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# taz.de -- Kolumne Press-Schlag: Geht heulen, ihr Bayern!
> Der FC Bayern gewinnt zum 25. Mal die Schale und versetzt München in –
> Agonie. Hallo? Freut sich da vielleicht mal jemand?
Bild: Mimimimimi, rotzrotz. Bastian Schweinsteiger
Meister also. Ein bisschen peinlich war das den Münchnern schon. Also den
Menschen, die in dieser Stadt leben, nicht den Kickern. Die haben keine
Zeit, müssen schon wieder an Klopp und Aubameyang denken. An Messi und
Neymar. Danach an CR7 und Bale. Und an Weltpokal, Super-Cup, Audi-Cup,
Paulaner-Cup, Bade-Kapp und die nächste EM oder WM. Wenn man da
zwischendrin mal wieder deutscher Meister wird, nimmt man das halt so mit,
jedoch ohne vor Erregung und Ergriffenheit gleich rote Wangen zu bekommen.
Bastian Schweinsteiger ist jetzt acht Mal deutscher Meister, wie Oli Kahn
und Mehmet Scholl. Er schoss auch das entscheidende 1:0 gegen die Hertha,
aber wilde Weißbiergelage waren von den Bayern-Profis nicht zu erwarten. Da
ist denen gar kein Vorwurf zu machen.
Genauso wenig wie den Münchnern. Als Gladbach Wolfsburg besiegt hatte und
der 25. Titel fix war, machte ein TV-Team auf der Leopoldstraße, der
amtlichen Fußballfeiermeile der Stadt, exakt fünf Bayern-Fans ausfindig,
die Humba Humba Tätärä in die Kamera brüllten. Nicht auszuschließen, dass
die jungen Leute vorab mit was auch immer gefügig gemacht wurden. Aber sie
waren jung, und der Sender brauchte halt die Bilder. Und sonst? Gepflegte
Sonntagabend-Wir-gucken-Tatort-Stimmung.
Wenn der FC Bayern deutscher Meister wird, löst das in München wenig bis
nichts aus. Selbst wenn es ein Jubiläum ist: eine schön runde Zahl wie 25,
was ausgerechnet Franz Beckenbauer in einen Zusammenhang mit der
Silberhochzeit brachte. In Wolfsburg, Gladbach, Schalke und all den anderen
Nicht-Meister-Städten würde man aus dem Feiern gar nicht mehr rauskommen.
Nicht in München, dieser verdammten Sieger-Stadt. Erstaunlich, dass
Loser-Klubs wie 1860 und Unterhaching überhaupt in der Stadt geduldet
werden.
## Charme einer alten Brezn
Meisterschaften, die lange vor dem letzten Spieltag entschieden sind,
versprühen den Charme einer Brezn, die man zu lang liegen gelassen hat. Die
letzten Titel holte Bayern mit 25 respektive 19 Punkten Vorsprung, nun sind
es auch schon wieder 15 Punkte. Wie soll man da mitzittern, Daumen drücken,
auch mal schlecht schlafen vor einem Spiel? Eben: gar nicht. Deshalb ist
die Atmosphäre in der Allianz Arena oft so grausam blutleer. Wären da nicht
die paar aufrechten Krakeeler in der Südkurve, man könnte fast die berühmte
Stecknadel fallen hören.
Wie anders war da die Stimmung vor dem Rückspiel gegen Porto! Endlich war’s
mal eng, stand der Erfolg nicht schon fest, drohte gar – oh weh! – ein
Scheitern. So was kennt der Bayern-Fan ja gar nicht mehr, abgesehen von
diesem Ausrutscher gegen Chelsea und dieser merkwürdigen gelb-schwarzen
Phase. Jeder Münchner weiß noch, wo er 1999 das Last-Minute-Desaster gegen
ManU erlitten hat, aber der Champions-League-Sieg gegen Dortmund? Hm. Oder
die 23.Meisterschaft mit den 91 Rekordpunkten? Keine Ahnung.
Auch 2015 gibt’s wieder Rekorde: 21 Mal zu null gespielt, nur 13 Gegentore
in 30 Spielen. Wie nett. Doch seit ein paar Jahren ist die Liga den Bayern
nur mehr der Platz, wo Rekonvaleszenten Spielpraxis sammeln können – für
die Königsklasse. Schade für die Schale. Sie hätte mal wieder einen Träger
verdient, der sich auch über sie freut, sie fest in den Arm nimmt und nicht
bloß neben Henkelpott und DFB-Pokal abstellt.
27 Apr 2015
## AUTOREN
Thomas Becker
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