# taz.de -- Private Hilfe für Migrantin: Zwei Flüchtlinge für die Insel Juist | |
> Eine Vermieterin nimmt privat eine Syrerin mit Baby auf. Die Gemeinde | |
> will aber keine Flüchtlinge und auch der Nachbarkreis erklärt die | |
> Ferieninseln für ungeeignet. | |
Bild: Bald Zufluchtsort für eine aus Syrien geflüchtete Mutter mit Baby: die … | |
HAMBURG taz | Zum ersten Mal werden Flüchtlinge auf einer ostfriesischen | |
Insel untergebracht. Am 24. Februar kommt eine junge Syrerin mit ihrem 14 | |
Monate alten Baby auf die Insel Juist. Dabei handele es sich um eine | |
private Aktion einer Juister Vermieterin, betont Dieter Patron, der | |
Bürgermeister der Insel. Der Fall bedeute auch keine Wende in der | |
bisherigen Aufnahmepolitik. | |
Zuständig für die Flüchtlingsunterbringung auf Juist ist der Landkreis | |
Aurich. An den hatte sich die Vermieterin privat gewandt und Wohnraum für | |
Flüchtlinge angeboten. „Ich hatte in einem Fernsehbericht gesehen, dass in | |
Bremen Privatleute für die Aufnahme von Flüchtlingen gesucht wurden. Da | |
habe den Landkreis gebeten, mir Flüchtlinge zuzuweisen“, sagt die politisch | |
engagierte Frau. | |
Die Besitzerin einer Pension möchte ihren Namen nicht veröffentlicht | |
wissen. „Hier auf Juist wird bald eh jeder sehen, dass die Mutter bei mir | |
wohnt, aber ich möchte auf dem Festland keinen Ärger wecken“, sagt sie. Die | |
Vermieterin besteht darauf, das sie keine Pensionszimmer freigestellt habe, | |
sondern die syrische Mutter und ihr Kind in privaten Räumen unterbringe. | |
Ihre eigene Ferienvermietung sei dadurch nicht beeinträchtigt. | |
Deswegen könne sie auch nicht unbegrenzt Flüchtlinge aufnehmen. „Ich möchte | |
mich um die kleine Familie kümmern können und ihnen ein neues Zuhause | |
geben“, sagt die Pensionswirtin. Sie erzählt, schon früher sozial | |
auffälligen Kindern und Straßenkindern aus Berlin einen Urlaub auf der | |
Insel ermöglicht zu haben. | |
Bürgermeister Patron findet, die Insel Juist sei für Flüchtlinge | |
ungeeignet. Die Gemeinde könne derzeit schon aufgrund fehlenden Wohnraums | |
keine Flüchtlinge aufnehmen. „Aus der Sicht dieses Personenkreises halte | |
ich eine Unterbringung auf Juist auch für sehr schwierig“, sagt er. Auf dem | |
Festland gebe es Betreuung verschiedenster Art, sei es durch hauptamtlich | |
Tätige oder auch durch ehrenamtliche Hilfevereine. „Diese Möglichkeit | |
ergibt sich auf Juist mit seinen 1.500 Einwohnern nicht oder kaum“, sagt | |
der Bürgermeister. Eine Anfrage des Kreises an die Gemeinde wegen freier | |
Kapazitäten in öffentlichen Immobilien liege ihm nicht vor. | |
Der Ansicht des Bürgermeisters Patron, es gäbe keine Integrationsprogramme | |
auf der Insel, widerspricht die Pensionswirtin. „Wir haben Integrations- | |
und Sprachkurse für Polen und russisch stämmige Deutsche, die könnten auch | |
für die syrische Mutter geöffnet werden“, findet sie. | |
Kein niedersächsischer Landkreis hat bislang Flüchtlinge auf den | |
Ferieninseln untergebracht. Dies solle auch so bleiben, bekräftigt der | |
Sprecher des Landkreises Leer, Dieter Bakker. Presseberichte, wonach auf | |
der zum Landkreis Leer gehörigen Insel Borkum Flüchtlinge untergebracht | |
werden sollen, dementiert er. | |
„Wir haben seit Jahren keine Flüchtlinge auf Borkum untergebracht und | |
planen das auch jetzt nicht“, sagt Bakker. Er habe lediglich die Auskunft | |
gegeben, dass bei einem anhaltenden Zustrom von Flüchtlingen auch darüber | |
nachzudenken sei, diese auf Borkum unterzubringen. Nach Möglichkeit wolle | |
der Landkreis das aber vermeiden. | |
Abgesehen von organisatorischen Schwierigkeiten könnte das auch für die | |
Flüchtlinge schwierig werden, sagt Bakker. Schon ein Arztbesuch auf dem | |
Festland würde zur Tagesreise. „Also: Zurzeit nicht, möglichst auch in | |
Zukunft nicht, ausschließen kann ich es für die Zukunft aber nicht“, | |
resümiert Bakker die Position des Kreises Leer zur Aufnahme von | |
Flüchtlingen. | |
17 Feb 2015 | |
## AUTOREN | |
Thomas Schumacher | |
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