# taz.de -- Flüchtlinge sind keine Verbrecher: Trennungsgebot missachtet | |
> Über 900 Abschiebehäftlinge wurden zwischen 2010 und 2013 rechtswidrig in | |
> der JVA Langenhagen zusammen mit Strafgefangenen inhaftiert. | |
Bild: Mittlerweile wird der Abschiebeknast in Langenhagen nicht mehr zweckentfr… | |
HANNOVER taz | Zwischen Heiligabend 2010 und dem 31. Dezember 2013 sind 868 | |
ausreisepflichtige Männer und 55 Frauen in der Justizvollzugsanstalt | |
Hannover-Langenhagen rechtswidrig zusammen mit Strafgefangenen unterbracht | |
gewesen. Das hat das niedersächsische Justizministerium der taz.nord | |
bestätigt. | |
Von der grünen Justizministerin Antje Niewisch-Lennartz kommt nun eine | |
Geste der Anteilnahme mit den Flüchtlingen: „Ich bedaure, dass die | |
gemeinsame Unterbringung mit Strafhäftlingen erst nach dem | |
Regierungswechsel beendet wurde“, erklärte Niewisch-Lennartz der taz. | |
Den Stein ins Rollen gebracht hatte der hannoversche Anwalt Peter | |
Fahlbusch, der im Juli dieses Jahres vor dem Europäischen Gerichtshof | |
(EuGH) ein Urteil erstritten hat, dass Flüchtlinge keine Verbrecher seien | |
und sie deshalb auch nicht in Gefängnissen mit Strafgefangenen hätten | |
untergebracht werden dürfen. Fahlbusch hatte die rot-grüne Landesregierung | |
daher aufgefordert, als Zeichen des Paradigmenwechsels in der | |
Ausländerpolitik eine Haftentschädigung zu zahlen – „und sei es nur | |
symbolisch“, so Fahlbusch. | |
## Schwarz-gelb hat's verpennt | |
Niedersachsens schwarz-gelbe Landesregierung hatte es damals versäumt – wie | |
auch der SPD-Senat in Hamburg seit 2011 –, das seit 2008 geltende | |
Trennungsgebot in der EU-Rückführungsrichtlinie in deutsches Recht zu | |
überführen und anzuwenden. Stichtag wäre der 24. Dezember 2010 gewesen. In | |
Niedersachsen hat schließlich erst Rot-Grün, ein knappes Jahr nach dem | |
Regierungswechsel, ab dem 1. Januar 2014 die Strafgefangenen aus der JVA | |
Hannover-Langenhagen entfernt und das Gefängnis wieder zu einer Einrichtung | |
für abzuschiebende Männer und Frauen umgewandelt. Seitdem wird die | |
Justizvollzugsanstalt Hannover-Langenhagen wegen der rückläufigen Zahl von | |
Abschiebehäftlingen kaum mehr genutzt. | |
Die 923 Flüchtlinge, die vor dem 1. Januar 2014 in Hannover-Langenhagen in | |
Abschiebehaft saßen, seien dort ausgehend von der Entscheidungen des EuGH | |
rechtswidrig inhaftiert worden, sagt Rechtsanwalt Fahlbusch: „Dies ist ein | |
Skandal!“ | |
Der von Fahlbusch geforderten Haftentschädigung erteilt die rot-grüne | |
Landesregierung jedoch einen Abfuhr. „Das Urteil des EuGH verhält sich | |
nicht zu etwaigen Entschädigungsansprüchen“, sagt der Sprecher des | |
Justizministeriums Alexander Wiemerslage. Nur diejenigen, die gegen die | |
Abschiebehaft juristisch vorgegangen seien, hätten vielleicht Ansprüche | |
nach dem Haftentschädigungsgesetz. | |
Nun müsse wohl jeder betroffene Flüchtlinge separat eine Haftentschädigung | |
einklagen, sagt Fahlbusch, der eine Handvoll Mandaten vertritt. Das Gesetz | |
sieht für solche Fälle lediglich ein Schmerzensgeld von 25 Euro pro Tag | |
vor. | |
23 Dec 2014 | |
## AUTOREN | |
Kai von Appen | |
## TAGS | |
Asylrecht | |
Staatsanwaltschaft Hannover | |
Abschiebehaft | |
Abschiebe-Gefängnis | |
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