# taz.de -- Krimiautor Don Winslow in Berlin: Eine Pizza und ein Kind, bitte! | |
> Der Schriftsteller Don Winslow präsentierte in Berlin seinen neuen Roman | |
> „Missing. New York“. Statt um Drogen geht es diesmal um Menschenhandel. | |
Bild: Der Schriftsteller Don Winslow betrachtet seine Texte gern von fern. | |
BERLIN taz | Wie viel Abstand braucht ein Autor zu seinem Text? Bei Don | |
Winslow muss die Distanz so groß sein, dass er die Worte nicht mehr | |
erkennen kann und nur noch Muster auf der Seite wahrnimmt. Auf diese Weise | |
prüft er, ob sie „richtig aussehen“. Beim Schreiben ist er stark von der | |
Musik beeinflusst und achtet besonders auf den Rhythmus. In Szenen mit viel | |
„Action“ muss die Seite wie eine Bleiwüste aussehen, wenn er das Tempo | |
drosseln will, verwendet er gern Weißraum. | |
Diese Einblicke in seine Arbeitsweise gewährte Don Winslow am Sonntag im | |
Deutschen Theater in Berlin, wo er seinen Roman „Missing. New York“ | |
präsentierte. Winslow ist US-amerikanischer Krimiautor, der mit Thrillern | |
über den mexikanischen Drogenkrieg, allen voran „Tage der Toten“, | |
international berühmt wurde. Sein aktueller Krimi handelt vom | |
Menschenhandel mit Kindern und führt mit dem Vermisstenfahnder Frank Decker | |
einen neuen Ermittler ein, der sich höchst lakonisch gibt: „My name is | |
Frank Decker. I find missing people.“ | |
Auf die Frage des Moderators Philipp Schwenke, wie er vom Drogenkrieg zu | |
seinem neuen Thema gefunden habe, antwortete Winslow, er habe einfach einen | |
klassischen Noir-Krimi in der ersten Person schreiben wollen. Und das beste | |
Thema, das sich aus der Ich-Perspektive erzählen ließe, sei die Suche nach | |
einem Menschen, genauer, nach einem Kind. | |
## Vermisstmeldung eines Kindes | |
Winslow, der früher als Privatdetektiv arbeitete, recherchiert für seine | |
Bücher sehr gründlich. Als Detektiv habe er selbst einige Fälle von | |
vermissten Jugendlichen bearbeitet. Zudem habe er sich an die US-Behörde | |
gewandt, die sich um vermisste Kinder kümmert, und vom FBI ein Handbuch | |
erhalten, in dem akribisch protokolliert ist, was in den ersten Minuten und | |
Stunden nach der Vermisstmeldung eines Kindes geschehen muss. | |
Im Jahr 2013 allein seien in den USA 100.000 Kinder an Sexualstraftäter | |
verkauft worden, so Winslow. Man könne die Kinder ganz normal auf Websites | |
bestellen wie eine Pizza. Da die Seiten auch andere „Artikel“ anbieten, | |
seien sie durch die Meinungsfreiheit geschützt, weshalb sie nicht | |
geschlossen werden könnten. Und während man eine Datenbank für gestohlene | |
Autos habe, fehle es an einer Datenbank für „gestohlene“ Kinder. | |
10 Nov 2014 | |
## AUTOREN | |
Tim Caspar Boehme | |
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