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# taz.de -- Raketenbeschuss auf Mariupol: 30 Zivilisten in Ostukraine getötet
> In Mariupol ist ein Marktplatz von Raketen getroffen worden. Die OSZE
> macht prorussische Rebellen verantwortlich. Mindestens 29 Menschen
> starben.
Bild: Rauch über der Hafenstadt Mariupol am Samstag.
MARIUPOL/DONEZK dpa/ap | Der Krieg in der Ostukraine weitet sich aus und
hat die Hafenstadt Mariupol erfasst. Raketen schlugen am Samstag in der von
Regierungstruppen gehaltenen Stadt ein und töteten mindestens 29 Menschen,
wie die örtlichen Behörden mitteilten. Fast 100 weitere seien verletzt
worden.
In Mariupol sei auch ein Posten der ukrainischen Streitkräfte getroffen
worden, ergänzte das Innenministerium in Kiew. Die Rebellen haben
Stellungen rund zehn Kilometer vor den Vororten von Mariupol. Die Raketen
trafen nach Polizeiangaben Wohnhäuser, Läden und Marktstände, die dadurch
in Brand gesetzt wurden. Es seien viele Menschen auf dem Marktplatz
gewesen.
Das ukrainische Militär und die Aufständischen beschuldigten sich
gegenseitig, für den Beschuss des Wohngebiets verantwortlich zu sein. Die
Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit (OSZE) ist jedoch davon
überzeugt, dass dieser Angriff aus Gebieten gestartet wurde, die von den
prorussischen Separatisten kontrolliert werden. Ukrainische Medien zeigten
Bilder von brennenden Autos und einer schwarzen Rauchsäule über dem Vorort
von Mariupol.
Der Vorstoß begräbt vorerst alle Hoffnungen, dass es bald zu einer
Waffenruhe zwischen den beiden Seiten kommen könnte. Deutschland und
Frankreich hatten sich zuletzt mit der Unterstützung Russlands um einen
neuen Anlauf für ein Friedensabkommen bemüht. Die Rebellen lehnten das aber
ab und kündigten die Offensive an mehreren Fronten an.
Die Stadtverwaltung Mariupols rief die Bevölkerung zur Ruhe auf. Gerüchte
über einen bevorstehenden Abzug der Regierungstruppen sollten ignoriert
werden. „Alle Einheiten sind im Gegenteil voll kampfbereit“, hieß es in
einer Erklärung. „Die Sicherheitsmaßnahmen in der Stadt wurden verstärkt.�…
Mariupol ist strategisch besonders wichtig, weil sich durch eine Eroberung
der Hafenstadt eine Landverbindung von der russischen Grenze zur im März
von Russland annektierten Halbinsel Krim ergäbe. Sachartschenko kündigte
den Beginn der Offensive auf Mariupol an, als er am Samstag in Donezk einen
Kranz für die acht Opfer eines Raketenangriffs auf eine Bushaltestelle
niederlegte, wie Ria Nowosti berichtete. Auch in Donezk und Lugansk, beides
Hochburgen der prorussischen Separatisten, hatten die Gefechte in den
vergangenen Wochen dramatisch zugenommen.
## OSZE schickt Beobachter
Die OSZE schickte nach eigenen Informationen Beobachter zur Überprüfung des
Vorfalls nach Mariupol am Asowschen Meer. In den vergangenen Tagen waren
Dutzende Zivilisten bei Gefechten im Bürgerkriegsgebiet Donbass ums Leben
gekommen, zuletzt beim Beschuss einer Bushaltestelle in Donezk am
Donnerstag. Die OSZE forderte ein sofortiges Ende der Kämpfe in
Wohngegenden sowie den Abzug schwerer Waffen, wie ihn Vertreter der
ukrainischen Führung und der moskautreuen Separatisten in der
weißrussischen Hauptstadt Minsk vereinbart hatten.
An mehreren Orten in der Ostukraine warfen sich die Konfliktparteien
gegenseitige Angriffe vor. Rebellenchef Alexander Sachartschenko sagte am
Freitag, seine Kämpfer wollten weitere Gebiete erobern und seien in fünf
Richtungen auf dem Vormarsch. Die ukrainischen Truppen würden an die
Grenzen der Region Donezk zurückgedrängt. Die Nato sah Anzeichen für einen
Großangriff. Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko drohte den
Rebellen mit Vergeltung
## Nicht an Auflagen halten
Sachartschenko sagte: „Unsere Seite wird keine Versuche mehr unternehmen,
über einen Waffenstillstand zu reden.“ Rebellensprecher Eduard Bassurin
sagte der Nachrichtenagentur AP, dass sich die Kämpfer nicht an die
Auflagen des im September in Minsk vereinbarten Friedensabkommens halten
würden. Dazu gehörte auch die Waffenruhe und der Abzug schwerer Waffen von
einer Demarkationslinie. Das Abkommen wurde aber immer wieder verletzt.
Die Außenminister aus Deutschland, Frankreich, Russland und der Ukraine
hatten sich allerdings diese Woche in Berlin auf eine Wiederinkraftsetzung
dieser Linie geeinigt. Rebellen und Regierungssoldaten sollten ihre
schweren Waffen jeweils 15 Kilometer davon zurückziehen. Die Stellungnahmen
der Separatisten und die Offensive ließen wenig Hoffnung aufkommen, dass
dieses Abkommen noch Bestand haben könnte.
## Mindestens 5.000 Tote
Der Nato zufolge werden die Rebellen aus Russland mit schweren Waffen
versorgt. Nach solchen Verstärkungen seien die Aufständischen bei früheren
Gelegenheiten zum Angriff übergegangen.
Die Ukraine und der Westen werfen Russland vor, die Aufständischen mit
Ausrüstung und Soldaten zu unterstützen. Moskau bestreitet das.
Der Sprecher des UN-Hochkommissars für Menschenrechte, Rupert Colville,
sagte, in dem Konflikt seien bislang mindestes 5.086 Menschen getötet
worden. Es stehe zu befürchten, dass die tatsächliche Zahl noch bedeutend
höher liege. Bislang hatten die Vereinten Nationen die Zahl der Opfer mit
4.700 angegeben.
24 Jan 2015
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