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# taz.de -- Bericht des Europarat-Antifolterkomitees: Auch Europa foltert
> Hält Europa zivilisierte Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit ein? In
> einigen Ländern sind folterähnliche Methoden noch immer an der
> Tagesordnung.
Bild: Flüchtlinge (hier in Thessaloniki) müssen in Europa teilweise folteräh…
STRASSBURG dpa | Menschenunwürdige Behandlung in Straflagern in der
Ukraine, Misshandlung von Flüchtlingen in Griechenland oder Vertreibungen
in Russland: Der Kampf gegen folterähnliche Methoden in Europa durch
grausame Militärs und Polizisten ist noch lange nicht gewonnen. Experten
des Antifolterkomitees des Europarates (CPT) setzen auf ständigen Druck auf
die betroffenen Regierungen, um der Missstände Herr zu werden.
Seit 25 Jahren setzt sich das Komitee für die Einhaltung der Menschenrechte
in den 47 Europaratsländern ein. „Man muss natürlich unterscheiden zwischen
schwerer Folter wie Elektroschocks, brutalen Schlägen und Menschen
aufhängen und Misshandlungen“, sagte der CPT-Präsident Latif Hüseynov am
Montag.
Die Liste der Länder Europas, in denen nicht gefoltert werde, sei lang,
sagt der Jurist aus Aserbaidschan, „doch auch in Europa wird noch
gefoltert“. Namen will Hüseynov nicht nennen. „In einigen Ländern herrscht
die Einstellung, Kriminelle verdienten es, schlecht behandelt zu werden.
Wir sagen dagegen, Kriminellen wird die Freiheit entzogen, aber sie
behalten ihre Grundrechte.“ Hüseynov berichtet von unerträglich überfüllt…
Zellen, wo Häftlinge auf einfachen Laken am Boden schlafen, ohne frische
Luft und ohne Ausgang. „Sie sagten mir, sie würden behandelt wie Tiere“,
erzählt er sichtlich erschüttert.
Seit Gründung des CPT vor 25 Jahren werden in regelmäßigen Abständen die
Zustände überall dort kontrolliert, wo Menschen inhaftiert oder
festgehalten werden: In Gefängnissen, Polizeidienststellen und
psychiatrischen Kliniken, in jüngster Zeit auch zunehmend in
Flüchtlingslagern oder beim Rücktransport von Flüchtlingen per Flugzeug in
ihre Heimat.
## Polizisten auf Demos kennzeichnen
Was hat die Arbeit des CPT in den letzten 25 Jahren gebracht? Es gibt
Fortschritte, aber auch Rückschläge. „Am Anfang stehen immer materielle
Verbesserungen der Haftbedingungen“, sagt Hüseynov. Baufällige Gefängnisse
werden renoviert, prügelnde Polizisten diszipliniert und in Zentren, in
denen illegale Einwanderer festgehalten werden, wird die Versorgung der
Menschen verbessert. Doch es gibt auch Fälle, in denen die Einflussnahme
der Kommission nicht fruchtet. „In diesem Kampf darf man nicht nachlassen“,
sagt Hüseynov. Das CPT zögere nicht, massiven Druck auf Regierungen
auszuüben, bleibe jedoch diskret, was der wichtigste Grund für seinen
Erfolg sei.
Dem CPT auf europäischer Ebene entspricht auf staatlichem Niveau in
Deutschland die Nationale Stelle zur Verhütung von Folter mit Sitz in
Wiesbaden. Als wichtigste Aufgabe betrachtet Hartmut Seltmann, Mitglied der
Länderkommission, den Kampf gegen Straflosigkeit von Polizeibeamten. „Es
geht darum, persönliche Fehlverhalten aufzudecken und angemessen darauf zu
reagieren“, sagt er. So sollten beispielsweise bei Demonstrationen
Polizisten eine Nummer tragen, damit sie bei Klagen identifiziert werden
könnten. „Dies wäre ein Anfang.“
Was schwere Folter angeht, so sei ihm seit Schaffung der Nationalen Stelle
2008 noch kein einziger Fall bekannt geworden. „Es gibt Länder, da wird
Folter akzeptiert. Aber in Deutschland besteht keine Gefahr, die
Öffentlichkeit würde das nicht dulden.“
2 Mar 2015
## AUTOREN
Petra Klingbeil
## TAGS
Antifolterkomitee
Europarat
Europa
Folter
Gedöns
Flüchtlingshilfe
Fifty Shades of Grey
Südafrika
Waffenhandel
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