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# taz.de -- McDonald‘s serviert am Platz: Plötzlich doch für Service
> McDonald‘s möchte ein richtiges Restaurant werden und am Platz bedienen.
> Damit verliert der Pommesrüttler den letzten Vorteil gegenüber anderen.
Bild: Als Schnellimbiss berühmt geworden, macht McDonald‘s jetzt auf Restaur…
BERLIN taz | Bei McDonald‘s soll es künftig zugehen wie in einem echten
Restaurant. Früher, als der Konzern noch ehrlich zu sich war, wollte er
genau das nicht sein. Sondern vielmehr das Gegenteil von den normalen
Läden, in denen ganz bürgerlich bedient wurde. In ein Restaurant gehen,
sich setzen, bestellen, warten, essen, zahlen, womöglich noch Höflichkeiten
austauschen und Trinkgeld geben? Viel zu aufwändig! Dafür hatte und hat ja
kein Mensch mehr Zeit. Das war die Nische, in der McDonald‘s sich breit
machte. Eine Nische breit genug für ein Fastfood-Imperium.
Doch was früher cool und für McDonald‘s richtig war, ist jetzt offenbar zu
konventionell. Der Pommesrüttler und Burgerwender hat seit zwei Jahren in
Deutschland mit Umsatzrückgängen zu kämpfen. Besonders bei jungen Leuten
hat die Marke verloren. Service, den McDonald‘s einst mit viel Erfolg als
antiquiert desavouiert hat, soll nun der Weg aus der Krise sein.
An den wichtigsten Standorten wird McDonald‘s daher einen Tischservice
anbieten, sagte Deutschland-Geschäftsführer Holger Beeck der Frankfurter
Allgemeinen Zeitung. Bisher gibt es die Bedienung am Platz erst in einigen
hundert Filialen in Frankreich. Auch in der Schweiz ist ein solcher Schritt
angekündigt. Bestellt und bezahlt wird an zentralen Stationen, das Essen
wird dann zum jeweiligen Tisch gebracht.
Die schickere Variante der Essensausgabe soll zunächst nur für neu zu
eröffnende Restaurants gelten, in Deutschland sind dies nach bisherigen
Planungen acht im laufenden Jahr. Ab Mitte 2016 sollen auch viele der knapp
1.400 bestehenden Filialen umgestaltet werden.
Doch verliert McDonald‘s damit nicht genau den einen Vorteil, den es
gegenüber anderen Restaurants besitzt? Dass die Schwelle, sich etwas zu
holen, hier so verdammt niedrig ist. McDonald‘s lebt doch von den
Gehetzten: Schnell am Bahnhof hineinspringen, genau wissen, was man
bekommt, weil es das Gleiche ist wie in den letzten 20 Jahren, anonym
bleiben, keine Überraschung erleben, und schließlich doch noch den Zug
erwischen. Darüber hinaus fühlt es sich nirgends so normal an, etwas zu
essen – auch wenn man ganz allein ist. Keiner glaubt, dass man keine
Freunde habe, nur weil man einsam bei McDonald‘s an seinen Pommes
herummümmelt. Hier sind (noch) alle gleich.
## Die Anonymität wird dahin sein
Nun aber möchte McDonald‘s den Service „schneller und effizienter“
gestalten – dazu gehört eben jene Bedienung am Tisch. Die wird für viele
aber vermutlich auch die Hürde erhöhen, zu McDonald‘s zu gehen. Denn die
Anonymität wird dahin sein, der Besuch beim Burger-Brater formeller. Doch
die McDonald‘s-Verantwortlichen wähnen sich mit ihrer Service-Offensive auf
dem richtigen Weg. „Wir müssen wieder zeitgemäßer werden“, sagt Beeck.
Zeitgemäß war es früher, sich schon morgens vor der Schule oder in
Freistunden einen Burger reinzuziehen. Schöner Nebeneffekt: Es hat die
Lehrer wahnsinnig gemacht, wenn es in der Klasse nach zusammengeschmissener
Hühnerpampe duftete.
Doch es ändert sich etwas: Neulich, in einem Fernbus auf dem Weg gen
Nordrhein-Westfalen, fühlte sich der Busfahrer berufen, seine Gäste an die
guten alten Zeiten zu erinnern. Schon Stunden vor dem Eintreffen an einem
Rasthof in Porta Westfalica um 2 Uhr in der Früh verkündete er hörbar
erfreut, man habe dort die Möglichkeit, direkt vor McDonald‘s Halt zu
machen. Die erhofften Begeisterungsrufe blieben aus. Zu McDonald‘s gingen
Stunden später dann doch alle. Aber nur aufs Klo.
Die Marke McDonald‘s zieht einfach nicht mehr so wie früher. In den USA
finden Ketten wie Chipotle und Shake Shack mit ihren teureren, dafür
hochwertigeren Speisen großen Zuspruch. Und vielleicht liegt die Krise von
McDonald‘s ja eher darin begründet, dass nicht mehr so viele Menschen
zusammengeschmissene Hühnerpampe essen möchten wie früher. Weder unterwegs,
noch zu Tisch. Daran etwas zu ändern, wäre wohl zeitgemäßer.
31 Mar 2015
## AUTOREN
Hanna Voß
## TAGS
Service
Fastfood
Bürger
McDonald's
Fast Food
Anschlag
Schwerpunkt Gentechnik
Kochen
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