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# taz.de -- Abtreibungsdebatte in Chile: Bachelet lässt Ministerin fallen
> Chiles Gesundheitsministerin muss ihr Amt abgeben, weil sie Kritikern
> Doppelmoral in der Abtreibungsdebatte vorwarf. Die Präsidentin knickt
> ein.
Bild: Demo für die Straffreiheit von Abtreibung in Santiago de Chile, Juli 201…
BUENOS AIRES taz | In Chile hat die Abtreibungsdebatte ihr erstes
prominentes Opfer gefordert: Gesundheitsministerin Helia Molina musste noch
vor Jahresende ihren Rücktritt einreichen. Der Grund? „In allen
Nobelkliniken haben viele konservative Familien ihre Töchter eine
Abtreibung vornehmen lassen,“ hatte die Ministerin in einem Interview mit
der Zeitung La Segunda gesagt und damit einen Sturm der Entrüstung
ausgelöst. Als Riesenzitat prangte der Satz neben dem Bild der 67-jährigen
Kinderärztin auf der Titelseite der Dienstagsausgabe.
Abtreibungen sind in Chile verboten – auch im Fall einer Vergewaltigung
oder bei medizinischen Gründen. Ein Gesetzesartikel, der Ausnahmen zuließ,
wurde noch 1989 in den letzten Monaten der Pinochet-Diktatur abgeschafft.
Seither werden alle Schwangerschaftsabbrüche mit Gefängnis geahndet.
Dennoch werden nach staatlichen Angaben jährlich 150.000 unerlaubte
Schwangerschaftsabbrüche vorgenommen.
Präsidentin Michelle Bachelet hatte selbst eine Debatte über die Lockerung
der strengen Abtreibungsgesetze angestoßen. Sie schlug vor, einen
Schwangerschaftsabbruch nach einer Vergewaltigung oder bei Gefahr für das
Leben der Mutter zuzulassen, oder wenn der Fötus selbst nicht
überlebensfähig ist. Seither tobt die Debatte in einem von einer extrem
konservativen katholischen Kirche geprägten Klima.
In dem Interview hatte Molina angekündigt, dem Kongress im Januar einen
Gesetzentwurf vorlegen zu wollen. „Es ist ein mildes Vorhaben, dass den
Schwangerschaftsabbruch in drei Fällen vorsieht“, so die Ministerin. Nach
einer Vergewaltigung, im Falle die Frau sei schon mehrfache Mutter und ihr
Leben sei durch eine weitere Schwangerschaft bedroht und im Fall, dass
Ärzte dem Neugeborenen keine Überlebenschance diagnostizieren.
## Panik vor öffentlicher Debatte
Am Mittwoch war Molina schon wieder auf dem Titel von La Segunda. Jetzt mit
den Satz, „Ich habe das gesagt, weil ich es so meine.“ Sie bereue nichts,
aber es sei nur ihre persönliche Meinung. So versuchte sie zur
Schadensbegrenzung alle Pfeile auf sich zu lenken. Präsidentin Bachelet
selbst hat sich nicht geäußert und nahm den Rücktritt kommentarlos an.
Dass die sozialistische Präsidentin einknickt und sich nicht hinter ihre
Ministerin stellt, zeigt nicht nur welchen Einfluss die reiche und
konservative Klasse in Chile hat, sondern auch deren Panik vor einer
öffentlichen Auseinandersetzung. Bei der Elite sitzt die Angst tief, eine
potentielle Veröffentlichung geheimer Abtreibungsdaten könnte ihre bigotte
Haltung bloßstellen, dass jede noch so geringe Regung sofort erstickt wird.
1 Jan 2015
## AUTOREN
Jürgen Vogt
## TAGS
Chile
Schwerpunkt Abtreibung
Michelle Bachelet
Chile
Beata Szydło
Affäre
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