# taz.de -- Protest gegen Bundeswehr-Schulbesuche: Kritisches Nachfragen unerw�… | |
> Weil er die Bundeswehr kritisierte, erhielt ein Schüler in Bamberg einen | |
> Verweis. Seine „linksorientierte Gesinnung“ bedränge andere, sagt sein | |
> Direktor. | |
Bild: Ein Protestschild beim „War-starts-here“-Camp 2014. Solche Kritik ist… | |
MÜNCHEN taz | H. ist ein politischer Mensch. Ein Linker, der – wie das | |
manche Linke eben so machen – aufschreit, wenn er eine Ungerechtigkeit | |
entdeckt. Als der 17-Jährige meinte, sie selbst zu erfahren, sagte er der | |
Tageszeitung Junge Welt, seine Schule habe versucht, ihn wegen seiner | |
politischen Einstellung „mundtot“ zu machen. Seitdem ist seine Stadt in | |
Aufruhr, kämpft seine Schule um ihren Ruf und H. darum, nicht zu fliegen. | |
Schuld ist ein verschärfter Verweis, den H. von der | |
Graf-Stauffenberg-Wirtschaftsschule in Bamberg bekommen hat und der der taz | |
vorliegt. Darin wird ihm eine „zweifelhaft linksorientierte Gesinnung“ | |
attestiert, und er wird angehalten, „Äußerungen bezüglich seiner | |
extremistischen politischen Meinung zu unterlassen“, sonst drohe die | |
Entlassung. H. habe seine Meinung so „beharrlich“ vertreten, dass sogar die | |
Polizei gerufen werden musste. | |
Es geht um den 29. Januar. An diesem Tag fand an der Schule ein | |
Berufswahlseminar statt, zu dem auch Vertreter der Bundeswehr kamen, um für | |
den Soldatenberuf zu werben. Als H. den Offizier fragte, wie er zu dem | |
Luftangriff der Bundeswehr in Kundus 2009 stehe, bei dem fast 100 | |
Zivilisten starben, soll der geantwortet haben: „Man muss eben abwägen, ob | |
man seine eigenen Jungs riskieren will oder die halt.“ Seine Ausführungen | |
darüber, „wie schön es bei der Bundeswehr ist“, empfand H. als „dreist�… | |
der Schüler gegenüber der Jungen Welt. | |
Kurz nach dem Vortrag ging er vor die Tür, um sich mit seinen Freunden von | |
der [1][„Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes“] zu unterhalten, bei | |
der er Mitglied ist. Zusammen mit anderen Organisationen hatten sie einen | |
Proteststand gegen den Bundeswehrbesuch aufgebaut. Als besonders | |
„extremistisch“ ist die Gruppe in Bamberg nicht bekannt. Als H. die Schule | |
wieder betreten wollte, hielten ihn zwei Hausmeister auf. | |
## Schulleiter ist „menschlich enttäuscht“ | |
Einer soll Springerstiefel und eine Militärhose getragen und das Schultor | |
schon mal als „Reichsgrenze“ bezeichnet haben. Die Hausmeister wollten H. | |
Rucksack durchsuchen, in dem sie politische Aufkleber vermuteten, und eine | |
Leibesvisitation durchführen. Als er sich weigerte, riefen sie die Polizei. | |
In der Zwischenzeit wurde H. vom stellvertretenden Direktor Hausverbot | |
erteilt. An das habe sich der „sehr einsichtige“ Schüler gehalten, | |
vermerkten die Beamten später im Protokoll. | |
Als sich H. am nächsten Tag im Direktorat rechtfertigen musste, soll seine | |
Klassenlehrerin gesagt haben, sie werde mit allen Mitteln verhindern, dass | |
er seine Mitschüler von seiner Meinung überzeuge. Von der fühlten sich | |
Lehrer und Schüler „politisch und persönlich bedrängt“, heißt es im | |
Verweis. Einige Schüler hätten sich über ihn beschwert, erklärt der | |
Schulleiter, Martin Mattausch. Er sagt, er sei von seinem Schüler | |
„menschlich enttäuscht“. | |
Anstatt Presse und Politik zu alarmieren, hätte der zu ihm kommen sollen. | |
Weil er das nicht tat, bat sogar das Büro des Oberbürgermeisters um eine | |
Erklärung. Mattausch verteidigt den Verweis. Die Bundeswehrsoldaten seien | |
Gäste gewesen, die es verdienten, „höflich behandelt zu werden“. Was ein | |
Mitschüler von H. als „kritische Fragen“ beschreibt, ist für Mattausch ei… | |
„Störung“. Wird der Schulbetrieb durch politische Äußerungen „ernsthaft | |
beeinträchtigt“, können diese unterbunden werden, heißt es aus dem | |
Kultusministerium. | |
H. falle außerdem nicht zum ersten Mal unangenehm auf, sagt sein | |
Schulleiter. Er sei schwierig und „von Schule zu Schule durchgereicht“ | |
worden, aber „begabt“. Mattausch will ihm nichts verbauen und darum von | |
weiteren Konsequenzen absehen. Vorausgesetzt, H. spreche nicht mehr mit der | |
Presse. Gegenüber der taz zog H. seine Aussagen zurück. | |
24 Feb 2015 | |
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## AUTOREN | |
Lisa Schnell | |
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