| # taz.de -- Mutmaßliche IS-Helferinnen: Mit Schnuller in den Dschihad | |
| > In Düsseldorf sind erstmals zwei Frauen vor Gericht, die den „Islamischen | |
| > Staat“ unterstützt haben sollen. Der Mann der einen kämpft in Syrien. | |
| Bild: Die verschleierte Jennifer M. neben ihrer Anwältin im Gerichtssaal. | |
| DÜSSELDORF taz | Als Karolina R. den großen, hellen Saal des Düsseldorfer | |
| Oberlandesgerichts betritt, verhüllt ein dunkelgrauer Schleier die | |
| 25-jährige Deutschpolin komplett von oben bis unten. Nachdem die Fotografen | |
| den Saal verlassen haben, zeigt sie ihr Gesicht. Mehr nicht. R. muss hinter | |
| der Panzerglasscheibe Platz nehmen, die sie von den beiden anderen | |
| Angeklagten, Ahmed-Sadiq M. und Jennifer M., beide 22, und den Anwälten | |
| trennt. Auch Jennifer M. ist voll verschleiert. | |
| Alle drei sind angeklagt, die Terrororganisation „Islamischer Staat Irak | |
| und Großsyrien (ISIG)“, die sich inzwischen nur noch „Islamischer Staat“ | |
| (IS) nennt, unterstützt und schwere staatsgefährdende Gewalttaten | |
| vorbereitet zu haben. Damit stehen bundesweit erstmals zwei Frauen vor | |
| Gericht, die den IS unterstützt haben sollen. ISIG, so trägt Bundesanwalt | |
| Simon Henrichs die Anklage vor, verfolge das Ziel, in Syrien und dem Irak | |
| einen allein auf islamischen Recht basierenden Gottesstaat zu errichten. | |
| Dazu führe die Terrororganisation einen militärischen Bodenkampf, sie sei | |
| für Sprengstoff- und Selbstmordanschläge, für Entführungen und | |
| Erschießungen verantwortlich. | |
| Karolina R., die Hauptangeklagte, ist in Polen geboren. Sie kam als | |
| Kleinkind mit ihrer katholischen Familie nach Bonn. Nach dem Abitur, so | |
| erzählte ihre Mutter nach der Verhaftung einer Lokalzeitung, wollte | |
| Karolina R. eigentlich Sozialpädagogik studieren. Doch dann wurde sie | |
| schwanger. Seit gut neun Monaten sitzt sie nun mit ihrem Sohn in | |
| Untersuchungshaft in Vechta. | |
| Karolina R. ist, so führt es der Bundesanwalt in der Anklage aus, mit dem | |
| Deutschalgerier Fared S. nach islamischem Recht verheiratet. Fared S. | |
| kämpft in Syrien für den IS. Auf Propagandavideos posiert er vor | |
| Leichenbergen und ist mit dem wohl bekanntesten deutschen IS-Kämpfer, | |
| Ex-Rapper Denis Cuspert, zu sehen. Fared S., sagt Henrichs, sei ein | |
| „herausgehobenes Mitglied“ des IS. | |
| ## Sammeln für den IS | |
| Gemeinsam mit Fared S., ihrem neun Monate alten Sohn und ihrem Bruder | |
| Maximilian soll Karolina R. im Mai 2013 nach Syrien gereist sein, so steht | |
| es in der Anklageschrift. Mit ihrem Sohn kehrte sie zwei Monate später nach | |
| Bonn zurück. Unter „Glaubensbrüdern und -schwestern“ soll sie dann für d… | |
| IS gesammelt haben. Schon im Oktober soll sie Fared S. über Mittelmänner | |
| Kameras nebst Zubehör im Wert von mehr als 1.000 Euro geschickt haben – zur | |
| Produktion von Propagandavideos. Kurz danach sei sie selbst noch einmal | |
| nach Syrien gereist, im Gepäck habe sie weitere Kameras und mehr als 5.000 | |
| Euro gehabt. | |
| Im Februar 2014 fiel Fared S. mit etlichen Mitstreitern der gemäßigten | |
| Rebellentruppe Freie Syrische Armee (FSA) in die Hände. Im Zuge eines | |
| Gefangenenaustauschs kam er frei und meldete sich bei seiner Frau in Bonn. | |
| Die FSA habe ihm alles genommen, sagte Fared S. und bat seine Frau um | |
| Unterstützung. Karolina R. soll laut Ermittlungen ihren Mann am Telefon | |
| auch gefragt haben, wie sie es erfahre, falls ihm etwas zustoße. „Mach dir | |
| keine Sorgen“, soll Fared S. geantwortet haben. „Du wirst die Stücke meines | |
| Körpers im Internet sehen.“ | |
| ## Schweigen vor Gericht | |
| Insgesamt achtmal soll Karolina R. insgesamt mehr als 10.000 Euro und | |
| technisches Equipment an ihren Mann geschickt haben, manchmal als Paket, | |
| meist aber per Western-Union-Überweisung an einen Mittelsmann in der | |
| Türkei. Die Bundesanwaltschaft ist sich sicher: Das Geld war auch für | |
| Waffen bestimmt – und Karolina R. wusste das. | |
| Einmal bat sie unter einem Vorwand ihren Vater, einmal ihre Freundin, Geld | |
| zu überweisen. Auch Ahmed-Sadiq M. und Jennifer M. sollen in Absprache mit | |
| Karolina R. Geld gesammelt und nach Syrien transferiert haben. | |
| Alle drei Angeklagten wollen vor Gericht schweigen. Ihnen drohen | |
| Haftstrafen bis zu zehn Jahren. Der Prozess wird Donnerstag fortgesetzt, | |
| bislang sind insgesamt 25 Prozesstage bis Ende April terminiert. | |
| 21 Jan 2015 | |
| ## AUTOREN | |
| Sabine am Orde | |
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