# taz.de -- Registrierung von Fußballfans: Prekäre Plastikkarte | |
> Wer in dänischen Fußballstadien in den Gästeblock will, braucht dafür | |
> bald einen Fanausweis. Auf dem werden persönliche Daten gespeichert. | |
Bild: Bald nicht mehr anonym: Fans des FC Kopenhagen im Telia Park | |
STOCKHOLM taz | „Udebanekort“. Das heißt auf Dänisch Auswärtskarte. Ein | |
Plastikteil mit Name, Geburtstag, Größe und einem Foto des Betreffenden. Ab | |
Beginn der Saison 2015/16 müssen dänische Fußballfans sich die zulegen und | |
im kommenden Jahr soll sie dann obligatorisch werden – will man | |
Auswärtsspiele noch im Fanblock seines Vereins besuchen. Beschlossen haben | |
das alle Klubs der Superligaen, der höchsten dänischen Fußballliga. | |
Auf die eigenen Fans scheinen sie dabei nicht gehört zu haben, zumindest | |
nicht auf jene, die bei den „Danske Fodbold Fanklubber“ (DFF) organisiert | |
sind. Diese haben nun eine Kampagne gegen den Fanausweis gestartet. „Man | |
macht zu einem großen Problem, was überhaupt kein großes Problem ist“, | |
meint der DFF-Vorsitzende Rasmus Trenskow. Protestiert wird [1][via | |
Twitter]. | |
Die Fanklubs werfen der Ligavereinigung vor, „das sowieso schon fragile | |
Fundament des dänischen Fußballs ganz zerstören zu wollen“. Hier werde mit | |
Kanonen auf Spatzen geschossen, meint Trenskow, es werde „sinnlose | |
Symbolpolitik“ betrieben und außerdem würden solche Fankarten die | |
Sicherheit in den Stadien nachweislich nicht verbessern. Allenfalls sei | |
eines zu erwarten: „Die sowieso nur halb vollen Superligaen-Arenen werden | |
in Zukunft noch leerer sein.“ | |
19 Personen hat die Polizei wegen des Verdachts von Gewalttaten oder | |
Verstößen gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung in der vergangenen | |
Fußballsaison von den Tribünen geholt. Bei einer Besucherzahl von 1,57 | |
Millionen. Ist das für die Superligaen-Vereinigung wirklich ein | |
ausreichender Grund für eine Ausweispflicht? | |
## Datenbankabgleich vorm Auswärtsspiel | |
„So eine Polizeistatistik erfasst ja nicht alles“, gibt Claus Thomsen zu | |
bedenken. Und der Vorsitzende von „Divisionforeningen“, der Vertretung der | |
drei obersten dänischen Herrenligavereine, verweist auf ein Beispiel: Wenn | |
jemand ein Feuerzeug nach einem Spieler wirft, werde die Polizei nicht | |
aktiv, aber das sei allemal ein ausreichender Grund, den Betreffenden | |
„unter Quarantäne zu stellen“. | |
Der eigene Verein kenne seine Pappenheimer, da werde so jemand vorerst gar | |
nicht ins Stadion gelangen. Und bei Auswärtsspielen sei die „Udebanekort“ | |
und deren Abgleich mit einer Datenbank das geeignete Mittel, diese Leute | |
herauszufiltern und so sicherzustellen, dass sich „mögliche Unruhestifter“ | |
nicht einschleichen und das Risiko für Gewalt und Störungen erhöhen | |
könnten. | |
„Divisionsforeningen“ verweist auf eine 2013 vorgenommene | |
Zuschaueruntersuchung, bei der sich nur sechs Prozent gegen eine | |
Ausweispflicht ausgesprochen hätten. „Und machen diese sechs Prozent | |
wirklich ernst und gehen nicht mehr zu den Spielen, dann ist das eben der | |
Preis, den wir für eine bessere Stadionsicherheit bezahlen müssen“, sagt | |
Thomsen. | |
## Verschiedene Erfahrungen aus Holland, Polen und Belgien | |
Er betont auch, dass man mit dieser Ausweispflicht nicht etwa auf ein | |
zuletzt gestiegenes Gewaltproblem reagiere. Nein, man habe schon vor drei | |
Jahren in Zusammenarbeit mit dem dänischen Fußballverband DBU, der Polizei | |
und dem Justizministerium einen „Anti-Hooligan“-Plan entwickelt und die | |
Plastikkarte sei Teil dieses Maßnahmenpakets. | |
Bei der Debatte um die „Udebanekort“ verweist jede Seite auf ihr passende | |
Beispiele mit bisherigen Erfahrungen. In den Niederlanden und beim | |
dänischen Hauptstadtklub FC Kopenhagen – der 2008 eine Ausweispflicht | |
einführte – funktioniere das doch perfekt, meinen die Befürworter. Während | |
für die Gegner just der FC Kopenhagen als Beispiel für die | |
Wirkungslosigkeit einer solchen Maßnahme gilt: Hier habe sich gar nichts | |
geändert. Und man nennt Belgien und Polen als Länder, wo der Fanausweis | |
nach mehrjähriger Erfahrung wieder abgeschafft worden sei. | |
Womöglich stoppt aber Brüssel noch die Fankarte. Die sozialdemokratische | |
dänische EU-Parlamentarierin Christel Schaldemose hat eine rechtliche | |
Stellungnahme von der EU-Kommission erbeten, ob derartige | |
Personenkontrollen nicht gegen europäische Datenschutzrichtlinien | |
verstoßen: „Es sind ja keine Amtspersonen, sondern Privatleute, die da am | |
Stadioneingang kontrollieren und es dabei mit persönlichen Daten zu tun | |
bekommen.“ In sechs bis acht Wochen erwartet man eine Stellungnahme. | |
4 Mar 2015 | |
## LINKS | |
[1] http://twitter.com/hashtag/NejTilAwaykort | |
## AUTOREN | |
Reinhard Wolff | |
## TAGS | |
Ausweisung | |
Datenschutz | |
Fangewalt | |
Fußballfans | |
Dänemark | |
Schwerpunkt Überwachung | |
Fußball | |
personenbezogene Daten | |
VfL Wolfsburg | |
Datenschutz | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Rechtsstreit um Fandaten in Hannover: Gewaltbereitschaft färbt ab | |
Niedersachsens Polizei hat ohne Rechtsgrundlage Daten von über tausend | |
Fußballfans gesammelt, die nichts verbrochen haben. | |
„Jahresbericht Fußball“ in Berlin: Krawallige Kategorien | |
Die Berliner Polizei spricht von einem stetigen Zuwachs von Problemfans an | |
der Spree - woran macht sie das eigentlich fest? | |
Achtelfinale DFB-Pokal: Werder versagt auf Bielefelder Alm | |
Nach Hertha BSC hat der Drittligist Arminia Bielefeld auch Werder Bremen | |
aus dem DFB-Pokal geworfen. In den anderen Partien setzten sich die | |
Favoriten durch. | |
Grundverordnung der EU: Weichspüler für den Datenschutz | |
Ein geleaktes Papier zeigt: Die EU-Regierungen sind dabei, die Prinzipien | |
der Zweckbindung und der Datensparsamkeit aus der Grundverordnung zu | |
streichen. |