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# taz.de -- Varoufakis bei Jauch und in Zagreb: Kontext? Bitteschön!
> Zuletzt wurde viel über Varoufakis' Stinkefinger-Geste gestritten. Unser
> Autor war auf der Konferenz, auf der das gefilmt wurde. Eine Erinnerung.
Bild: Ort der Verwirrung: TV-Talk bei Günther Jauch.
BERLIN taz | Im kleinen Saal des Zagreber Kinos Europa herrscht am
Nachmittag des 15. Mai 2013 Wohnzimmeratmosphäre. Seinen großen Auftritt
vor den Gästen des Subversiv-Festivals – mit 20.000 Besuchern das größte
und wohl auch wichtigste Treffen der neuen Linken in Kroatien, wenn nicht
auf dem Balkan – hatte der griechische Wirtschaftswissenschaftler Yanis
Varoufakis bereits am Abend zuvor bravourös hinter sich gebracht.
Jetzt soll der Mann, der sich in seinem Heimatland im Linksbündnis Syriza
engagiert, vor kleinerem, spezialisiertem Publikum sein Buch „Der globale
Minotaurus: Amerika und die Zukunft der Weltwirtschaft“ vorstellen.
Dabei macht Varoufakis klar, dass er total gegen die Einführung des Euro in
Griechenland war – aber einen Austritt seines Landes aus der
Gemeinschaftswährung nun genauso total ablehnt. „Wenn der Euro scheitert“,
so Varoufakis, „dann rutschen wir alle in eine postmoderne Wiederholung der
1930er Jahre.“
Konkret drohe Deutschland eine massive Depression und dem Rest Europas die
Stagnation – eine Krisensituation, die weltweit katastrophale Folgen hätte
und die Fortschritte im Kampf gegen die Armut, etwa in Brasilien, innerhalb
kürzester Zeit zunichte machen würde.
Die Politik der drei griechischen Regierungen seit Beginn der Schuldenkrise
ist für Varoufakis „ein Verbrechen gegen die Menschheit“. Sein Vorschlag
sei damals im Januar 2010 gewesen, dem Vorbild Argentiniens von 2002 zu
folgen und den Staatsbankrott zu erklären, statt den Forderungen der
Gläubiger Folge zu leisten – „und Deutschland den Finger zeigen und zu
sagen: Jetzt kannst du das Problem selbst lösen.“
Gleichzeitig habe er einen Austritt aus dem Euro nie für einen gangbaren
Weg gehalten – den der wäre „das perfekte System, um alle Werte zu
liquidieren bzw. zum Verlassen des Landes zu bringen – es sei denn, man
stellt bewaffnete Wächter an der Grenze auf, um die Leute daran zu hindern,
ihr Geld mitzunehmen.“
Abgesehen davon, dass das den Austritt Griechenlands aus der EU bedeuten
würde, unterscheide sich Argentinien in zwei entscheidenden Punkten von
Griechenland: Buenos Aires habe es sich leisten können, dem Internationalen
Währungsfonds den Finger zu zeigen, weil das Land eine eigene Währung habe
– und Dinge produziere, für die es auf dem Weltmarkt Kundschaft gibt. Athen
nicht.
Insofern muss man dem Subversiv-Organisator Srecko Horvat recht geben:
Varoufakis Geste, wie sie bei dem Jauch-Talk dargestellt war, „wurde aus
dem Zusammenhang gerissen und absichtlich so interpretiert, als hätte sich
der griechische Finanzminister gegen die Rückzahlung der Schulden an
Deutschland ausgesprochen und Deutschland den Finger gezeigt“.
17 Mar 2015
## AUTOREN
Rüdiger Rossig
## TAGS
Zagreb
Konferenz
Günther Jauch
Yanis Varoufakis
Europa
Schwerpunkt Angela Merkel
Schwerpunkt Finanzkrise
Satire
Jan Böhmermann
Eurozone
Yanis Varoufakis
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