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# taz.de -- 25 Jahre UN-Kinderrechtskonvention: Mittendrin statt nur dabei
> Vor 25 Jahren wurde die UN-Kinderrechtskonvention ratifiziert. Noch haben
> Kinder nur etwas zu sagen, wenn es Erwachsene nicht stört.
Bild: Nicht immer nur von oben auf Kinder sehen.
Am 20. November 1989 hat die Vollversammlung der Vereinten Nationen die
UN-Kinderrechtskonvention verabschiedet. 194 Staaten sind schon dabei.
Fehlen nur Somalia, der Südsudan und die USA. Wird schon noch. Deutschland
ist schon ganz, ganz lange bei dieser tollen Sache dabei. Für Menschen. Für
Kinder. Immer. Aber so richtig auch erst seit einigen Jahren.
2010 hat die Bundesregierung die bis dahin geäußerten Vorbehalte
zurückgenommen. Ich verkürze das mal und sage, dass die Bundesregierung
seit 2010 zugibt, dass alle Menschen – auch Flüchtlingskinder – bis zum
vollendeten 18. Lebensjahr Kinder sind. Klingt seltsam. Wer will schon mit
17 noch Kind sein? Aber wenn ich als Flüchtling nach Deutschland komme,
dann ist es gut, wenn ich juristisch anders behandelt werde als ein
Erwachsener.
Die UN-Kinderrechtskonvention basiert auf drei Prinzipien: Schutz,
Förderung, Partizipation. Über allem thront Artikel 3: „Bei allen
Maßnahmen, die Kinder betreffen, gleichviel ob sie von öffentlichen oder
privaten Einrichtungen der sozialen Fürsorge, Gerichten,
Verwaltungsbehörden oder Gesetzgebungsorganen getroffen werden, ist das
Wohl des Kindes ein Gesichtspunkt, der vorrangig zu berücksichtigen ist.“
Und was heißt das? Das bedeutet zum Beispiel, dass Kinder nach der
Scheidung der Eltern das Recht haben, mit beiden Eltern in Kontakt zu
bleiben. Auch wenn denen das nicht passt oder deren Leben extrem erschwert.
Das Wohl des Kindes wiegt schwerer. Diese Änderung im deutschen
Familienrecht gäbe es nicht ohne die Kinderrechtskonvention. Als
Scheidungskind finde ich das gut. Ich hatte damals bei der Trennung meiner
Eltern nicht den Eindruck, gehört zu werden. Mir fehlte einfach noch die
nötige Lebenserfahrung, hieß es. Ich war ja nur ein Kind.
## „Kinder werden nicht erst zu Menschen“
Der polnische Kinderbuchautor, Arzt und Pädagoge Janusz Korczak schrieb
schon 1919: „Kinder werden nicht erst zu Menschen – sie sind bereits
welche.“ Kinder sind demnach – als Menschen – dazu berechtigt, an der
Gesellschaft teilzuhaben. Immer. Mittendrin. Nicht auf einem extra für sie
gebauten Spielplatz, weil der Rest der Welt für Erwachsene ist. Sie haben
auch das Recht, keine Ikea-Schutzwesten zu tragen, die die Autos davor
schützen, die Kinder zu überfahren. Eigentlich.
In Wirklichkeit haben Kinder – außer dieser beispielhaften Auswirkung der
Kinderrechtskonvention auf das deutsche Familienrecht – nur in einem
kleinen Kinder-Spezialwelt-Rahmen etwas zu sagen. Da, wo es die Erwachsenen
nicht stört. Denn Kinder, vor allem Jugendliche sind anstrengend. Und für
Kinderrechte interessieren sich Kinder auch nicht so richtig. Kinder wollen
nicht wissen, dass sie ein Recht auf Spiel haben. Sie wollen spielen. Es
interessiert sie auch nicht, dass die Vertragsstaaten in Artikel 42 der
Konvention sich dazu verpflichten, die 54 Artikel (plus drei
Zusatzprotokolle) an Erwachsene und Kinder zu vermitteln.
„Haben wir die Pflicht, uns gut behandeln zu lassen?“ – „Nein. Ihr habt
keine Pflichten. Die Kinderrechte sind nur Rechte.“ – „Haben wir das Rech…
uns gut behandeln zu lassen?“ – „Na ja“, müssten wir antworten, „das…
so nicht richtig auf.“ Denn das Kindeswohl steht nur im Zentrum, wenn das
Kind aktiv daran beteiligt ist. Nur so geht es!
## Partizipation als Grundrecht
Partizipation ist das Zauberwort für das Jahr 2015. Weil bislang
Partizipation nicht wirklich stattgefunden hat. Meiner Meinung nach ergeben
partizipative Kinderprojekte Sinn, wenn diese von den Kindern selbst
angeregt werden. Diese Projekte müssen nicht ihren Nutzen unter Beweis
stellen. Sie sind instrumentalisierungsresistent! Partizipation als
Grundrecht. Ich bin gespannt.
Um der Kinderrechtskonvention Gewicht zu geben, gibt es nur einen Weg: Die
Kinderrechte müssen ins Grundgesetz. Dies wird seit Jahren von vielen
Seiten angeregt, passiert aber nicht. Kinder wären dann als eigenständige
Rechtssubjekte anerkannt. Sie wären Akteure. Alle wüssten dann, dass Kinder
Menschen sind, die aufgrund ihres Alters und ihrer Entwicklung besondere
Schutz-, Förderungs- und Beteiligungsrechte haben und diese Rechte auch
ausüben.
Lassen wir es zu, dass Kinder eigene Rechte haben.
19 Nov 2014
## AUTOREN
Eva von Schirach
## TAGS
Kinder
Kinderrechte
Schwerpunkt Grundgesetz
Kinderrechtskonvention
Kinder
Malala Yousafzai
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