# taz.de -- Machtkampf im Kongo: Moise und der „dritte Elfmeter“ | |
> Moise Katumbi führt die reichste Provinz und den erfolgreichsten | |
> Fußballclub. Jetzt bricht Katangas Gouverneur mit Präsident Kabila. | |
Bild: Ihm wird überall gehuldigt: Moise Katumbi, Gouverneur von Katanga, hier … | |
BRÜSSEL taz | Kongos Präsident Joseph Kabila ist dabei, seine wichtigste | |
Machtbasis zu verlieren: Katanga, reichste Provinz des Landes, Heimat | |
seines Vaters und seine wichtigste Hochburg bei seiner Wiederwahl zum | |
Präsidenten 2011. Der sehr beliebte Provinzgouverneur Moise Katumbi Chapwe, | |
lange Zeit eine verlässliche Stütze Kabilas, erscheint als einer seiner | |
ärgsten Rivalen. | |
Als Kabila am Montag auf seiner Farm in Katanga alle Würdenträger der | |
Provinz empfang, fehlte der Gouverneur, offiziell aus „Gesundheitsgründen“. | |
Im Kongo wird das als endgültiges Zeichen des Bruchs gewertet. | |
Erst am 23. Dezember war Katumbi nach über drei Monaten medizinischem | |
Aufenthalt in London heimgekehrt. Eine gigantische Menschenmenge bejubelte | |
ihn an der Straße vom Flughafen der Provinzhauptstadt Lubumbashi in die | |
Stadt; für die 12 Kilometer brauchte er dreieinhalb Stunden. | |
Und in seiner Rede vor dem Volk griff Katumbi, zugleich Präsident des | |
erfolgreichen Fußballvereins TP Mazembe, zu einem brisanten Sportvergleich: | |
seine Fans sollten „zahlreicher noch als in Burkina Faso auf das Spielfeld | |
kommen, um einen regelwidrigen dritten Elfmeter zu verhindern“. | |
Das bezog sich einerseits auf den Volksaufstand in Burkina Faso, der im | |
Oktober Präsident Blaise Compaoré stürzte; andererseits auf das vermutete | |
Ansinnen von Kongos Präsident Kabila, 2016 entgegen der Verfassung zu einer | |
dritten gewählten Amtszeit anzutreten, nachdem, wie Katumbi außerdem in | |
Anspielung auf mutmaßliche Wahlmanipulation bei den Wahlen 2006 und 2011 | |
sagte, zwei fällige Strafstöße nicht gegeben worden seien. | |
## Enttäuscht über Kabila | |
Viele Politiker aus Katanga haben sich bereits gegen einen Verbleib Kabilas | |
im Amt nach 2016 ausgesprochen, und viele haben Kabilas Regierungsallianz | |
MP (Majorité Présidentielle) deswegen bereits verlassen. Es wehten auch | |
keine Fahnen von Kabilas Partei PPRD (Volkspartei für Wiederaufbau und | |
Entwicklung) beim Volksauflauf zu Katumbis Rückkehr in die Heimat. | |
Die Enttäuschung über Kabila hat in Katanga viele Gründe. Die Heimatregion | |
seiner Familie im Norden der Provinz gehört zu den ärmsten des Landes und | |
ist Schauplatz blutiger Milizenangriffe, auf die Regierungstruppen mit dem | |
Anzünden von Dörfern reagieren. 580.000 Menschen sind inzwischen in | |
Nord-Katanga auf der Flucht. | |
Katangas politische Klasse im Süden der Provinz ist vor allem darüber | |
empört, dass die Zentralregierung nie Kongos Verfassungsklausel respektiert | |
hat, wonach 40 Prozent der Staatseinnahmen in der Provinz bleiben, die sie | |
erwirtschaftet hat - alle Provinzregierungen des Landes verfügen über viel | |
weniger Geld als ihnen zusteht. | |
Jean-Claude Muyambo, Präsident der Partei SCODE (Kongolesische Solidarität | |
für Entwicklung), der im März als erster bekannter Politiker Katangas aus | |
dem Regierungslager austrat, fragt: „Wenn die Kupferproduktion doppelt so | |
groß und sechsmal so wertvoll ist wie zu Mobutus Zeiten, wieso tragen die | |
Minen viermal weniger zum Staatshaushalt bei als damals?“ | |
Katumbis Positionierung jetzt hat nun offenbar Kabila dazu bewogen, selbst | |
in die Offensive zu gehen. Er reiste nach Katanga und gab am 2. Januar ein | |
Festessen für 2.500 Menschen. PPRD-Generalsekretär Evariste Boshab, | |
zugleich Kongos Innenminister, landete am gleichen Tag in Lubumbashi und | |
traf Leiter der Sicherheitskräfte. | |
Am Montag lud Kabila Katangas Minister, Parteiführer, Parlamentarier, | |
Bürgermeister, Sicherheitschefs und Jugendführer auf seine Farm. Aber | |
Parlamentspräsident Gabriel Kyungu und Provinzgouverneur Moise Katumbi | |
kamen nicht. | |
Katumbi will nach Informationen der taz stattdessen wieder nach London | |
reisen. Wenn die kongolesische Staatsmacht ihm auch nur ein Haar krümmt, | |
warnt einer seiner Mitarbeiter, „fürchten wir eine Explosion“. | |
Die französische Originalfassung des Artikels gibt es [1][hier]. | |
7 Jan 2015 | |
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[1] http://blogs.taz.de/kongo-echo/2015/01/06/kabila-en-train-de-perdre-le-kata… | |
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