# taz.de -- RB-Leipzig-Blogger verteidigt seinen Klub: „Wir funktionieren nur… | |
> RB Leipzig wird wegen der Unterstützung durch Red Bull von vielen | |
> Fangruppen angefeindet. Matthias Kießling erklärt, warum sein Verein | |
> nicht anders ist als andere. | |
Bild: „… und den Bullen die Flügel stutzen“ – beeindruckende Lyrik der… | |
taz: Herr Kießling, die Boykottaktionen anderer Fangruppen gegenüber RB | |
Leipzig reißen nicht ab. Fans aus Ingolstadt laden schon Wochen vor dem | |
Spiel gegen RB zum „Bullen Grillen“ – sie wollen lieber Rindfleisch essen | |
als Fußball gucken. Wie reagieren Sie auf die Anfeindungen? | |
Matthias Kießling: Manchmal hat es komischere Komponenten und manchmal kann | |
man es ernster nehmen. Im Fall Ingolstadt denkt man sich: Naja, dann fahren | |
halt die 40 Leute, die sich dort Ultras nennen, nicht mit zum | |
Auswärtsspiel. Letztendlich haben sie eine ähnliche Situation bei sich im | |
Klub. | |
Ingolstadt ist – mit Audi im Rücken – Ihrer Meinung nach nicht weniger | |
sponsorenabhängig als RB Leipzig? | |
In der Art, in der der Verein dort jetzt existiert, gibt es ihn nur, weil | |
es einen potenten Sponsor gibt, der dort einen Fußball-Standort aufbaut. | |
Überraschen Sie die vielen und andauernden Proteste gegen RB? | |
Die Intensität hat mich überrascht, ja. Auch, dass RB bundesweit zum | |
Dauerthema in den Medien wurde. | |
Wie wird man denn überhaupt Fan von einem Konstrukt wie RB Leipzig? | |
Nicht anders als anderswo auch! Man geht zum Fußball und hat die | |
fußballtypischen Erlebnisse. Man gewinnt und verliert mit dem Team, hat | |
Lieblingsspieler und verfolgt die Geschichte der Mannschaft. Wenn man in | |
Leipzig lebt, ist es für einen primär eine Fußballmannschaft – das ist | |
vielleicht eine andere Wahrnehmung als von außerhalb, wo es nur als | |
Marketing-Tool gesehen wird. In der Region weiß man es vielleicht immer | |
mehr zu schätzen, dass es so ein Leuchtturm-Projekt gibt, das die | |
Perspektive bietet, hier dauerhaft höherklassigen Fußball zu sehen. | |
Dennoch: Fan werden hat viel mit Identifikation zu tun. Wie identifiziert | |
man sich mit dem Klub? | |
Inzwischen steht der Klub auch ein ganzes Stück für die Stadt. Am Anfang | |
hatte das einen Dienstleister-Gestus, nach dem Motto: Wir kommen jetzt zu | |
euch und machen was für euch. Die Phase ist durch. | |
Zieht man aus dem Hass, der einem entgegenschlägt, auch Identifikation? | |
Absolut. Daraus entstehen auch Selbstironie und ein | |
Jetzt-erst-recht-Denken. | |
Ein Standardvorwurf gegenüber RB lautet: Der Klub wurde nicht des Fußballs | |
wegen gegründet. | |
Ich bin da Pragmatiker. Die Gründungsgeschichte akzeptiert man oder man | |
akzeptiert sie eben nicht. Die Sache mit dem Sponsoring durch Unternehmen | |
sehe ich so: Die Frage, was zuerst da war, Klub oder Firma, ist für mich | |
heute relativ wurscht. | |
Sehen Sie keinen qualitativen Unterschied zwischen sagen wir Wolfsburg, | |
Hoffenheim und Leipzig? | |
Ich sehe nicht mal nen großen Unterschied zu Bayern München oder Borussia | |
Dortmund – zumindest nicht in dem Sinne, dass es Firmen gibt, die | |
Sponsoring betreiben und sich im Fußball Gewinn für ihr Unternehmen | |
versprechen. | |
Andere Klubs mussten viel dafür tun, dass sie überhaupt interessant für ein | |
solches Engagement wurden. | |
Ja, aber das ist vielleicht auch eine Frage des Zeitgeists. Jede | |
Vereinsgründung ist ein Kind ihrer Zeit, hat mal ein Dynamo-Dresden-Fan | |
ganz passend gesagt. | |
Kann man denn bei RB überhaupt von einem Verein sprechen? | |
Diese Mitglieder-Geschichte ist für mich zumindest ein nicht | |
wegzudiskutierender Punkt. Es ist für viele zentral, dass ein Verein | |
möglichst mitgliedsstark ist und Mitbestimmung bietet. Das ist bei | |
Rasenballsport Leipzig mit unseren inzwischen zwölf Mitgliedern nicht | |
gegeben. Allerdings schränke ich auch da ein: Im Profifußball heute | |
wirkliche Mitbestimmung zu erleben, ist doch sehr rar. | |
Beim HSV wurde kürzlich eine wichtige Entscheidung über Mitgliedervotum | |
getroffen. | |
Natürlich, da gibt es auch eine solche Tradition. Bei solch einer | |
emotionalen Entscheidung wie der Ausgliederung des Profiteams wird in dem | |
Fall ein Mitgliedervotum vehement eingefordert. Das ist ein Sonderfall. | |
Sonst stimmt man darüber ab, ob man im Stadion rauchen darf oder nicht. | |
Heute kann man Mitbestimmung auch anders ausüben – Fans etwa über den | |
Fanverband oder eben schlicht über Kommunikation. | |
Warum greift die auf dem Papier noch bestehende 50+1-Regelung nicht bei RB | |
Leipzig? | |
Juristisch verstößt der Klub nicht gegen die Richtlinie, die ja ohnehin | |
schon aufgeweicht wurde. Inzwischen ist es so, dass weder die Mehrheit der | |
Vorstände noch die der Aufsichtsräte offiziell bei Red Bull arbeiten, auch | |
wenn sie anderweitige Beziehungen – etwa als Rechtsanwälte – zum | |
Unternehmen haben. | |
Ist die 50+1-Regelung inzwischen völlig überflüssig, wenn sie beliebig zu | |
umgehen ist? | |
Ja. Wenn man ein Phänomen wie RB Leipzig nicht will, dann müsste es eben | |
andere Regelungen geben, die greifen und die verhindern, dass ein solcher | |
Klub am Spielbetrieb teilnehmen darf. Aber dann würde man auch sehen, wie | |
mit Bayer in Leverkusen und VW in Wolfsburg den Geist der 50+1-Regel in den | |
letzten zwanzig, dreißig Jahren eh schon unterminiert hat. | |
Viele glauben, der DFB habe sich von RB Leipzig verarschen lassen. Der | |
Verein hat es mit dem Logo, mit dem Vereinsnamen immer hauchdünn vermieden, | |
der Marke exakt zu gleichen. | |
Da kann man dem DFB und der DFL nichts vorwerfen. Sie haben schon versucht, | |
Sachen durchzudrücken und Auflagen zu erteilen, die die | |
Lizensierungsordnung überhaupt nicht hergibt. | |
Aber es gibt doch diesen Absatz in den DFB-Statuten: „Änderungen, | |
Ergänzungen oder Neugebungen von Vereinsnamen und Vereinszeichen zum Zwecke | |
der Werbung sind unzulässig“. | |
Der DFB hat sich bei den Auflagen zur Änderung des Logos meines Erachtens | |
an den Vorgaben der UEFA orientiert. Da gab es bereits den Fall Red Bull | |
Salzburg – die konnten europäisch auch nur als „FC Salzburg“ antreten und | |
mussten ihr Logo verändern. Also hat man RB Leipzig auch nahegelegt, das | |
Logo abzuändern, denn falls Leipzig mal international spielt, gäbe es | |
ohnehin Probleme mit dem Logo. | |
Fanden Sie manche Aktionen gegen RB eigentlich auch lustig oder gelungen? | |
Dafür stört mich der Grundgestus der Aktionen zu sehr. Ich wundere mich, | |
dass der Klub, dass Leipzig als reale Geschichte gar nicht mehr vorkommt, | |
sodass alle ihr eigenes Bild von Fußball verhandeln wollen und RB da nur | |
als Folie funktioniert. | |
Worüber haben Sie sich am meisten aufgeregt? | |
Ich rege mich über Falschbehauptungen auf. Zum Beispiel, wenn Leute sagen, | |
RB verstieße als Klub gegen DFL-Statuten oder das Vereinsrecht. Da sage | |
ich: Leute, das stimmt einfach nicht. | |
22 Nov 2014 | |
## AUTOREN | |
Jens Uthoff | |
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