| # taz.de -- Zukunft der deutschen Deutschen Welle: Brandbrief der 130 | |
| > Die Deutsche Welle muss sparen. Intendant Limbourg überlegt, das | |
| > TV-Programm auszuknipsen. 130 Künstler und Intellektuelle protestieren. | |
| Bild: Wird aus der Deutschen Welle bald die German Wave? | |
| An der Berliner Voltastraße sind sie Ruhe gewöhnt. Mitarbeiter grüßen sich | |
| an der Pforte, das Café am Eingang des Backsteinbaus ist gut besucht. | |
| Drinnen macht ein bunter Haufen Journalisten eine Vielzahl von | |
| Fernsehprogrammen, die in Deutschland kaum einer kennt. | |
| Die Deutsche Welle ist der Auslandssender des Landes, mit einem | |
| 286-Millionen-Zuschuss finanziert der Bund TV-Kanäle, Radio und Websites in | |
| diversen Sprachen. Die DW soll die „Stimme Deutschlands“ repräsentieren und | |
| die Werte der Demokratie hinaus in die Welt tragen. | |
| Seit Peter Limbourg vor einem Jahr zum Intendanten der Welle berufen wurde, | |
| kocht die Stimmung. Der frühere Sat.1-Mann droht auf der einen Seite mit | |
| Kürzungen. Und will mit dem bisschen übrigen Geld einen englischsprachigen | |
| News-Kanal starten, der es mit internationalen Größen wie der BBC, CNN oder | |
| Al-Dschasira aufnehmen kann. Auch die Kollegen in Bonn, wo vor allem Radio | |
| und Websites gemacht werden, sind in Aufruhr. | |
| Vor einem Monat versetzte Limbourg die Mitarbeiter in einen „Panik-Schock“, | |
| wie es der Berliner Personalratsvorsitzende Klaus Enderle formuliert. | |
| Völlig aus dem Nichts kündigte der Intendant am 17. November an, das | |
| deutsche TV-Programm und auch den spanischen und den arabischen Kanal zu | |
| schließen, falls die Deutsche Welle nicht deutlich mehr Geld vom Bund | |
| bekomme. | |
| ## Mitarbeiter protestieren | |
| Auch zehn kleine Redaktionen stehen vor dem Aus, sie produzieren Radio- und | |
| Online-Inhalte in diversen Sprachen. Manche Journalisten in diesen | |
| Redaktionen können in ihren Herkunftsländern nicht mehr arbeiten, weil sie | |
| Repressionen oder Gefängnisstrafen fürchten müssen. | |
| Ehe das Thema am Donnerstag den Bundestag erreichen wird, haben Mitarbeiter | |
| einen umfassenden Protest gegen die mögliche Abschaltung des linearen | |
| deutschen TV-Programms organisiert. „Deutsche Welle ohne Deutsch? Nicht mit | |
| uns“ lautet der Titel eines offenen Briefs, der Freitagnachmittag | |
| verschickt wurde. | |
| Unterzeichnet haben ihn 130 intellektuelle Größen, Künstler und | |
| Wissenschaftler wie die Literaturnobelpreisträgerin Herta Müller, der | |
| Schriftsteller Martin Walser, der Regisseur Fatih Akin und der Musiker | |
| Smudo. | |
| „Die chronische Unterfinanzierung der Deutschen Welle darf nicht dazu | |
| führen, dass das Herz des Programms zerstört wird“, heißt es in dem Brief. | |
| „Mit dem Verlust der deutschen Sprache würde die Deutsche Welle auch ihre | |
| Blickwinkel und Themen verlieren. Wir Unterzeichner rufen die politisch | |
| Verantwortlichen auf, die Pläne zu stoppen.“ Es ist ein mächtiges Zeichen | |
| des Protests, der Intendant Limbourg unter Zugzwang setzt. | |
| ## Noch nichts entschieden | |
| Sein Sprecher Christoph Jumpelt äußerte sich auf taz-Nachfrage | |
| erwartungsgemäß vorsichtig. Artig bedankte er sich im Namen des Senders bei | |
| Mitarbeitern und Prominenten für den Rückhalt und die Solidarität. Der | |
| Intendant werde sich „mit ganzer Kraft dafür einsetzen, dass die Deutsche | |
| Welle eine gesicherte Finanzierung bekommt.“ | |
| Jumpelt betonte, es gebe keinerlei Beschlüsse, ob Programme eingestellt | |
| würden. Es seien „mögliche Szenarien für den Fall, dass die Finanzierung | |
| der Deutschen Welle über 2015 hinaus nicht gesichert werden sollte“. | |
| In der kommenden Woche kündigt sich die nächste Eskalationsstufe an: | |
| Mitarbeiter rufen für Montag zu einer Demonstration in Berlin auf. Sie | |
| können die Überlegungen der Senderspitze nicht nachvollziehen. Personalrat | |
| Enderle sagt der taz: „Wenn die Deutsche Welle sich voll aufs englische | |
| Programm konzentriert und nicht mehr auf Deutsch sendet, dann verliert sie | |
| mittelfristig die Akzeptanz in Deutschland und schießt sich am Ende ins | |
| eigene Bein.“ | |
| Bei einer Kundgebung vor dem Brandenburger Tor wollen sie der Sorge um ihre | |
| Jobs Ausdruck verleihen. Dann ist es endgültig vorbei mit der Ruhe an der | |
| Berliner Voltastraße und in den Bonner Büros. | |
| 12 Dec 2014 | |
| ## AUTOREN | |
| Jens Twiehaus | |
| ## TAGS | |
| Deutsche Welle | |
| BBC | |
| Al-Dschasira | |
| CNN | |
| Peter Limbourg | |
| GEZ | |
| Bundesministerium der Finanzen (BMF) | |
| Auswärtiges Amt | |
| Ruanda | |
| Deutsche Welle | |
| Deutsche Welle | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Mehreinnahmen bei ARD und ZDF: Es ist jede Menge Kohle da | |
| Durch den neuen Rundfunkbeitrag haben die Öffentlich-Rechtlichen allein im | |
| vergangenen Jahr 643 Millionen Euro mehr eingenommen. Wohin damit? | |
| Geld für die Deutsche Welle: Alles Gute kommt von oben | |
| Die Finanzierung des deutschen Auslandssenders ist gesichert. Wer die | |
| zusätzlichen 12 Millionen Euro erhält, ist noch nicht geklärt. | |
| Internetseite über islamische Welt: Die Brücke bröckelt | |
| Die Internetseite „Qantara.de“ fördert den Dialog mit islamischen Autoren. | |
| Nun will das Auswärtige Amt die Finanzierung „anpassen“. | |
| Ruandisches Tagebuch Folge 5: Deutschland liegt in Kigali | |
| Ruanda? Hinter deutsch anmutenden Reihenhäusern geht es zum deutsch | |
| geförderten Kwetu-Filminstitut und schließlich zur Station der Deutschen | |
| Welle. | |
| In Konkurrenz zu BBC und CNN: German Wave | |
| Die Deutsche Welle stellt zig Formate ein und will seinen Schwerpunkt auf | |
| englisches Programm legen. Damit sollen weltweit die Entscheider erreicht | |
| werden. | |
| DW kooperiert mit Zensursender: Keine Lust auf Protest | |
| Die BBC hat die Kooperation mit dem türkischen Sender NTV wegen | |
| Zensurversuchen beendet. Der deutsche Auslandssender Deutsche Welle nicht. |