# taz.de -- Die Zukunft der Tastatur: Wedeln, wischen, sprechen | |
> Die Azteken nannten die Schrift den „Zauber des Sprechens zu Abwesenden“. | |
> Die neuen Schreibtechniken haben wirklich etwas Magisches. | |
Bild: Die QWERTZ-Tastatur macht ohnehin wenig Sinn - auf einem Touchscreen ist … | |
Mit den neuen mobilen Computern – wie Smartphones und Tablets – wird eine | |
neue Anforderung an die Eingabe von Text gestellt, denn auf den oft | |
winzigen Touchscreens sind die Tasten schwierig zu treffen, gleichzeitig | |
nehmen sie fast den gesamten Bildschirm ein. Man sieht nur wenig von dem, | |
was man schreibt und geschrieben bekommt. | |
An neuen Ideen für Alternativen zur Tastatur mangelt es nicht. Das | |
Jungunternehmen Airtype aus Texas, das neuerdings noki heißt, hat | |
Manschetten entwickelt, mit denen man in die Luft oder auf den Schreibtisch | |
schreiben soll. Der Computer soll erkennen, welche Buchstaben gemeint sind. | |
An den Händen getragen, die Bewegungen der Finger über die Sehnen und | |
Muskeln erkennen sollen. | |
Zunächst tippt man auf der Tastatur wie gewohnt. Die getragenen Manschetten | |
sollen sich den Ablauf der Bewegungen merken und nach einer Lernphase die | |
Tastatur ersetzen. Bislang gibt es nur ein Werbevideo für die Manschetten. | |
Die Jungunternehmer suchen derzeit nach Finanziers. | |
Das amerikanische Jungunternehmen Whirlscape hat 2013 ein interessantes | |
Konzept vorgestellt: Auch ihr Computerprogramm für Geräte mit Touchscreen | |
ist eine Tastatur zum Tippen. Doch anders als bekannte Bildschirmtastaturen | |
ordnet „Minuum“ die Buchstaben nicht in drei Reihen an wie auf der | |
klassischen Tastatur. | |
## Optimal für die Daumen erreichbar | |
Stattdessen ist auf dem Bildschirm eine einzelne waagerechte Reihe zu | |
sehen, in der alle Buchstaben Platz finden. Auf dem Bildschirm bleibt mehr | |
Platz, um zu sehen, was man schreibt. Für besonders große Touchscreens | |
haben die Forscher Keith Vertanen und Per Ola Kristensson 2013 in | |
Zusammenarbeit mit dem Max-Planck-Institut eine weitere Tastatur | |
entwickelt. | |
Die Idee: Gewöhnlich liegt das Tablet nicht auf dem Schreibtisch, sondern | |
wird mit beiden Händen vor dem Körper gehalten. Um das Gerät nicht fallen | |
zu lassen und trotzdem bequem zu tippen, können lediglich die Daumen frei | |
bewegt werden. Daher haben die Forscher die Tastatur kurzerhand aufgeteilt | |
und in die beiden unteren Ecken des Bildschirms verfrachtet. So sind die | |
Buchstaben optimal für die Daumen erreichbar. | |
Die Anordnung der Lettern auf der geteilten Tastatur richtet sich dabei | |
nach wissenschaftlich erhobenen Daten zur Verwendung der englischen | |
Sprache. Vertanen und Kristensson haben vor allem darauf geachtet, das die | |
Daumen zu den häufigsten Buchstaben und Kombinationen nur kurze Wege | |
zurücklegen müssen. Gleichzeitig achteten sie darauf, die Buchstaben so | |
anzuordnen, dass sich die Daumen so oft wie möglich abwechseln. So sollen | |
englische Nutzer bis zu 34 Prozent schneller tippen können als mit einer | |
QWERTY-Tastatur. | |
## Aus Tippen wird Wischen | |
Der Name der alternativen Tastatur, KALQ, richtet sich auch hier nach einer | |
Buchstabenreihe. Obwohl die Tastatur die einzige ist, deren Effizienz | |
wissenschaftlich belegt wurde, ist das Programm nicht mehr als 50.000 Mal | |
heruntergeladen worden. | |
Wirklich benutzerfreundlich werden die Tastaturen für Touchscreens aber | |
erst durch die integrierte Funktion, angefangene Wörter automatisch zu | |
vervollständigen. | |
Parallel dazu wird auf den Touchscreens das Tippen immer mehr zu einem | |
Wischen. SwiftKey heißt etwa ein Programm, das mittlerweile mehr als | |
10.000.000 Nutzer für ihre mobilen Geräte heruntergeladen haben. Statt die | |
einzelnen Buchstaben anzutippen, reicht es auf der SwiftKey-Tastatur auf | |
dem Bildschirm für ein Wort von Buchstabe zu Buchstabe zu wischen, ohne den | |
Finger abzusetzen. Die Bewegung des Fingers wird dabei mit einer Linie auf | |
dem Display nachgezeichnet. | |
## Geräte werden kleiner – Bildschirme schwinden | |
Zusätzlich zu der Worterkennungs-Funktion bieten die Macher von SwiftKey | |
eine Art Vorhersage für die nächsten Wörter an. Auf den häufig | |
geschriebenen Satz „Wie wird das Wetter morgen?“ Schlägt das Programm | |
beispielsweise den Folgesatz „Ich hoffe, es wird nicht regnen“ vor. | |
Regelmäßige Aktualisierungen erweitern den Wortschatz der Anwendungen | |
stetig, sodass auch das Schreiben auf Smartphones immer bequemer wird. | |
Doch in Zukunft muss es auch ganz ohne Bildschirm gehen, weil die Geräte | |
immer kleiner werden. Mittlerweile stecken mobile Computer nicht nur in | |
Handys, sondern auch in Uhren oder Armbändern, in denen für | |
Berührbildschirme zum Tippen oder Wischen kein Platz mehr bleibt. Zu der | |
Eingabe von Text durch Tippen oder Wischen wird daher weiter an der Eingabe | |
durch Sprache für mobile Geräte gearbeitet. Einen großen Schritt in diese | |
Richtung machte zuletzt das kalifornische Computer-Unternehmen Apple. Ende | |
2011 kam mit dem Smartphone „iPhone 4S“ das Spracherkennungsprogramm „Sir… | |
in die Läden, das erstmals eine zufriedenstellende Erkennung und | |
Verarbeitung von Gesprochenem lieferte. | |
## „Gäste“ oder „Geste“? | |
Möglich wird das durch die Verbindung der Geräte zum Internet. So wird die | |
Sprache nicht auf den Handys, Tablets und Uhren selbst ausgewertet, sondern | |
zunächst über das Netz an große Computer geschickt. Dort werden aus den | |
einzelnen Lauten zunächst Buchstabenfolgen, dann ganze Wörter erkannt. Zu | |
guter Letzt entscheidet der Computer über ähnlich klingende Wörter wie | |
„Gäste“ und „Geste“. Sind alle Wörter erkannt, wird das Ergebnis an d… | |
mobilen Geräte zurückgesendet. | |
Über das vergleichsweise simple Diktat hinaus lassen sich die Smartphones | |
so auch eingeschränkt steuern. Mittlerweile ziehen auch andere Hersteller | |
wie Samsung, Microsoft oder Google nach und bieten vergleichbare | |
Spracherkennungsprogramme für ihre Geräte an. | |
6 Feb 2015 | |
## AUTOREN | |
David Sahay | |
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