# taz.de -- Kommentar Globale Konflikte: Jenseits der Friedensbewegung | |
> Die traditionelle Friedensbewegung hat ihr Weltbild zu selten | |
> aktualisiert. Wer sich in dem Feld engagiert, kann sie getrost | |
> entschlafen lassen. | |
Bild: Das waren noch Zeiten für die Friedensbewegung. Ostermarsch in der Nähe… | |
Die meisten Kriege finden weit weg in Afrika statt. Dennoch verstärkt sich | |
in Deutschland das Gefühl, dass das Leben erheblich unsicherer geworden | |
ist. Das hat mit einem neuen Krieg in nächster Nähe, nämlich in der | |
Ukraine, zu tun. Und mit den Millionen Menschen, die aus ihren Ländern | |
flüchten müssen. | |
Noch nie, so die Vereinten Nationen, gab es so viele Vertriebene. Und | |
selten war die UNO so ratlos, wie sie angesichts eines von China oder | |
Russland und gelegentlich auch den USA blockierten Sicherheitsrates auch | |
nur etwas mehr Frieden in die Welt bringen könnte. Sind das nicht [1][beste | |
Voraussetzungen für eine neue Friedensbewegung]? | |
Offenbar nicht. Die unter dem Label [2][„Friedenswinter“ versuchte | |
Wiederbelebung] ist kläglich gescheitert, [3][ihre Mahnwachen wurde | |
spielend von rechts unterwandert]. Man muss kein Nostalgiker sein, um zu | |
finden, dass die Bewegungen gegen die Stationierung US-amerikanischer | |
Raketen oder den Irakkrieg diese schlecht informierten Enkel nicht verdient | |
haben. Und trotzdem eine gewisse Verantwortung für sie tragen. | |
Denn auch die zurechnungsfähigen Friedensbewegten, die heute in | |
Friedensforschungsinstituten, in der Linkspartei oder bei den Grünen | |
arbeiten, haben ihr Weltbild zu selten aktualisiert. Manche verdrängen | |
beharrlich, dass das heutige Russland mit der Sowjetunion so wenig zu tun | |
hat wie die USA mit den einstigen Deutschlanderziehern unter Truman und | |
Eisenhower. | |
Andere sind immer noch nicht in der multipolaren Welt angekommen; wieder | |
andere haben die [4][Arabellion] glatt verpasst und die Strukturmerkmale | |
der Postdemokratie nicht durchdrungen. Genau deshalb erscheint ihnen die | |
vertraute Schablone des Kalten Krieges so attraktiv. | |
Doch wie an den Debatten über die Ukraine prima zu sehen ist: | |
Populistischer Historismus ist keine Lösung. Eine auf die Verteidigung von | |
Menschenrechten basierte Flüchtlingspolitik indessen erlaubt Orientierung | |
auf der Höhe der Zeit. Denn sie verbindet internationale Politik mit | |
nationalen und lokalen Belangen, politische Theorie mit praktischem | |
Engagement vor der Haustür, eine auf Friedenssicherung ausgerichtete | |
Entwicklungspolitik mit einer zeitgemäßen Migrationspolitik. | |
Wer sich in diesem Feld engagiert, kann die traditionelle Friedensbewegung | |
getrost entschlafen lassen. Denn die braucht wirklich kein Mensch. | |
13 Mar 2015 | |
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## AUTOREN | |
Ines Kappert | |
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