# taz.de -- IS-Ableger im Sinai: Schwere Anschläge in Al-Arisch | |
> Mehr als 20 Tote forderte ein Angriff auf das ägyptsiche Militär. | |
> Verantwortlich soll eine Gruppe sein, die sich als Ableger des IS | |
> bezeichnet. | |
Bild: Schon im August 2013 erschütterten Anschläge die Küstenstadt Al-Arisch… | |
KAIRO taz | In mehreren koordinierten Angriffen mit Granatwerfern, Raketen | |
und einem Anschlag mit einer Autobombe im Norden des Sinai, hat der | |
„Islamische Staat“ nun in Ägypten erstmals in einer größeren Operation | |
seine Visitenkarte hinterlassen. Die Angriffe, die fast zeitgleich | |
stattfanden, galten allesamt Einrichtungen des Militärs und der Polizei. | |
Mindestens 29 Menschen sind dabei ums Leben gekommen, darunter 13 | |
Zivilisten. | |
Wenige Stunden nach dem Anschlag zeichnete die militante Organisation Ansar | |
Beit El-Maqdis für die Angriffe verantwortlich. Letzten Dezember hatte | |
diese Organisation erklärt, sie sei nun ein Teil des in Syrien und dem Irak | |
operierenden „Islamischen Staates“ IS, und huldige dessen Kalifen Al-Abu | |
Bakr Al-Bagdadi. Die Organisation erklärte sich zur IS-Provinz Sinai. | |
Die Angriffe fanden allesamt statt, während im Fernsehen ein | |
Fußball-Lokal-Derby zwischen zwei Kairoer Mannschaften lief. Ein Grund | |
warum Soldaten und Polizisten möglicherweise abgelenkt waren. Angegriffen | |
wurde das Polizeihauptquartier in der Provinzhauptstadt El-Arisch, sowie | |
eine Kaserne und ein dortiges Hotel und ein Club der Armee. Bei dem Angriff | |
soll auch das lokale Büro der staatlichen Tageszeitung Al-Ahram zerstört | |
worden sein. | |
Kurz darauf wurde bei einem Angriff auf einen Militärcheckpoint ein Major | |
getötet und sechs Soldaten wurden verwundet. An einem weiteren Checkpoint | |
südlich von Rafah explodierte ein Sprengsatz, mehrere andere Kontrollpunkte | |
wurden mit Panzergranaten beschossen. „Explosionen haben den Himmel | |
erleuchtet und für Stunden waren Schusswechsel zu hören“, berichteten | |
Augenzeugen im Nordsinai. | |
## Schwierige Sicherheitslage | |
In einem bizarr anmutenden Statement erklärte die ägyptische Armee | |
anschließend, die Anschläge seien „das Ergebnis jüngster militärischer | |
Erfolge seitens der Armee und der Polizei gegen terroristische Elemente im | |
Nordsinai“. Vermeintliche Erfolge, die aber ganz offensichtlich nicht dazu | |
geführt haben, dass die Sicherheitskräfte die Lage im Nordsinai unter | |
Kontrolle gebracht haben. Die koordinierten Angriffe am Donnerstagabend | |
waren die bisher blutigsten im Nordsinai, seit bei Anschlägen am 24. | |
Dezember dort 33 Soldaten und Polizisten getötet worden waren, bevor Ansar | |
Beit El-Maqdsi seine Loyalität zum IS erklärt hatte. | |
Die Verstärkung der Armee und eine ein Kilometer breite Pufferzone, die in | |
Rafah an der Grenze zum Gazastreifen geschaffen wurde, indem sämtliche | |
Häuser von den Einwohnern geräumt werden mussten und diese anschließend | |
zerstört wurden, haben augenscheinlich nicht für mehr Sicherheit gesorgt. | |
Auch nicht der im Sinai geltende Ausnahmezustand mit einer gerade vor | |
wenigen Tagen um weitere drei Monate verlängerten Ausgangssperre von sieben | |
Uhr abends bis um sechs Uhr morgens. | |
Dafür haben diese Maßnahmen aber das wirtschaftliche und soziale Leben des | |
Nordsinai praktisch zum Stillstand gebracht, wie Einwohner bei Besuchen in | |
Kairo immer wieder berichten. Kritiker der Regierung in Kairo, haben in den | |
letzten Monaten immer wieder die Frage gestellt, ob diese Maßnahmen nicht | |
eher dazu führen, dass die militanten Gruppierungen im Nordsinai mehr | |
Zulauf bekommen. | |
Ein Großteil der Informationen, die vom Nordsinai nach Außen dringen, | |
stammen aus Quellen der Armee oder der Polizei. Meist sind das | |
Erfolgsmeldungen, die sich aber nicht überprüfen lassen. Journalisten | |
internationaler Medien ist der Zugang zum Nordsinai seit Monaten untersagt. | |
30 Jan 2015 | |
## AUTOREN | |
Karim El-Gawhary | |
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