen wollten. Sie genossen gestern einen ziemlich
sonnigen und trainingsfreien Tag, den ein ganz besonderer Arbeitgeber
ermöglichte.
16 Sep 2014
## AUTOREN
Christian Otto
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