# taz.de -- Nutzung von Konflikt-Rohstoffen: Gute Miene zu bösen Minen | |
> Die EU-Pläne zur Einfuhr von Konflikt-Rohstoffen werden von Deutschland | |
> unterstützt. Freiwillige Zertifizierungen bemühen nur das Prinzip | |
> Hoffnung. | |
Bild: Finanziert Konflikte: Goldmine in der Zentralafrikanischen Republik. | |
BERLIN taz | Die Bundesregierung will keine Verschärfung des | |
Kontrollsystems für sogenannte Konflikt-Rohstoffe. In der Antwort auf eine | |
Anfrage der Grünen-Bundestagsfraktion, die der taz vorliegt, verteidigt das | |
Wirtschaftsministerium den vorliegenden EU-Gesetzentwurf, der von den | |
Grünen, aber auch von NGOs und Kirchen als zu lasch kritisiert wird. | |
Viele europäische Unternehmen, die Rohstoffe aus Ländern des globalen | |
Südens beziehen und verarbeiten, wissen oft nicht, woher ihre Einfuhren | |
eigentlich genau herkommen und wie sie gefördert werden. Ein Teil sind | |
„schmutzige“ Rohstoffe, die, wie etwa Berichte aus dem Kongo zeigen, von | |
gewaltsam verschleppten Männern und Frauen abgebaut werden. Doch es geht | |
nicht nur um Menschenrechtsverletzungen. | |
Der Handel mit Metallen und Mineralien ist auch eine wichtige | |
Einnahmequelle für Warlords und andere Konfliktparteien und finanziert | |
Kriege in vielen Regionen der Welt. Unternehmen, die illegal geförderte | |
Rohstoffe für ihre Handys, Laptops oder chirurgischen Bestecke einführen, | |
„werden zu Mittätern“, heißt es in einer Erklärung von 70 Bischöfen aus… | |
Ländern. Jetzt habe die EU die einzigartige Chance, so die Bischöfe, mit | |
anspruchsvollen Regeln für mehr Unternehmensverantwortung zu sorgen. | |
Doch EU und Bundesregierung wollen es nicht ganz so anspruchsvoll und | |
setzen lieber auf Freiwilligkeit. Eine eng begrenzte Zahl von Unternehmen | |
kann künftig nach eigener Entscheidung ihre eingeführten Rohstoffe als | |
„sauber“ zertifizieren lassen. Dieses System der Selbstzertifizierung habe | |
„eine hohe Glaubwürdigkeit“, heißt es in der Antwort auf die | |
Grünen-Anfrage. | |
## „Quartalszahlen und nicht Menschenrechte“ | |
Zur Wirksamkeit solch freiwilliger Maßnahmen wird wenig gesagt und | |
stattdessen das Prinzip Hoffnung bemüht. „Sofern sich genügend | |
(Unternehmen) an der freiwilligen Selbstzertifizierung beteiligen, werden | |
mittelbar positive Auswirkungen auf die Konflikt- und Risikogebiete | |
erwartet.“ Selbstverpflichtungen der Industrie haben bisher wenig bewirkt: | |
„Richtschnur der Unternehmen bleiben die Quartalszahlen und nicht die | |
Menschenrechte“, meint der Grünen-Entwicklungspolitiker Uwe Kekeritz. | |
Die Kritiker verlangen eine rechtlich bindende Verpflichtung zur | |
unternehmerischen Sorgfaltspflicht, um so einen Markt für verantwortlich | |
gehandelte Rohstoffe aufzubauen. In den USA nimmt der 2010 eingeführte | |
„Dodd-Frank-Act“ die Unternehmen in die Pflicht. Er verlangt von Tausenden | |
von Firmen verbindliche Erklärungen zur Herkunft ihrer Rohstoffe. Die | |
bisherigen Berichte offenbaren große Informationslücken selbst bei | |
Konzernen wie Sony oder Google. Die strenge US-Regelung wird von der | |
Bundesregierung als zu weitgehend kritisiert: Der Dodd-Frank-Act habe zu | |
einem De-facto-Embargo in einigen Rohstoffregionen gesorgt mit | |
entsprechenden Konsequenzen für die notleidende Bevölkerung. | |
Umstritten bei der EU-Regelung ist auch ihre Begrenzung auf die vier | |
Rohstoffe Zinn, Wolfram, Gold und Coltan. Erdöl und Kupfer fallen dabei | |
durchs Raster. Auch dies wird vom Wirtschaftsministerium verteidigt: Vor | |
einer Ausweitung sollten zunächst „mit der vorgeschlagenen Regelung | |
Erfahrungen gesammelt werden“, heißt es. | |
Grünen-Politiker Kekeritz übt daran Kritik: „Die Bundesregierung steht beim | |
Thema Unternehmensverantwortung weiter auf der Bremse“ und verhindere | |
verbindliche Standards. Im vergangenen Jahr haben, wie eine Brüsseler | |
Studie zeigt, nur vier Prozent der europäischen Unternehmen darüber | |
berichtet, wie sie ihre Rohstoffbeschaffung ethisch sauber abwickeln. | |
23 Dec 2014 | |
## AUTOREN | |
Manfred Kriener | |
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