| # taz.de -- Kommentar Griechenlandwahl: Brüssel setzt Pokerface auf | |
| > In der EU-Kommission wird ein Entgegenkommen in der Schuldenfrage längst | |
| > nicht mehr ausgeschlossen. Auch wenn das keiner laut sagt. | |
| Bild: Geld ist geduldig | |
| Bloss nichts anmerken lassen. Ruhe bewahren. Pokerface aufsetzen. Das | |
| scheint die Devise der EU-Politiker nach dem Machtwechsel in Athen zu sein. | |
| Unruhe? Ach wo. Panik? Keine Spur. Fast so, als sei nichts geschehen, ging | |
| die Eurogruppe am Tag nach der Erdrutsch-Wahl ihren Geschäften nach. Man | |
| wolle erst einmal die Regierungsbildung in Athen abwarten, hieß es. | |
| Dabei wäre das Treffen in Brüssel eine gute, ja zwingende Gelegenheit zur | |
| Selbstkritik gewesen. Schließlich haben die Griechen den amtierenden | |
| konservativen Premier Antonis Samaras ja nicht zufällig aus dem Amt gejagt. | |
| Der aus EU-Sicht angeblich so erfolgreiche Politiker musste gehen, weil er | |
| als Repräsentant eines überkommenen Systems der Vetternwirtschaft gilt - | |
| und weil er sich nicht aus der Brüsseler Umklammerung lösen konnte. | |
| Ähnlich wie Tsipras hat auch Samaras ein Ende der EU-Hilfsprogramme und der | |
| damit verbundenen Auflagen gefordert. Doch Bundesfinanzminister Wolfgang | |
| Schäuble und seine Euro-Kollegen wussten es besser - und schickten ihren | |
| Mann sehenden Auges in die Wahlniederlage. | |
| Die Euro-Minister wussten allerdings auch schon einmal besser, wie es | |
| wirklich um die griechischen Schulden steht. Gerade einmal drei Jahre ist | |
| es her, dass sie Erleichterungen versprachen, wenn Athen weiter eisern | |
| sparen und einen Budgetüberschuss erzielen sollte. | |
| ## Griechenland hat geliefert, doch Berlin bricht sein Versprechen | |
| Das ist mittlerweile geschehen, Griechenland hat geliefert. Doch die EU | |
| möchte nicht an ihre Versprechen erinnert werden. Ein Schuldenschnitt komme | |
| nicht in Frage, so Schäuble. Tsipras müsse seine Verpflichtungen einhalten, | |
| eine Extrawurst werde es nicht geben. | |
| Wenn Tsipras schlau ist, wird er Schäuble trotzdem an die Zusage von 2012 | |
| erinnern. Denn nicht alle EU-Politiker leiden unter Gedächtnisschwund. Nur | |
| Finnen und Niederländer scheinen Deutschland heute noch bedingungslos zu | |
| folgen. Die EU-Kommission hingegen denkt um. | |
| In der Brüsseler Behörde wird ein Entgegenkommen in der Schuldenfrage | |
| ebenso wenig ausgeschlossen wie ein Ende der in Griechenland besonders | |
| verhassten Troika. Kommissionschef Jean-Claude Juncker hat bereits mehrfach | |
| das Aus der autoritären Überwacher gefordert; auch der Europäische | |
| Gerichtshof hat es unlängst gefordert. | |
| ## Schäuble gerät unter Druck | |
| Da deutet sich also ein Machtkampf zwischen Athen, Berlin und Brüssel an. | |
| Der Ausgang ist völlig ungewiss. Fest steht nur, dass der erste deutsche | |
| Bluff - die Drohung mit dem Euro-Austritt Griechenland - nicht mehr zieht. | |
| Schäuble muss sich also etwas Neues einfallen lassen. | |
| Auch deshalb ist in Brüssel jetzt Pokerface angesagt. Im Kern geht es gar | |
| nicht so sehr um Tsipras - dem ist nur eine Nebenrolle zugedacht. Im Kern | |
| geht es darum, wer in der Eurokrise das Sagen hat. Und deshalb kann es hart | |
| werden, wie so oft in diesem europäisch-griechischen Drama. | |
| 27 Jan 2015 | |
| ## AUTOREN | |
| Eric Bonse | |
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