| # taz.de -- Kolumne Press-Schlag: Der Fußball ist unmoralisch | |
| > Die Fifa hat sich bei der WM-Vergabe an Katar das Schweigen der | |
| > Spitzenklubs nicht erkauft. Die Vereine vertreten nur ihre ökonomischen | |
| > Interessen. | |
| Bild: Zwei Granden des Weltfußballs: Fifa-Chef Blatter (l.) und ECA-Chef Rumme… | |
| Das Schöne am Fußball ist ja, dass der Schurke aussieht wie der Schurke. | |
| Oder würden Sie Sepp Blatter einen Gebrauchtwagen abkaufen? Nun hat die | |
| Fifa mit den reichsten Klubs des europäischen Ligafußballs ein Agreement | |
| geschlossen: Jeweils 195 Millionen Euro erhalten die 2018 und 2022 dafür, | |
| dass ihre Stars bei der WM antreten. | |
| Weil in der Vorstellung des Weltfußballs als schmieriges Seppl-Theater | |
| alles so einfach aussieht, sind die Kommentare zu dem Deal auch so leicht | |
| abrufbar: Vom „Schweigegeld“ ist die Rede; der Weltfußballverband habe sich | |
| die Zustimmung der europäischen Vereine mit einer „immensen | |
| Entschädigungszahlung“ erkauft, heißt es von FAZ bis SZ. Entschädigung für | |
| die Einnahmeausfälle im November und Dezember, Schweigegeld wegen der | |
| Zustände auf katarischen Baustellen, der Lage Homosexueller in Katar und | |
| Russland oder dem Ukrainekonflikt. | |
| Als wären Real Madrid, Manchester City, Bayern München oder Juventus Turin | |
| in irgendeiner Weise moralische Anstalten, die sich der Verbesserung der | |
| Welt verschrieben hätten! Dabei dürfte schon der Blick auf die Zahlen | |
| zeigen, dass hier keine Riesensummen zur Beschwichtung eigentlich guter, | |
| aber leider käuflicher Sportvereine auf den Tisch gelegt werden. | |
| 195 Millionen Euro werden aufgeteilt unter den Klubs, die Spieler zur WM | |
| abstellen. Da dürfte für jeden dieser kickenden Weltkonzerne eine Summe im | |
| einstelligen Millionenbereich drin sein. Das soll die behauptete | |
| „Entschädigung“ für die Einnahmeverluste sein? Damit sollen Klubs, die – | |
| wie Bayern München – einen Jahresumsatz von über 500 Millionen Euro haben, | |
| ruhiggestellt werden? | |
| ## Bloß dreifache Peanuts | |
| Um so etwas ernsthaft zu behaupten, muss man schon an das Gute im | |
| Rummenigge glauben. Der ist nämlich Vorsitzender der ECA, der European | |
| Clubs Association, die sich früher noch etwas ehrlicher und an ökonomische | |
| Machtverhältnisse angelehnt G-14 nannte. Bei der WM 2014 hatte die Fifa den | |
| Spitzenclubs noch insgesamt 70 Millionen Euro für das Abstellen ihrer Stars | |
| gezahlt, nun sind es bloß dreifache Peanuts. So etwas sollte man nicht | |
| „immense Summe“ nennen. | |
| Vielmehr profitieren die Klubs der ECA vom WM-Gesamtpaket. Eine WM, | |
| unabhängig von der Jahreszeit, in der sie ausgetragen wird, lässt die | |
| Summen, die die Ligen für ihre TV-Rechte kassieren, nach oben schnellen. | |
| Zudem haben Rummenigge und seine ECA nun weitgehende Mitspracherechte bei | |
| allen Terminen des Weltfußballs. | |
| Die Vorstellung, die Fußballkonzerne, die die europäische Champions League | |
| beherrschen, seien an der Verbesserung der Lebensbedingungen von Menschen | |
| interessiert, basiert auf der Illusion, das seien noch so etwas wie | |
| Sportvereine, dem Gemeinwohl verpflichtet. Die Wahrheit aber lautet: Da | |
| haben sich zwei Konkurrenten auf dem Fußballmarkt, die Fifa und die ECA, | |
| auf einen für beide nützlichen Kompromiss geeinigt. | |
| 23 Mar 2015 | |
| ## AUTOREN | |
| Martin Krauss | |
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