# taz.de -- Kommentar Parlamentswahl in Japan: Kein Freibrief für Abe | |
> Bei der vorgezogenen Parlamentswahl konnte die Koalition ihre | |
> Zweidrittelmehrheit zwar verteidigen. Doch viele Wähler waren | |
> unmotiviert. | |
Bild: Vorsitzender der Liberaldemokraten: Japans Premier Shinzo Abe. | |
Das zynische Kalkül von Japans rechtskonservativem Regierungschef Shinzo | |
Abe ist aufgegangen. Die Koalition aus seinen Liberaldemokraten und der | |
Buddhisten-Partei Komeito hat [1][bei der um zwei Jahre vorgezogenen | |
Parlamentswahl] ihre klare Zweidrittelmehrheit verteidigt. Daraus lässt | |
sich jedoch weder ein Mandat für die riskante Wirtschaftsstrategie der | |
Abenomics noch ein Freibrief für die geplante Abkehr von der | |
Nachkriegsordnung ableiten. | |
Denn die Wähler waren gleich doppelt unmotiviert: Sie hielten die | |
Abstimmung für überflüssig, und es fehlte ihnen jede Alternative. Von der | |
größten Oppositionskraft, der DPJ, sind die Japaner seit ihren drei | |
amateurhaften Regierungsjahren vor Abe schwer enttäuscht. Daher sackte die | |
Wahlbeteiligung auf ein Rekordtief, und die Kommunisten staubten viele | |
Proteststimmen ab. | |
Es gibt etwas, was Abe attraktiv macht: Erstmals seit Langem hat Japan eine | |
stabile Regierung und dazu einen tatkräftigen Premierminister. Das haben | |
viele Japaner vermisst. Aber inhaltlich stehen die Menschen weniger hinter | |
Abe, als seine überwältigende Mehrheit suggeriert. So ist Umfragen zufolge | |
die Hälfte der Bevölkerung mit der expansiven Geld- und Fiskalpolitik | |
unzufrieden. Die Rückkehr zur Inflation über die Abwertung des Yen hat den | |
meisten nur Preissteigerungen und damit Kaufkrafteinbußen beschert. | |
Die Älteren fürchten die als Heilmittel angepriesene Inflation, weil ihre | |
Ersparnisse dabei an Wert verlieren. Die Mehrheit lehnt die langfristige | |
Weiternutzung der Atomkraft ebenso ab wie die angekündigte Aufweichung des | |
Pazifismus. Für einen Rechtsruck fehlt Abe der Rückhalt. Daher hat der | |
60-Jährige schon im Wahlkampf Kreide gefressen. Trotz des Erdrutschsiegs | |
wird seine Politik wohl nicht so radikal ausgefallen, wie er es sich | |
wünscht. | |
14 Dec 2014 | |
## LINKS | |
[1] /Unterhauswahl-in-Japan/!151259/ | |
## AUTOREN | |
Martin Fritz | |
## TAGS | |
Japan | |
Shinzo Abe | |
Parlamentswahl | |
Japan | |
Japan | |
Japan | |
Japan | |
Shinzo Abe | |
Japan | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Oberhauswahl in Japan: Klarer Sieg für Premier Shinzo Abe | |
Die Regierungskoalition gewinnt deutlicher als erwartet. Damit wird ein | |
Abrücken von der pazifistischen Grundhaltung des Landes wahrscheinlicher. | |
Nach Fukushima-Katastrophe in Japan: Zwei weitere Meiler dürfen starten | |
Die japanische Aufsichtsbehörde hat den Start von zwei abgeschalteten | |
Atomreaktoren erlaubt. Die Bevölkerung und örtliche Behörden müssen noch | |
zustimmen. | |
Unterhauswahl in Japan: Erdrutschsieg für Regierungspartei | |
Die Liberaldemokraten von Premier Abe haben Prognosen zufolge die Wahl klar | |
für sich entschieden. Dabei hat Abe das Land bisher nicht aus der Rezession | |
holen können. | |
Whistleblower in Japan: Zehn Jahre Haft fürs Informieren | |
Whistleblower sollen in Japan mit der Androhung einer hohen Haftstrafen | |
abgeschreckt werden. Trotz Protesten setzte die Regierung ein Gesetz in | |
Kraft. | |
Japans Parlament aufgelöst: Weg zur Neuwahl frei | |
In Japan kommt es zur vorgezogenen Neuwahl. Regierungschef Abe will damit | |
Zeit gewinnen. Seine Wirtschaftspolitik läuft nicht so wie erhofft. | |
Ministerpräsident löst Parlament auf: Neuwahl in Japan | |
Japans Konjunktur ist eingebrochen. Deshalb verschiebt die Regierung die | |
Mehrwertsteuererhöhung bis 2017 und strebt eine schnelle Neuwahl an. |