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# taz.de -- Die Wahrheit: Pornoschippen in der Bahn
> Innovative Ideen warten darauf, gefördert zu werden. Warum gibt es keine
> Zugabteile, in denen man endlich etwas mit der verfliegenden Zeit
> anfangen kann?
Eine Freundin hat neulich Kacheln als das neue Ding postuliert. Sie wolle
gemeinsam mit ein paar Kachelkumpels ein Kachelkollektiv gründen und sich
dann den ganzen Tag damit beschäftigen, Kacheln zu gestalten. Kinder,
Kirche, Kacheln sozusagen. Aber ist das wirklich eine gute Geschäftsidee?,
wandte ich ein, weil man seine Kacheln doch eigentlich nicht besonders oft
wechselt… Das hat man vom Tätowieren ebenfalls gedacht, schnappte sie. Und
schau dir an, wie viele florierende Tattooshops es gibt und wie viele neue
Stellen die Menschen ständig an sich entdecken, die man auch noch
tätowieren oder zumindest mal wieder anständig übertätowieren könnte.
Das leuchtete mir natürlich ein. Ich wäre ohnehin die Letzte, die neue
Geschäftsideen diffamiert, obwohl ich noch immer ein kleines bisschen
geknickt bin, weil die Gründerinnenförderung für meinen an
Mietshausfenstern zu befestigenden Ansteckbalkon auf sich warten lässt. Der
in mehreren Farben erhältliche Balkon aus Hartplaste bietet Raum für zwei
Stühle oder eine Tisch-Stuhl-Kombi mit Auslassungen für Grünzeug, Flaschen,
Aschenbecher.
Ähnlich dürftig gestalteten sich die Reaktionen von berufener Stelle auf
die schon des Öfteren öffentlich geäußerte Idee des „Mani- und
Pediküre-Abteils“ für die Deutsche Bahn, damit man lange Bahnfahrten
endlich mal für etwas nutzen kann, wozu man sonst nie kommt. „Entspannt
reisen – frisch pedikürt ankommen“ oder „Quer durchs Land mit manikürter
Hand“ oder „Deutsche Bahn – einfach schöne Füße“ wären mögliche
Werbeslogans für das intern etwas herablassend „Grube’s Nagelstudio“ (mit
laut ausgesprochenem Genitiv-Apostroph) genannte Fahrgeschäft.
Die Termine lassen sich selbstverständlich bereits im Voraus beim
Ticketkauf im Netz buchen. Auf dem Poster hält eine Modelhand mit Bahnlogos
auf den UV-Gel-Pornoschippen eine Bahncard oder einen Kaffeebecher. Und
einen immer ausgebuchten „Sparpreis Feilen“ gibt es selbstredend auch,
genau wie „1 x Gratis-Hornhauthobeln“ bei einer Verspätung von mindestens
60 Minuten. Für eine perspektivisch hornhautfreie Welt.
Wenn die blöde Bahn sich nicht bald meldet, verkaufe ich die Idee für gutes
Geld an Metronom oder die NordWestBahn. Denn: Je kleinstädtischer die
Bahnhöfe, desto größer die Nachfrage nach Nailart.
Meine schon etwas ältere Idee, die Herstellung von homöopathischem Zucker,
den ich ein bisschen rüttle und danach für Unsummen als pflanzliches
Medikament in Apotheken verkaufe, hatte tatsächlich schon so ein findiger
Schmock vor mir, wie ich schockiert feststellen musste. Aber
homöopathisches Salz für ein gesundes Frühstücksei ist noch frei. Ich werde
also demnächst in Bad Reichenhall vorstellig werden und fragen, ob neben
Folsäure und Jod noch ein Plätzchen für fantasievolle Potenzen ist. Und
auch wenn ich auf taube Ohren stoße: Die Alte Saline ist uns Asthmakranken
immer eine Reise wert, vielleicht fahr ich sogar mit der Bahn hin und lasse
mir dabei Tribals auf die Nägel malen.
5 Mar 2015
## AUTOREN
Jenni Zylka
## TAGS
Innovation
Deutsche Bahn
Verbrechen
Hedonismus
Beerdigung
Quizduell
Opium
Tierwelt
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