# taz.de -- Wissenschaftsjahr 2015 eröffnet: Der ökologische Umbau der Städte | |
> „Zukunftsstadt“ ist das Thema des Wissenschaftsjahrs. Die Forschung soll | |
> zeigen, was sie zum Bau von nachhaltigen Städten beizutragen hat. | |
Bild: Nachhaltig und ökologisch soll die Zukunftsstadt sein. | |
BERLIN taz | „Die Emissionsuhr am Rathaus zeigt seit bald 30 Jahren an, | |
welchen Ausstoß an Kohlendioxid jeder Einwohner im Jahr statistisch | |
betrachtet zu verantworten hat. Längst hat die Uhr den Kilogrammmaßstab | |
erreicht und wird von den jüngeren Bewohnern kaum noch wahrgenommen, so | |
selbstverständlich ist ihnen das kohlendioxidneutrale Leben geworden.“ Ein | |
Blick in die ökologisch umgebaute Zukunftsstadt der nächsten Generation, | |
formuliert in einer ersten Version der Hightech-Strategie der | |
Bundesregierung. | |
Seit Donnerstag ist Deutschland der urbanen Utopie einen Schritt näher: Im | |
Berliner Neubau des Bundesforschungsministeriums, selbst ein Vorzeigemodell | |
ökologischen Bauens, wurde von Hausherrin Johanna Wanka das | |
[1][“Wissenschaftsjahr Zukunftsstadt“ eröffnet.] Das ganze Jahr über soll | |
bundesweit in einer Vielzahl von Veranstaltungen dargestellt werden, was | |
die Forscher zum Bau, Umbau und Management von umweltverträglichen und | |
nachhaltigen Städten beizutragen haben. | |
Die anstehenden Aufgaben für die Wissenschaft selbst sind in einer | |
strategischen [2][“Forschungs- und Innovationsagenda“ (Fina) (pdf-Datei)] | |
zusammengefasst, die von der „Nationalen Plattform Zukunftsstadt“ (NPZ) in | |
einem mehrjährigen Arbeitsprozess formuliert und am Donnerstag Ministerin | |
Wanka offiziell überreicht wurde. | |
Der Plattform gehörten neben den einschlägigen Bundesministerien für | |
Forschung, Umwelt, Bau, Wirtschaft und Infrastruktur auch Vertreter der | |
Kommunen und der Zivilgesellschaft an. Koordiniert wurde der Fachdiskurs | |
vom Deutschen Institut für Urbanistik (Difu) in Berlin und der | |
Fraunhofer-Gesellschaft. | |
Für die nächsten fünfzehn Jahre hat sich die Forschungs-Agenda viel | |
vorgenommen. Das Programm orientiert sich, wie es in dem 135 Seiten starken | |
Papier heißt, an der „Vision einer CO2-neutralen, energie- und | |
ressourceneffizienten, klimaangepassten, wandlungsfähigen, lebenswerten und | |
sozial inklusiven Stadt der Zukunft“. Neu an dem Ansatz ist die Kombination | |
von Wissenschaft und kommunaler Praxis, einschließlich einer stärkeren | |
Bürgerbeteiligung. | |
## Neun Leitthemen | |
„Nur mit neuen Impulsen für die Forschung, einer besseren Verzahnung mit | |
der Umsetzung und ihrer Realisierung in praktischen Innovationen und der | |
Implementierung vor Ort sind die großen Herausforderungen der Zukunft | |
unserer über Jahrhunderte gewachsenen Städte und Landkreise zu bewältigen“, | |
heißt es in der Fina-Agenda. | |
Insgesamt neun „Strategische Leitthemen“ wurden definiert, die für die | |
urbane Zukunft von Bedeutung sind. Starken Anteil haben technische | |
Infrastrukturen wie die Energieversorgung, Gebäudetechnik sowie Verkehr und | |
Warenströme. Weitere Themen sind „Stadtökonomie“ sowie „Daten, | |
Informationsgrundlagen und Wissensvermittlung“. Dem Klimawandel geschuldet | |
ist das Strategische Leitthema 4: „Resilienz und Klimaanpassung“. | |
Neue Öko-Situationen in den Kommunen müssen vorgedacht und geplant werden: | |
„ein umfassendes Chancen- und Risikokataster auf der Grundlage von | |
Vulnerabilitäts- und Risikoanalysen“ streben die Stadtforscher an. | |
Erfahrungen hierzu bestünden bereits „im Katastrophenschutz, der sich | |
umfänglich mit kritischen Infrastrukturen beschäftigt“, etwa dem Blackout | |
der Stromversorgung und dem Abschmieren des Internets. Hinzu kommen „Erhalt | |
und Ausbau grüner und blauer Infrastrukturen für Resilienz und | |
Klimaanpassung“, auf Deutsch: städtische Grünanlagen und Gewässer. | |
## Die Menschen nicht vergessen | |
Gelingen wird der Stadtumbau nur, wenn die dort lebenden Menschen beteiligt | |
werden. „Die Zivilgesellschaft muss in die Planungsprozesse mit einbezogen | |
werden“, betont Stadtforscher Jens Libbe vom Difu. Die Entwicklung einer | |
„neuen Beteiligungskultur“ ist für ihn essenziell für einen erfolgreichen | |
Stadtwandel. Gerade die Auseinandersetzungen um das Bahnhofsprojekt | |
„Stuttgart 21“ haben ein Umdenken in vielen, vor allem größeren Kommunen | |
ausgelöst. An Vorbildern für städtische Bürgerbeteiligung nennt Libbe die | |
nordrhein-westfälische „InnovationCity“ Bottop und Bayerns Landeshauptstadt | |
München. | |
Das Vorläufermodell der Zukunftsstadt ist das „Morgenstadt“-Programm der | |
Fraunhofer-Gesellschaft, das seit 2012 mit inzwischen 40 Partnern aus | |
Wirtschaft und Kommunalpraxis läuft. „In der ersten Phase ging es darum, | |
heutige Stadtsysteme zu verstehen“, erklärt Projektleiter Eckhart Hertzsch | |
vom Fraunhofer-Institut für Bauphysik in Stuttgart. | |
Daraus wurden 65 Schlüsselfaktoren entwickelt, die für Nachhaltigkeit in | |
der Stadt von Bedeutung sind. Einige davon, etwa der Bedarf an „virtuellen | |
Kraftwerken“ unter Nutzung erneuerbarer Energien, werden jetzt in Form | |
größerer Modellprojekte realisiert. Diese Leuchtturmprojekte, betont | |
Hertzsch, sind auch international von Interesse. | |
19 Feb 2015 | |
## LINKS | |
[1] http://www.bmbf.de/25388.php | |
[2] http://www.bmbf.de/pub/Zukunftsstadt.pdf | |
## AUTOREN | |
Manfred Ronzheimer | |
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