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# taz.de -- Diskriminierung beim Ausländeramt: AK Asyl muss draußen bleiben
> Die Göttinger Ausländerbehörde verweigert Flüchtlingen das Recht, bei
> einem Termin einen Beistand und Dolmetscher des AK Asyl mitzubringen.
Bild: Nicht jeder Flüchtling ist der deutschen Sprache mächtig: Schild auf De…
HAMBURG taz | Das deutsche Verwaltungsverfahrensgesetz sieht es
ausdrücklich vor. Und in der Regel sind Sachbearbeiter einer Behörde froh,
wenn Flüchtlinge ohne gute Deutschkenntnisse einen Beistand und sogar eine
Dolmetscherin zum Behördentermin mitbringen. Die Leitung der Göttinger
Ausländerbehörde sieht das offenkundig anders: Als Asylbewerber Okono John*
am Montag einer Vorladung der Ausländerbehörde Folge leistete, schickte der
Sachbearbeiter Johns Beistand und die Dolmetscherin wieder vor die Tür.
Begründung: Sie seien Aktivisten des Arbeitskreises (AK) Asyl in Göttingen.
Nun beschäftigt der Vorgang das Verwaltungsgericht Göttingen.
Der 26-jährige Okono John ist aus der Elfenbeinküste geflohen und lebt in
Göttingen. Aktuell prüft das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge seinen
Antrag auf Asyl. Für Montag hatte ihn die Göttinger Ausländerbehörde
vorgeladen. Dort erschien er in Begleitung einer Dolmetscherin für
Französisch und mit einem Mitglied des AK Asyl.
In der Vergangenheit hatte es immer wieder Kritik des AK Asyl an der Stadt
Göttingen gegeben, dass es aus Mangel an Dolmetschern bei der Verlängerung
der Duldungen zu Verspätungen gekommen sei, weil wichtige behördliche
Informationen weiterhin ausschließlich auf Deutsch kundgetan wurden.
Deshalb sind die Mitglieder des AK Asyl dazu übergegangen, Flüchtlinge bei
der Verlängerung ihrer Duldung zu begleiten. „Der Konflikt hat sich dann
eine Zeit lang aufgebauscht“, sagt ein Sprecher des AK Asyl. Als Ende
Februar gleich mehrere Flüchtlinge sich ihre Duldungs-Verlängerung in
Begleitung abholen wollten, wurden der Zutritt verwehrt.
„Wir wurden weggeschickt und die Duldungen der Betroffen auf dem Flur
einfach eingesammelt und ihnen gesagt, sie sollen einen Termin ausmachen“,
sagt der AK Asyl-Sprecher. Falls sie von der Polizei ohne Duldungspapiere
aufgriffen würden, so der Hinweis an die Flüchtlinge, solle die Polizei in
der Ausländerbehörde anrufen.
Diese Praxis setzte sich in den vergangenen Wochen fort. Lediglich in
Einzelfällen wurde ein Dolmetscher zugelassen. Anfangs wurde das
Zutrittsverbot verklausuliert mit Sicherheitsbedenken begründet. „Das ist
natürlich Quatsch, die haben einen eigenen Sicherheitsdienst im Haus“, sagt
der AK Asyl-Sprecher. Vielmehr habe sich die Behörde geärgert, dass
Informationen an die Öffentlichkeit gelangten oder Ressentiments, wie: „wer
nicht deutsch kann, hat eben Pech gehabt“, bekannt wurden. Zuletzt wurde
offen eingeräumt, dass man Mitglieder des AK Asyl nicht mehr dulde. Einer
Dolmetscherin sei dem AK Asyl zugeordnet worden, nur weil sie nachgefragt
habe.
„Mit dem Konflikt zwischen dem AK Asyl und der Ausländerbehörde der Stadt
Göttingen um den Umgang mit geflüchteten Menschen muss sich nun das
Verwaltungsgericht Göttingen beschäftigen“, sagt der Göttinger Anwalt Sven
Adam, der Dienstag für Okono John Klage eingereicht hat.
Der auch in Niedersachsen anwendbare Paragraf 14 des
Verwaltungsverfahrensgesetzes erlaube es, zu den Terminen bei Behörden
einen Beistand mitzunehmen, sagt Adam. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass
diese Regelung bei der Stadt unbekannt ist.“ Es könne zwar tatsächlich
Gründe geben, konkrete Personen als Beistände abzulehnen. „Kritik an der
Behörde oder die Mitgliedschaft in einem Arbeitskreis gehören aber nicht
dazu“, sagt Adam.
Der Stadt Göttingen ist die Klage zwar noch nicht bekannt, gibt aber den
Schwarzen Peter schon jetzt zurück. Es habe in der Vergangenheit mehrfach
unerfreuliche Erfahrungen gegeben, wenn der AK Asyl mit mehreren
Mitgliedern einen Klienten begleiten und sich dabei mit massivem
Körpereinsatz Zugang zu Büros verschaffen wollte, sagt Göttingens
Pressesprecher Detlef Johannson. „Das können und werden wir im Interesse
unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht zulassen.“
Es gebe von der Stadt ein Gesprächsangebot, wie eine „angemessene
Begleitung“ von Flüchtlingen durch den AK Asyl aussehen könnte. „Es gibt
überhaupt keine Bedenken, wenn sich Klienten unserer Ausländerbehörde durch
Personen ihres Vertrauens begleiten lassen“, beteuert Stadtsprecher
Johannson „Im Gegenteil: Das hilft uns bei unserer Arbeit.“
*Name geändert
24 Mar 2015
## AUTOREN
Kai von Appen
## TAGS
Dolmetscher
Göttingen
Ausländerbehörde
Göttingen
Schwerpunkt Rassismus
Flüchtlingspolitik
Flüchtlinge
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