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# taz.de -- Medien in Weißrussland: Angriff auf das Internet
> Seit dem 1. Januar 2015 erschwert ein neues Gesetz die Arbeit von NGOs
> und Medien im Netz. Nach zwei Verwarnungen ist Schluss.
Bild: Kein Freund des Internet: Weißrusslands Staatschef Alexander Lukaschenko.
BERLIN taz | Pünktlich zum Jahreswechsel hat sich Weißrusslands
Dauerdiktator Alexander Lukaschenko eine neue Volte einfallen lassen, um
die Freiheit und Unabhängigkeit der Medien noch weiter einzuschränken.
Die Neufassung eines entsprechenden Gesetzes, die das Parlament ohne
öffentliche Debatte Mitte Dezember durchgepeischt hatte und die zum 1.
Januar 2015 in Kraft trat, versucht vor allem dem Internet den Gar
auszumachen. Beobachter sehen diese Maßnahme auch im Zusammenhang mit den
Präsidnetschaftswahlen im kommenden Herbst, bei denen Lukaschenko erneut
antreten will.
So sehen die Änderungen vor, dass Nachrichtenportale, Blogs sowie andere
Informationsseiten im Netz der Kontrolle des Informationsministeriums
unterstellt werden. Dieses hat die Möglichkeit, Seiten offiziell zu
verwarnen, die sogenannte illegale Inhalte publizieren.
Um die schändlichen Berichte zu tilgen bzw. zu korrigieren haben die
betreffenen Medien 24 Stunden Zeit. Bei zwei oder mehr Verwarnungen
innerhalb eines Jahres kann der Zugang zu den „inkriminierten“ Seiten
blockiert werden – selbstverständlich ohne richterlichen Beschluss.
Zu den illegalen Inhalten gehören unter anderem die Unterstützung von Krieg
und Extremismus, Texte pornographischer, gewalttätiger oder grausamer Natur
sowie eine Berichterstattung, die „den Interessen der weißrussischen Nation
schadet“.
Zudem sieht das Gesetz die Schaffung von zwei Registern für die Anbieter
von schriftlichem und audio-visuellem Content sowie die Betreiber von
websites vor. Die Aufnahme in diese Register muss beim
Informationsministerium beantragt werden, um legal arbeiten zu können. Wer
registriert, jedoch zweimal verwarnt worden ist, fliegt aus dem Register
und verliert folglich seine Anbieterrechte.
## Schutz vor ausländischen Einflüssen
Auch Lukaschenkos erklärtem Ziel, Weißrussland und seine Bürger vor
destruktiven ausländischen Einflüssen zu schützen, wird in dem Gesetz
Rechnung getragen. Ausländer dürfen an weißrussischen Medien künftig nicht
mehr 30, sondern maximal noch 20 Prozent Anteile halten.
Erste Erfahrungen mit den Netzblockaden konnten die Weißrussen bereits ab
dem 19. Dezember 2014 machen. Mehrere unabhängige Seiten wie die der
unabhängigen Nachrichtenagentur BelaPAN, des Nachrichtenprotals Solidarnost
oder die Seite der Menschenrechtsorganisation Chartija 97 waren plötzlich
nicht mehr erreichbar. Sie hatten den „folgenschweren“ Fehler begangenen,
über eine drastische Abwertung des weißrussischen Rubels ein Vebot von
Preiserhöhungen sowie eine 30 prozentige Steuer auf den Umtausch
einheimischer Währung in Devisen zu berichten.
„Die Zensur einer öffentlichen Debatte wird die wirtschaftliche Situation
nicht verbessern, geschweige denn das Gefühl von Panik ausräumen. Im
Gegenteil. Der Bedarf der Öffentlichkeit an solchen Webseiten ist vor allem
in Zeiten der Krise immens. Deshalb muss der Zugang zu den Seiten
unverzüglich wiederhergestellt werden“, sagte Johann Bihr, Chef der
Abteilung Osteuropa und Zentralasien bei der Nichtregierungsorganisation
Reporter ohne Grenzen (ROG).
Laut des ROG-Indexes für Pressefreiheit im Jahr 2014 belegt Weißrussland
von 180 Staaten den 157. Platz. Unter dem novellierten Mediengesetz dürfte
es noch etwas weiter abwärts gehen.
3 Jan 2015
## AUTOREN
Barbara Oertel
## TAGS
Weißrussland
Alexander Lukaschenko
Medien
Internet
Zensur
Reporter ohne Grenzen
Wahlen
Menschenrechte
Weißrussland
Minsk
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