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# taz.de -- Die Wahrheit: Macht hoch die Tür!
> Tor auf für die nächste große Staatsaffäre: „Housedoor-Key-Leaks“. Ein
> Whistleblower entschlüsselt Verstecke für Haustürschlüssel in
> Deutschland.
Bild: Die Türschlüssel können noch so gut versteckt sein, mit der neuen Date…
Das Unglück nahm seinen Lauf, als der Biologiestudent Heiner Lengerich (23)
in Quakenbrück auf der Bahnhofstoilette einen USB-Stick auflas und darin
eine uncodierte Datei mit einem genauen Verzeichnis von mehr als 150.000
Geheimverstecken deutscher Haus- und Wohnungsschlüssel entdeckte. „Was
Edward Snowden kann, das kann ich auch“, mag der ehrliche Finder sich
gedacht haben, als er daraufhin in Berlin die Botschaft der Volksrepublik
China aufsuchte, wo er sich auch zurzeit noch aufhalten soll.
Seither gibt Lengerich via Internet stündlich einhundert Schlüsselverstecke
preis. Betroffen waren zuletzt vor allem Wohnungsbesitzer im Großraum
Braunschweig. „Antje und Hermann Gentz, Adenauerring 17: Der Schlüssel für
die Kellertür liegt unter der Altpapiertonne im Carport. Dolores und Iwan
Tschirnoff, Mozartstr. 212: Hausschlüssel im Vogelhäuschen auf der
Gartenterrasse. Britta Sjuts, Lange Str. 17 b, Hinterhaus:
Briefkastenschlüssel unter dem Kaktustopf neben dem Sandkasten und im
Briefkasten dann der Wohnungsschlüssel. Erhard Breuckert, Birkenallee 43:
Hausschlüssel im Marmeladenglas im blauen Eimer unter der Rutsche im
Vorgarten …“
Es ist rätselhaft, was Lengerich damit bezweckt. Den Haus- und
Wohnungseigentümern kann er ja nur bitterlich schaden. Und woher stammt der
Stick? Wer hat die Daten zusammengestellt? Darüber schweigt sich der
Whistleblower aus. Auch von der Botschaft gibt es auf Anfragen keinen Laut.
Stattdessen werden nur noch immer mehr Verstecke verraten: „Hans und
Elisabeth Schmidt, Erich-Kästner-Str. 56: Schlüsselbund ganz unten in der
Sitzpolsterkiste“, „Uwe Freyer, Sanddornweg 2: Keller- und
Terrassentürschlüssel in der abnehmbaren Mütze des Gartenzwergs mit dem
Rechen“, „Familie Rennepfort, Am Graben 7: Schlüssel für Hintereingang
steckt unter loser Bodenplatte hinterm Sonnenschirmständer.“
Gegenwärtig liegt noch keine Stellungnahme der Bundesregierung zu den
Ereignissen vor. Doch man fragt sich natürlich, wer dieser Heiner Lengerich
ist und was ihn dazu antreibt, unbescholtene Bürger der Gefahr eines
Einbruchs auszusetzen. Die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der
Länder haben nachdrücklich an alle Medien appelliert – kein einziges der
Geheimverstecke, mit denen Heiner Lengerich hausieren geht, soll
weitergegeben werden. „Man würde damit ja nur den Verbrechern in die Hände
spielen“, heißt es in einer Erklärung des Bundeskriminalamts: „Geheim und
geschützt bleiben sollten last, but not least, die Schlüsselverstecke
prominenter Mitmenschen.
## Heiner Lauterbachs Zweitschlüssel
Wir denken da zum Beispiel an Dieter Bohlen, der einen Generalschlüssel zu
allen Türen seiner Villa im niedersächsischen Tötensen leichtsinnigerweise
vor dem Gittertor der Auffahrt deponiert hat, im dritten Buchsbaumtopf von
rechts“, schreibt das BKA und fährt fort: „Sehr schlecht beraten ist auch
Heiner Lauterbach, der den Zweitschlüssel zu seinem am Starnberger See
gelegenen Haus unter der Komposttonne neben der Doppelgarage aufzubewahren
pflegt, wenn wir Herrn Lengerichs Angaben trauen dürfen.
Noch schlimmer scheint es sich im Fall des Leipziger Heimatdichters Rayk
Wieland zu verhalten, dessen Landwohnsitz in dem mecklenburgischen Dorf
Rübenfelde bei Klosterburg nur durch einen morschen, vor der Haustür
angebrachten Holzbalken und ein Zahlenschloss mit der Kombination 3799
gesichert ist. Heiner Lengerich zufolge nutzt Rayk Wieland diesen
Zweitwohnsitz ausschließlich am Wochenende; in der Regel von Freitagabend,
19.45 Uhr, bis Montagmorgen, 7.35 Uhr. In der übrigen Zeit könnte sich
jeder Kriminelle sehr leicht Zutritt zu dem Anwesen verschaffen.“
Laut BKA „ist dieser Umstand besonders bedenklich, weil sich im Haus nicht
nur eine wertvolle, von dem berühmten Bildhauer Fritz Cremer angefertigte
Bronzebüste der Schriftstellerin Christa Wolf befindet, sondern im
Kellergeschoss auch die Einliegerwohnung eines Juweliers aus Kapstadt, der
dort 28,7 Tonnen Gold, Silber und Platin zwischengelagert hat. Wichtig ist
jetzt striktes Stillschweigen über diese und andere Fakten!“
Fein raus ist immerhin die siebenköpfige Familie Badenstedt aus Seesen: Bei
ihr ist bereits zwei Tage vor dem Verrat ihres Schlüsselverstecks
eingebrochen worden. „Nun kann uns wenigstens nichts mehr passieren“, hat
der Familienvater Holger Badenstedt gegenüber dem Göttinger Tageblatt
erklärt. „Die Diebe haben schon alles mitgenommen! Ätsch!“
3 Mar 2015
## AUTOREN
Gerhard Henschel
## TAGS
Whistleblower
Rätsel
Krieg
Lauenburg
Kabul
Staatsakt
Islam
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