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# taz.de -- „Jahresbericht Fußball“ in Berlin: Krawallige Kategorien
> Die Berliner Polizei spricht von einem stetigen Zuwachs von Problemfans
> an der Spree - woran macht sie das eigentlich fest?
Bild: Auf der Suche nach der Kategorie C: Polizisten im Stadion
Manchmal hält die Zeitung mit den vier Buchstaben, der taz
gegenüberliegend, doch noch, was sie verspricht. „Fußball brutal – der
große Krawall-Report“ schlagzeilte sie, als die Berliner Polizei in der
vergangenen Woche den Jahresbericht Fußball in Berlin (für die Saison
2013/14, nicht auf die gerade abgelaufene Saison) veröffentlichte.
Gleichzeitig beantwortete der Senat da eine Anfrage des Linken-Abgeordneten
Hakan Tas zur Sicherheitslage bei Hertha-, Union- und Dynamo-Spielen.
Im Text unter der krawalligen Überschrift hieß es dann richtigerweise:
„Über die Saison verteilt gab es ein Spiel mit Ausschreitungen“. Ein Spiel
– von 235 polizeilich begleiteten Spielen. Aber: Es kam ja bei knapp 17
Prozent der Matches zu „Vorkommnissen“, was einen deutlichen Anstieg (zu
etwa 10 Prozent im Vorjahr) entspricht.
Dass die offiziellen Zahlen zu Gewalt und zu Straftaten bei Fußballspielen
mit Vorsicht zu genießen sind, darauf weisen Fanverbände und -anwälte immer
wieder hin. Von einem „Erkenntnisgewinn gleich null“, spricht René Lau, der
Fußballfans in Berlin vertritt und der der Arbeitsgemeinschaft Fananwälte
angehört. „Das sind von der Polizei für die Polizei gemachte Zahlen und
Dateien, die völlig intransparent und nicht aussagekräftig sind“, sagt er.
Die Sache mit den Vorkommnissen
Es stellen sich einem ohnehin Fragen, schaut man sich die Statistik genauer
an. So spricht die Polizei zusammenfassend alarmierend von einem Anstieg an
„Vorkommnissen“, von einer gestiegenen Anzahl an Problemfans bei Hertha und
Dynamo, von 28 Spielen mit „Störungen“ und zehn Spielabbrüchen. Sowohl
Senat als auch Polizei weisen auf die gestiegene Anzahl an sogenannten
Kategorie B (“bedingt gewaltbereite“) - und Kategorie C- ("gewaltsuchende�…
Fans hin. Aktuell soll dieser Personenkreis aus 1.441 Personen nur bei
Hertha-, Union- und BFC-Anhängern bestehen.
Hört sich nach verdammt viel Gewaltpotenzial an. Dann aber liest man, dass
im Laufe der ganzen Saison bei Hertha-Spielen sieben, bei Union-Spielen
sechs und bei BFC-Spielen null Personen verletzte Personen gezählt wurden,
bei mehr als 1,2 Millionen Besuchern über die Saison hinweg. Dabei ist noch
nicht gesagt, in welcher Schwere und auf welche Weise diese Personen
verletzt wurden. Dies ist nur ein Beispiel. Die vermehrten Vorkommnisse
könnten sich, so viel darf man nach der Lektüre des Berichts mutmaßen, auch
etwa durch vermehrtes Kiffen unter Fans erklären (zumindest gab es mehr
Betäubungsmitteldelikte). Oder durch „Sachbeschädigungen“, zu denen auch
das Kleben von Stickern gehört.
„Die Polizei suggeriert, es seien objektive Zahlen“
Wie die Polizei zu einem „Anstieg der Problemfanzahlen bei Hertha BSC und
dem BFC Dynamo“ kommt, ist demnach unklar. Die Kategorisierungen in A-
(“normaler Fan“), B- und C-Fans ist ohnehin umstritten. Fananwalt Lau hält
sie für völlig willkürlich: „Es handelt sich dabei um subjektive
Einschätzungen seitens der Polizei, von denen niemand weiß, wie sie
zustande kommen. Die Polizei suggeriert aber, es seien objektive Zahlen.“
Dass die Senatsverwaltung für Inneres und Sport sich bei Anfragen – bereits
Pirat Christopher Lauer hatte jüngst angefragt – nur auf diese Statistik
stützt, hält Lau für bedenklich, die Antworten für unzureichend. Die
Behörde gebe keine Auskunft, wie viel zivile Polizei bei Hertha-, Union und
BFC-Spielen eingesetzt wurden. „Man fragt sich, ob sie es wirklich nicht
besser wissen oder ob sie bewusst lügen.“
Die Debatte über die Polizeieinsätze und deren Kosten hält in allen
Bundesländern an. In Nordrhein-Westfalen hat man zu Beginn der abgelaufenen
Saison in einem – erfolgreich bewerteten Pilotprojekt – die Polizeipräsenz
reduziert. Innensenator Henkel kritisierte dies, Berlin brauche so ein
Projekt nicht.
Die Stadt zahlt laut dem nun vorliegenden Bericht knapp 4,7 Millionen Euro
für etwa 110.000 Einsatzstunden pro Saison. Dass dafür keine transparentere
und fundiertere Datengrundlage vorliegt, wird auch weiterhin für Kritik
sorgen. René Lau formuliert es so: „Die Polizei schafft sich die eigene
Beschäftigungsgrundlage.“
21 Jun 2015
## AUTOREN
Jens Uthoff
## TAGS
Fußballfans
Union Berlin
Hooligans
Ausweisung
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