| # taz.de -- Heikle Partnerwahl: „Das käme hier nicht in die Tüte“ | |
| > Auch wenn Alexis Tsipras jetzt mit Rechtspopulisten koaliert, ihre | |
| > Solidarität mit Syriza braucht Die Linke nicht zu reuen – sagt ihr | |
| > Landesvorstand Christoph Spehr. | |
| Bild: Die Solidarisierung der Linkspartei mit Syriza war notwendig, findet der … | |
| taz: Herr Spehr, am Sonntagabend hat Die Linke Bremen Wahlparty gefeiert – | |
| herrscht am Montag Katzenjammer? | |
| Christoph Spehr: Nein, also bei mir nicht. Ich habe keinen Kater. | |
| Dass Syriza mit den rechtspopulistischen Anexartiti Ellines (Anel) | |
| zusammengeht, bereitet Ihnen keine Kopfschmerzen? | |
| Das ist nicht unproblematisch, da haben Sie recht. Der Punkt ist: Die | |
| brauchen in Griechenland eine zügige Regierungsbildung, um möglichst | |
| schnell und möglichst geschlossen mit der EU und der Troika verhandeln zu | |
| können. Und viele Optionen hatte Alexis Tsipras nicht: Eigentlich konnte er | |
| nur mit Anel oder mit To Potami zusammen gehen. | |
| Das ist die neue linksliberale Partei. | |
| Alles andere hätte ja die Wechselerwartungen enttäuscht – und auch vom Kurs | |
| her nicht zusammengepasst. Und nun ist Pro Potami ja extrem jung, etwa ein | |
| Jahr… | |
| Anel wurde 2012 gegründet, ist also nur unwesentlich älter. | |
| Für das, was jetzt die Hauptaufgabe ist, ist Anel jedenfalls nah dran: Also | |
| für einen gemeinsamen Verhandlungskurs mit der EU. Dass es sich um eine | |
| unangenehme Partei handelt, die Migranten-feindlich auftritt, und | |
| schärferes Vorgehen gehen illegale Einwanderungen fordert, ist allerdings | |
| höchst beunruhigend. | |
| Das heißt: Sobald nur die Schulden und die Notlage groß genug sind, sind | |
| auch linke Parteien offen für Zugeständnisse an nationalistische, | |
| Ressentiment gesteuerte, xenophobe Kräfte? | |
| Wir wissen ja nicht welche Zugeständnisse Syriza macht. Das ist doch der | |
| entscheidende Punkt. | |
| Jedenfalls sind doch die Berührungsängste futsch – und die Querfront steht. | |
| Syriza hatte offensichtlich keine Berührungsängste. Aber das ist nichts | |
| Neues. Das war auch in den vergangenen zwei Jahren so: Wenn es um Finanz | |
| und Wirtschaftspolitik ging, hat man sich verständigt. | |
| Und wenn’s da passt, wird die halt Menschenrechtsfrage sekundär? | |
| Nein. Ich kann mir nicht vorstellen, dass eine links geführte Regierung da | |
| Zugeständnisse macht und sagt: Wir müssen die Grenzzäune stärker bewachen. | |
| Ich glaube, das weiß Tsipras auch sehr genau: Wenn Syriza etwas an der | |
| Menschenrechtsfrage vergeigt, wäre das ganze Projekt desavouiert. Und | |
| selbstredend kann man das nicht auf hiesige Verhältnisse übertragen. | |
| Bloß, wenn das Zusammengehen mit der fremdenfeindlichen Anel so absehbar | |
| war – hat Die Linke in Bremen und in Deutschland der Syriza nicht zu laut | |
| zugejubelt? | |
| Nein, diese Solidarisierung war geradezu notwendig – angesichts der | |
| massiven Versuche seitens der europäischen Institutionen und namentlich von | |
| Deutschland, diese Wahl zu beeinflussen. Wenn man nur etwas noch von | |
| demokratischen Entscheidungen hält, dann musste man da gegen halten, das | |
| war völlig richtig. | |
| Nur der Schub, den sich Die Linke auch von dieser Wahl erhofft hat, wird | |
| sicher etwas dadurch gebremst, dass der Syriza-Sieg nur zum Erfolg in der | |
| Koalition mit Rechtspopulisten wird…? | |
| Wie gesagt, wir wissen nicht, wie weit es die zu bildende Regierung prägen | |
| wird, wir wissen nicht, wie lange diese Koalition hält… | |
| Ich dachte, Sie gehen grundsätzlich nicht mit Rechtspopulisten zusammen? | |
| Natürlich. Das käme hier einfach nicht in die Tüte. Das ist völlig klar. | |
| Aber in Griechenland gelten andere Grundsätze? | |
| Es ist eine Gratwanderung, keine Frage. Der Weg der Mitte-Links-Bündnisse | |
| ist dort relativ weit verbaut gewesen, andererseits hätten z.B. die | |
| Kommunisten den Syriza-Kurs – kein Ausstieg aus dem Euro, aber harte | |
| Nachverhandlungen bei den Sparauflagen – gar nicht mitgetragen. | |
| Das heißt, bestenfalls wirkt sich Griechenland gar nicht auf die Bremer | |
| Wahl im Mai aus, schlimmstenfalls hat es sich bis dahin so weit isoliert, | |
| dass linke Parteien insgesamt kompromittiert sind? | |
| Das glaube ich nicht. Es gibt doch mittlerweile wieder eine breitere | |
| Kontroverse um die dominante Austeritäts-Politik, den reinen Kürzungskurs, | |
| der sich um Fragen der Versorgung der Bevölkerung und die Wachstumsfrage | |
| gar nicht schert, nach dem Motto: Hauptsache, Daumen drauf. Ich denke, da | |
| sind wir an einem Punkt, wo es anfängt, zu kippen. Deshalb sind wir als | |
| Linke ja so abgenervt davon, dass Bremen jetzt noch schnell eine | |
| Schuldenbremse in die Landesverfassung schreibt – wo alle anderen über den | |
| reinen Konsolidierungskurs schon hinaus sind. | |
| 26 Jan 2015 | |
| ## AUTOREN | |
| Benno Schirrmeister | |
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