# taz.de -- Female Fightclub in Berlin-Marzahn: „Eine Frau ist stark – wenn… | |
> Die Wrestlerin Anna Konda kämpft in ihrem „Female Fightclub“ für ein | |
> neues Frauenbild. Auch beim Kämpfen ist es ihr wichtig, sexy zu sein. | |
Bild: „Ich möchte mich zeigen, schließlich bin ich stolz auf meinen Körper… | |
BERLIN taz | Ein Gewerbegebiet in Berlin-Marzahn, 45 Gebäude, mehr als 140 | |
ansässige Unternehmen, Tischlerei, Rohrreinigungs-Firma, Sarggroßhandel. | |
Der Asphalt des Gehwegs ist an vielen Stellen aufgesprungen. Ein Lastwagen | |
rollt vorbei, dann wieder Stille. Hier betreibt die Wrestlerin Anna Konda | |
den „Female Fightclub“, einen privaten Treffpunkt für starke Frauen. | |
Draußen: Haus Nummer 5c, gelbe Fassade, rote Tür. Daneben ein weißes | |
Schild, kein Text („Wer zu mir kommt, weiß, wo er mich findet“). Ein | |
langer, karger Flur, grelles Neondeckenlicht, Feuerlöscher an den Wänden, | |
viele Türen. Hinter einer: der Club. | |
Drin: Ein rechteckiger Raum, 25 Quadratmeter groß, blaue Matten auf dem | |
Boden, daneben eine schmale Holzbank zum Sitzen, an der Wand lehnen weiße | |
Klappstühle. Zwei Fenster, verhangen, auf den Heizkörpern trocknen | |
Handtücher. Ein Kühlschrank, daneben Sektflaschen („Noch vom | |
Neujahrsumtrunk“), darauf ein CD-Spieler, Tonträger: Anastacia, Pink, Club | |
Sounds Vol.14, Will Smith, Planet Dream Vol. 1. Einziger Schmuck: zwei | |
Zimmerpalmen. | |
Was macht sie? Wrestling, ein Kampfsport, bei dem fast alles erlaubt ist. | |
Treten, zerren, schlagen, nur keine Gnade zeigen. „Wenn jemand nicht so | |
will wie ich, packe ich richtig zu.“ Meist wälzt sie sich mit ihren Gegnern | |
am Boden, nimmt sie in Schwitzkasten oder Beinklemme. Schweiß rinnt in | |
Strömen. „Die Technik muss stimmen, sonst verbraucht man verdammt viel | |
Kraft.“ Ein Kampf geht über fünf Runden, bis einer aufgibt. Sportlich fair | |
muss es bleiben, theoretisch: „Ich genieße es, überlegen zu sein, wenn | |
jemand sagt, es reicht, mache ich gerne noch einen Tick weiter.“ Und sonst? | |
Trainiert sie täglich zwei Stunden im Fitnessstudio. Zwischen ihren | |
Oberschenkeln kann sie eine Melone zerdrücken. | |
Private Kampfarena: Zusammen mit Wrestler-Kollegin Red Devil gründete sie | |
2010 den „Female Fightclub“, um das Frauenringen populär zu machen. Anfangs | |
mietete sie ein Zimmer in einem Dominastudio („Das passte aber nicht zu | |
mir“), dann stieß sie auf den Gewerbepark in Marzahn. Zuerst bekam sie | |
einen Raum neben einem Bürokomplex zugewiesen. Die Mitarbeiter dort | |
wunderten sich über die Schreie und das Gepolter von nebenan, das die Wände | |
erzittern ließ. Sie zog noch einmal um. Zwischen Lagerhallen und | |
Industriebetrieben stören die rangelnden Frauen nun niemanden mehr. Eine | |
Stunde braucht sie mit den Auto dorthin („Dafür liegt es einigermaßen | |
zentral und ist preiswert“). | |
Fans aus aller Welt: Oft kommen Gäste, meist Männer, auch aus dem Ausland. | |
Spanien, Italien, Irland, Amerika, Ägypten, Bulgarien, Polen, Ukraine, | |
zählt sie auf ohne nachzudenken. Mittlerweile hat sie knapp 1.000 Likes auf | |
ihrer deutschen und fast 4.700 auf ihrer englischen Facebook-Seite. | |
Zuschauer? Sind immer willkommen. Mitkämpfer auch („Wer möchte, kann sich | |
gerne bei mir melden“). | |
Anna Konda: Ein Künstlername („Was sie packt, lässt sie nicht mehr los“). | |
Ihren richtigen Namen? Verrät sie nicht. Ihr Alter? „34“. Wirklich? Und ihr | |
wahres Alter? Bleibt geheim. Hat sie Familie? Kein Kommentar („Das würde | |
den Mythos zerstören“). | |
Von der Frau zur Amazone: Geboren in Berlin-Lichtenberg („Ich bin ein | |
Urberliner-Gewächs“). Sie machte eine Ausbildung in der Gastronomie, später | |
eine weitere kaufmännische. Mit Mitte 20 begann sie, Kraftsport zu treiben. | |
„Davor war ich sehr lange eine sehr schlanke Frau.“ Die Muskeln wuchsen, | |
das Selbstvertrauen auch. Die Eltern mochten das neue Selbst ihrer Tochter | |
nicht. Der Kontakt brach zeitweise ab. Sie machte trotzdem weiter, fing an, | |
Videos von sich ins Internet zu stellen. Immer mehr Fans kamen dazu, die | |
immer mehr von ihr sehen wollten. Sie begann erst mit Kampfsport, dann mit | |
Wrestling. | |
In Zahlen: Anna Konda ist 1,62 cm groß, bringt 105 Kilo auf die Waage („Ich | |
würde gerne mehr wiegen, aber das ist schwer, wenn man so viel Sport | |
macht“). Ihre Maße? 130-100-120. Ihr Bizeps? 47 cm. Beim Bankdrücken | |
schafft sie 150 Kilo, vier Mal. | |
Was denkt sie? Frauen sollten regelmäßig Gewichte stemmen: „Wer trainiert, | |
hat ordentliche Formen, das sieht dann auch mit Kleidergröße 42 gut aus.“ | |
Sie hält nichts davon, wenn Mädchen versuchen, sich in ein Idealbild zu | |
zwängen. Viel wichtiger sei es, den eigenen Körper anzunehmen, sich selbst | |
verteidigen zu können. Schwaches Geschlecht? „Nicht von Natur aus, eine | |
Frau ist stark – wenn sie will.“ Das Problem: Viele würden sich nicht | |
trauen. | |
Konfrontationskurs: Sie hat sich daran gewöhnt, dass sie nicht nur Fans hat | |
und in Foren beschimpft wird. „Kämpfen und immer nett sein, das passt nicht | |
zusammen.“ Will sich jemand mit ihr anlegen, kontert sie: „Klar, komm in | |
meinen Club.“ Die meisten kommen nicht. | |
Ihr Mann: Er mag starke Frauen, sagt sie. Und er war es, der sie vor Jahren | |
zum ersten Mal mit ins Fitnesscenter nahm, zu all den „Eisenbiegern“. Sie | |
trainierten zusammen, das gemeinsame Hobby stählte den Körper – und die | |
Beziehung. Seit 22 Jahren sind sie ein Paar. Ihr Mann stieg irgendwann aus | |
(„Er war an seinem Limit angekommen“), sie machte weiter. Inzwischen kann | |
sie ihn problemlos aufs Kreuz legen. „Wir sind ein Team, ohne seine | |
Unterstützung würde es nicht gehen.“ Die Kunstfigur Anna Konda ist ihrer | |
beider Kind. Streiten sie? Leidenschaftlich gern. „Ich brauche niemanden, | |
bei dem alles immer super ist.“ | |
Andere Männer: „Die stehen oft mit offenen Mündern da und kieken, wenn ich | |
Gewichte bewege.“ Wenn ihr danach ist, schnappt sie sich einen und legt ihn | |
sich über die Schulter. Auf ihrer Webseite bezeichnet sie sich als „der Typ | |
Frau, der schon als Schulmädchen die Jungs auf dem Schulhof verprügelt | |
hat“. Das andere Geschlecht ist dann auch ihr liebster Gegner („Männer | |
finden es interessant, mal so richtig untergepflügt zu werden“). Für viele | |
ist es schon eine Herausforderung, sie zu umfassen. Schreckt das nicht ab? | |
Im Gegenteil. „Sie mögen es, sich an eine richtig starke Frau anlehnen zu | |
können.“ | |
Erotik: Kämpfen, aber bitte sexy. Mal catcht sie in Ledercorsage, mal nur | |
in Tanga und Strapsen, mal komplett nackt. Mit der Masse ihres Körpers | |
zwingt sie selbst gestandene Männer in die Knie. Ein Video auf ihrer | |
Webseite zeigt, wie sie einen Kopf so lange zwischen ihre Beine klemmt, bis | |
er die Farbe einer reifen Tomate annimmt. Es gehört zu den harmloseren. Auf | |
YouToube werden ihre Filme regelmäßig gesperrt („Ich bin halt ein | |
Reizthema“). Polarisieren ist ihre Art, das Rollenbild der Frau infrage zu | |
stellen. „Ich möchte mich zeigen, schließlich bin ich stolz auf meinen | |
Körper“, erklärt sie ihre Freizügigkeit. Was sie von Dominas hält? Das sei | |
nur gespielte Unterwerfung. Sie dagegen sei stark genug, um wirklich zu | |
dominieren. | |
Wie finden Sie Angela Merkel? Sie überlegt. „Sie ist formlos und hat | |
nichts, wofür sie steht.“ Nach außen hin vertrete sie Deutschland zwar ganz | |
gut. „Nur im eigenen Land bewegt sie nicht viel.“ Könnte Merkel eine | |
Lektion in Sachen Kraftsport vertragen? „Auf jeden Fall.“ | |
Was bringt die Zukunft? So lange es geht, trainiert sie weiter. „Vielleicht | |
wird aus mir noch eine ’Iron Grandma‘.“ | |
1 Mar 2015 | |
## AUTOREN | |
Christine Luz | |
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