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# taz.de -- Giorgio Moroder über seine Karriere: „Los Angeles ist keine einf…
> Der Starproduzent über verbranntes Geld, die Klangvielfalt von
> Synthesizern, Filmmusik in Hollywood und die Charakteristika seines
> Sounds.
Bild: „Gitarrespielen habe ich mir selbst beigebracht“: Giorgio Moroder.
taz: Herr Moroder, was haben Sie eigentlich die letzten 20 Jahre über
gemacht?
Giorgio Moroder: In den Neunzigern habe ich zusammen mit einem ehemaligen
Ingenieur von Lamborghini einen Sportwagen entwickelt, den Cizeta Moroder.
Dabei habe ich einiges Geld verbrannt. Ansonsten hab ich viel Golf gespielt
und Kreuzworträtsel gelöst. Mir ging’s gut, aber irgendwann wurde es mir
langweilig. Als mir Daft Punk 2012 die Zusammenarbeit anboten, habe ich
daher sofort zugesagt.
Der Sound von Daft Punk fußt ja auf vielen Ihrer alten Ideen, wie die
Four-to-the-floor-Drums und der Einsatz des Synthesizers als Klangsignatur.
Alles Sachen, die Sie lange vorher gemacht haben.
„I Feel Love“, der Song von Donna Summer (1977), hatte alle Elemente, die
die Electronic Dance Music von heute auch hat. Sequence, Arpeggios,
Schlagzeug und den tiefen Bass.
Sie setzten dabei einen Moog-Synthesizer ein.
Der gehörte dem Münchner Musiker Eberhard Schoener. Er hatte hatte mir
damals etwas vorgespielt. Ich hab seinen Tonmeister überredet, ihn und
seinen Synthesizer für die Aufnahmen verwenden zu können.
Was hat Ihnen an dem Sound gefallen?
Die Klangvielfalt. Man kann stundenlang neue Sounds kreieren. Da gibt’s es
kein besseres Instrument. Heute ist alles viel leichter. Man hat tausende
Sounds in der Datenbank, die braucht man nur abzurufen. Damals musste man
jeden Sound einzeln kreieren und einstellen, das war eine Wahnsinnsarbeit.
War „I Feel Love“ der entscheidende Moment in Ihrer Karriere?
Ja, der Song wurde Nummer eins in beinahe jeder Gegend der Welt. Ob man das
Lied mag oder nicht, es war eines der ersten Discolieder, das auch im Radio
gespielt wurde. Das war für mich der Anfang des großen Erfolgs.
Genau wie 1977 war 2013, als das tolle Daft-Punk-Album „Random Access
Memories“ erschien, Ihr Name durch den Song „Giorgio by Moroder“
urplötzlich in aller Munde.
Die Tatsache, dass Daft Punk mich erzählen lassen, dazu die Musik
geschrieben und dann neun Minuten auf ihrem wunderbaren Album haben machen
lassen, war der Push, um mich wieder zurück ins Business zu bringen.
Sie kommen ja aus den Dolomiten. Hatten Sie dort schon einen Masterplan?
Nein, ich habe als Junge Ende der Fünfziger angefangen, Gitarre zu spielen,
in kleinen Ortschaften in Südtirol für Touristen. Gitarrespielen habe ich
mir selbst beigebracht, und dann bin ich auf den Bass umgestiegen, und
zwischendurch habe ich angefangen, Klavier zu spielen.
Sind Sie in den sechziger Jahren eigentlich direkt von Südtirol nach
München gegangen?
Nein, ich habe vorher noch in Westberlin im Hansa-Studio gearbeitet. Dort
habe ich 1967 meinen ersten Hit gelandet, mit dem französischen Sänger
Ricky Shayne und seinem Lied „Ich sprenge alle Ketten“. 1970 bin ich nach
München gezogen.
Sie haben die Musikindustrie in Deutschland internationalisiert. In München
haben Sie mit der US-Sängerin Donna Summer zusammengearbeitet.
Ja, ich habe die Donna nach „Haare“ getroffen, der deutschen Fassung des
Musicals „Hair“. Sie hatte keine Arbeit, und ich habe die ersten Aufnahmen
mit ihr gemacht. „Love to Love You Baby“ war auch ihr Verdienst! Außerdem
wirkten an meiner Seite in München wirklich gute Musiker: Harold
Faltermeyer, Keith Forsey und Peter Belotte.
Ihr Studio Musicland in München war eines der berühmtesten auf der ganzen
Welt.
Ich hab das 1974 aufgemacht. Und plötzlich kam Marc Bolan mit seiner Band
T. Rex und wollte aufnehmen, die waren sehr hip. Eine zweite Gruppe, die
kurz danach gekommen ist, waren die Rolling Stones und so ging’s weiter …
man kreiert einen gewissen Namen, dann wollen alle herkommen.
Die Entscheidung, nach Amerika zu gehen, worin war die begründet?
Die kam eigentlich von Donna: Sie wollte einen Hit in Amerika haben, das
war vom Ausland aus beinahe unmöglich. Außerdem hatte sie Heimweh. Ich
wollte ursprünglich nur ein paar Monate in Amerika bleiben und dann wieder
nach München oder zurück nach Italien. Aber 1980 bin ich dann endgültig
rübergezogen. Und die Musiker sind mitgegangen.
War das schwierig?
Von der Arbeit her war es nicht so schwierig. Die äußeren Umstände, die
Mentalität, die Sprache, haben mehr Kraft gekostet. Los Angeles ist keine
einfache Stadt.
Was war der größte Unterschied?
Es gab mehr Filme, mehr Konkurrenz, mehr Studios, es war eine viele größere
Unterhaltungsindustrie. Und technologisch fortschrittlich. Es gibt keine
andere Stadt auf der Welt, wo man so professionell arbeiten kann.
Nehmen wir Ihren Soundtrack für „American Gigolo“ und den Song „Call Me�…
(1980). Beim Wiederhören wurde mir bewusst, wie stark Ihre Songs im
kollektiven Unterbewusstsein verankert sind. Ihnen sind in Los Angeles
unzählige weitere Hits gelungen.
Für den Film ist es teilweise so, dass ich vollständige Lieder komponiere.
Es muss trotzdem als Lied funktionieren. Wenn es dann auch für ein Album
geeignet ist, umso besser. Im Film wird es oft als Instrumentalversion
eingesetzt. Dann wird’s ein Themesong. Das ist immer mein Wunsch gewesen,
dass die Musik einmal für den Film funktioniert und dass das Lied auch im
Radio gespielt wird.
Können Sie sich an die Begleitumstände von „Call Me“ erinnern? Warum fiel
Ihre Wahl auf Blondie?
Die Plattenfirma wollte eigentlich Stevie Nicks von Fleetwood Mac, aber
Paul Schrader, der Regisseur, dachte, dass Blondie die Idealbesetzung wäre.
Die war damals angesagt, aber nicht zu kommerziell. Deborah Harry hat ja
auch den Text selbst geschrieben, toll gesungen und auch hervorragend
getextet.
Als Sie in Los Angeles anfingen, war die Musikindustrie in der Krise.
Blondie kam aus dem New Yorker Punk-Underground.
Das war schon ein Wagnis. Aber am Ende wurde es ein Riesenhit, ohne dass
die Plattenfirma etwas dazu beigetragen hat.
20 Dec 2014
## AUTOREN
Julian Weber
## TAGS
Synthesizer
Hollywood
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München
Popmusik
Los Angeles
elektronische Musik
Daft Punk
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