Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Kolumne Zumutung: Genderpolitisches Geilsein
> Potzblitz! Ein Vater arbeitet in Teilzeit, weil er sich um seine Kinder
> kümmern will.
Bild: Guck mal, ein Vater.
Mit dem „Spitzenvater des Jahres“ verhält es sich in etwa so wie mit dem
Männerstrip auf der Geburtstagsrunde, dessen unfreiwillige Zeugin man beim
abendlichen Kneipenbesuch wird. Man ist peinlich berührt und wünscht sich,
das halböffentliche Schauspiel möge bitte zügig ein gnädiges Ende finden.
Also ohne dass anwesende Frauen „Mädels“ genannt und genötigt werden, ein…
höhensonnenverbrannten Waschbrettbauch über einem Glitzerschlüppi zu
streicheln und dann auch noch loben zu müssen.
In etwa so peinlich also, nämlich superpeinlich, ist der „Spitzenvater des
Jahres“. Verliehen bekommen hat diesen Titel gerade ein Berliner, der - und
jetzt alle mal gut festhalten - „mit Rücksicht auf seine Lebensgefährtin
nur Teilzeit arbeitet“. Potzblitz. Das ist natürlich eine Leistung.
Ein Mann von 36 Jahren verzichtet auf einen Teil seines Einkommens, um mehr
Zeit für die gemeinsamen Kinder zu haben? Das ist ja ungefähr so
beeindruckend, wie Kinder zu gebären, deren Alltag zu managen,
Elternsprecherin zu werden oder ... ach ja, in Teilzeit zu gehen und später
weniger Rente zu bekommen. Das machen nämlich aktuell sieben von zehn
berufstätige Mütter. Und gratis zu ihrem reduzierten Einkommen bekommen sie
noch ein paar wertvolle Ratschläge, wie sie wieder rauskommen aus dieser
unterdrückerischen „Teilzeitfalle“.
Unser „Spitzenvater“ hingegen: Ein Ausnahmeheld. Hat Kinder, kümmert sich
um sie, macht Schulelternarbeit, geht in Teilzeit ... und kriegt dafür
5.000 Euro Preisgeld. Geschenkt. Wegen genderpolitischen Geilseins.
Das Preisgeld erhält er übrigens nicht von, sagen wir, Familienministerin
Schwesig, die sich sonst immer so schön freut, wenn Väter in Elternzeit
gehen. Die 5.000 Öcken kommen von einer Großbäckerei, deren
Geschäftsführerin samt Firmenlogo bei der Preisverleihung optisch eine sehr
zentrale Rolle gespielt hat.
## Eine Familienpackung Rosinenbrötchen
Man kann und soll sich das genauer auf der Firmenwebsite anschauen. Zum
Dank für soviel unternehmerische Uneigennützigkeit war Manuela Schwesig
persönlich Schirmherrin dieser PR-Sause. Und wer weiß, vielleicht hat die
Ministerin zum Dank eine Familienpackung Rosinenbrötchen ins Büro geschickt
bekommen. So mag ich das.
Der 8. März als günstiger Promotermin für Aufbackbrötchen und
Tiefkühl-Torten, sozial aufgehübscht durch einen „Spitzenvater“, dem
öffentlich und auf Knien zu danken ist, dass er sich um seine Kinder
kümmert. Wie wäre es, wenn demnächst alles, was selbstverständlich ist, mit
Hilfe von Politik und mittelständischer Industrie weggefeiert würde?
Mir persönlich käme ein Spitzenschläfer-Preis sehr zupass. Oder irgendwas
Abgefahrenes fürs Zähneputzen. Und mal ehrlich, dass ich regelmäßig meine
Fahrradreifen aufpumpe – könnte da Bundesverkehrsminister Dobrindt nicht
mal ein Grußwort sprechen? Verdient hätte ich es. Schließlich fahre ich
jeden Tag Rad.
10 Mar 2015
## AUTOREN
Anja Maier
## TAGS
Emanzipation
Kinder
Teilzeitbeschäftigung
Teilzeit
Kinder
Familie
Tumblr
Männer
Masern
## ARTIKEL ZUM THEMA
Kolumne Zumutung: Mach das weg!
Muss man wirklich Kinder und die nervigen Auswüchse ihrer Menschwerdung
ertragen? Na, raten Sie mal!
Babyboom bei den Grünen im Bundestag: „Eine großartige Herausforderung“
Angesichts von 11 Kindern in der Fraktion denkt Katrin Göring-Eckardt über
die Vereinbarkeit von Familie und Beruf nach. Ihre Ideen: Zeitkonten und
Sabatical.
Kolumne Darum: „Ick bün al dor!“
Eher gründet die CSU eine digitale Niederlassung im Darknet als dass meine
Mutter mikrobloggt, dachte ich. Und lag damit falsch.
Neulich in der Tussy Lounge: „Kinder sind ein Lifestyle-Accessoire“
Die taz.am wochenende zum Frauentag: Ein langes Gespräch über Frauen und
Fiktionen. Mit Nachdenken über „Mütter“ fängt es an.
Eltern in Sorge vor Masern: Rückzug ins Private
Für Säuglinge sind Masern besonders gefährlich. Aus Angst vor einer
Ansteckung sagen Eltern Treffen und Kurse ab. Kinderärzte empfehlen, Babys
zu Hause zu betreuen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.