| # taz.de -- Die Streitfrage: „Pakete von Oma nehme ich an“ | |
| > Ist es okay, Pakete von Amazon für die Nachbarn anzunehmen, während Verdi | |
| > streikt? Linke-Chef Bernd Riexinger sagt nein. | |
| Bild: Würden Sie das für Ihren Nachbarn annehmen? | |
| Die Mitarbeiter von Amazon streikten diese Woche. Fast 145 Stunden legten | |
| sie die Arbeit nieder – in der Hauptumsatzzeit kurz vor Weihnachten. Und? | |
| Haben Sie etwas gemerkt davon? Das „große Chaos“, wie es die GDL mit ihrem | |
| 98-Stunden-Streik anrichtete, blieb aus. | |
| Amazon liefert pünktlich durch die Einstellung von Tausenden Saisonkräften. | |
| Ein Konzern, den die Ängste seiner Mitarbeiter nicht kümmern, der | |
| Tarifgespräche verhindert – sollte man den nicht selbst blockieren? | |
| Für Bernd Riexinger, Vorsitzender der Linken, beginnt der Protest an der | |
| eigenen Wohnungstür. Pakete von Amazon, die für seinen Nachbarn abgegeben | |
| werden, lehnt er ab. „Dabei geht es mir grundsätzlich darum, die Kette, an | |
| deren Anfang die skandalösen Arbeitsbedingungen bei Amazon und Co stehen, | |
| zu unterbrechen.“ Die Solidarität mit den Amazon-Beschäftigten ginge ihm | |
| vor. Um des Hausfriedens willen, würde er die Nachbarn aber über seine | |
| Beweggründe aufklären und sie bitten, „sich am Protest gegen miese | |
| Arbeitsbedingungen und niedrige Löhne zu beteiligen.“ | |
| „Pakete von der Oma“, schloss Riexinger, nehme er allerdings gerne an. | |
| Christian Krähling, Mitarbeiter und Verdi-Sprecher am Amazon-Standort in | |
| Bad-Hersfeld, lehnt einen Paket-Boykott hingegen ab. „Die Entscheidung, ob | |
| man bei Amazon bestellt, bleibt jedem selbst überlassen“, schreibt Krähling | |
| in einer Mail. Wenn Kunden sich solidarisch zeigen wollen, sollten sie der | |
| „Geschäftsführung klarmachen, dass Amazon in Deutschland nur mit | |
| Tarifvertrag erfolgreich bleiben kann.“ | |
| ## Lieber für anständige Löhne sorgen | |
| „Prinzipiell nehme ich Pakete für Nachbarn an“, schreibt Günter Wallraff. | |
| Er hat als Enthüllungsjournalist selbst „zu spüren bekommen, dass mit jeder | |
| Annahme-Verweigerung der Stress steigt“. Sein Wunsch: Er „fordert, dass die | |
| Konzerne die Leute fest einstellen, anständige Löhne bezahlen und | |
| gesetzliche Arbeitszeiten garantieren“. | |
| Gayle Tufts, amerikanische Comedy-Darstellerin, ist berufsbedingt „oft | |
| vormittags zuhause, da wird alles bei mir abgegeben“. Es stapeln sich zwar | |
| die Pakete bei ihr, doch ist sie oft selbst „auf die Hilfe der Nachbarn | |
| angewiesen“. | |
| „Ich kaufe aus politischen Gründen nicht bei Amazon“, schreibt Amrey | |
| Depenau, aber durchaus bei anderen Onlinehändlern. „Nicht das | |
| Online-Shoppen ist das Problem, sondern exzessives | |
| Shoppen-zurückschicken-wieder-shoppen-bestellen-was-ich-gar-nicht-brauche.“ | |
| Daran würde sich auch nicht ändern, wenn sie das Paket des Nachbarn | |
| verweigere. | |
| ## Bald kommen die Drohnen | |
| Anne Alter aus Hamburg sieht es nicht als ihre Aufgabe, ihre „ Umwelt zu | |
| erziehen oder Lebensstile zu kommentieren“, doch findet sie, „wir brauchen | |
| dringend mehr Bewusstsein dafür, wie problematisch unser Konsumverhalten | |
| ist“. | |
| Wenn Gayle Tufts Recht behält, haben die Arbeitskämpfe bei Amazon ohnehin | |
| in naher Zukunft ein Ende: „In den USA werden bald Drohnen die Pakete an | |
| jeden beliebigen Ort bringen.“ | |
| Die Streitfrage der Woche beantworten außerdem die Schauspielerin | |
| Marie-Luise Marjan und die taz-Leserin Viveka Ansorge - in der [1][taz.am | |
| wochenende vom 20./21. Dezember 2014.] | |
| 20 Dec 2014 | |
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| ## AUTOREN | |
| Stefanie Schmidt | |
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