# taz.de -- Kannibalismus-Prozess in Dresden: Der Schlachter vom LKA | |
> Das Dresdener Landgericht verurteilt einen 57-Jährigen zu achteinhalb | |
> Jahren Haft. Sein Opfer wollte getötet und aufgegessen werden. | |
Bild: Detlev G. wird von Mitarbeitern der Justiz zur Urteilsverkündung in den … | |
DRESDEN taz | Detlev G. wird wegen Mordes verurteilt und lächelt. In rosa | |
Hemd und Jeans sitzt er auf der Anklagebank vor dem Landgericht Dresden. Er | |
winkt ins Publikum, nickt den Fotografen zu. Immer wieder tuschelt er mit | |
seinem Anwalt. Die zwei lachen – wohl über die Ausführungen der Richterin. | |
Diese verurteilt G. zu acht Jahren und sechs Monaten Haft wegen Mordes und | |
Störung der Totenruhe und schildert noch einmal das Verbrechen, das in ganz | |
Deutschland für Entsetzen gesorgt hat. | |
Der 57-jährige LKA-Beamte Detlev G. und sein Opfer Wojciech S. lernten sich | |
auf der selbst ernannten „Nr. 1-Seite für exotisches Fleisch“ im Internet | |
kennen. S. war von dem Wunsch besessen, getötet, geschlachtet und gegessen | |
zu werden. Detlev G. wollte ihm diesen erfüllen. | |
Am 4. November 2013 holte er ihn vom Bahnhof von Gimmlitztal im Allgäu ab. | |
Im Keller seiner Pension, die er zu einem SM-Studio mit Sklavenkäfig und | |
Pranger ausgebaut hatte, soll er ihn erhängt haben. Ein Video, das G. | |
anfertigte, zeigt S., wie er mit gebeugten Knien in der Schlinge hängt. G. | |
zersägte die Leiche in kleine Teile, den Kopf kochte er und vergrub die | |
Leichenteile im Garten. Wie S. zu Tode gekommen ist, ist die Schlüsselfrage | |
des Verfahrens. | |
In einem ersten Geständnis sagte G., er habe S. die Kehle durchgeschnitten, | |
später behauptete, er, den Folterkeller verlassen zu haben, damit sich S. | |
selbst erhängen könnte. Er hätte sich immer befreien können. Das Gericht | |
glaubt nicht an Selbstmord. Ein Experte hatte demonstriert, dass Seillänge | |
und Höhe des Raumes es unmöglich machten, dass S. „auch nur mit den | |
Zehenspitzen Bodenkontakt gehabt haben könnte“, sagt die Richterin. | |
## Die Kamera lief nicht zum Todeszeitpunkt | |
Außerdem hätte sich G. wohl rechtlich abgesichert, wenn es sich um | |
Selbstmord gehandelt hätte, und die Kamera nicht erst nach Todeseintritt | |
angestellt. Dass S., der schon als Kind davon träumte, auf einem Opferaltar | |
zu sterben, von seinem Wunsch abgelassen habe, sei äußerst | |
unwahrscheinlich. Selbst in den dunkelsten Zeiten seines Lebens sei er nie | |
suizidgefährdet gewesen. | |
G. dagegen sei immer gewillt gewesen, S. zu töten. Schon einmal hatte er | |
einen Todessehnsüchtigen getroffen, der sich einen Spieß vom Anus aus durch | |
den Körper bohren lassen und über dem Feuer gegrillt werden wollte. Er lag | |
schon mit Öl und Gewürzen mariniert und in Alufolie eingewickelt auf der | |
Rückbank von G.s Wagen auf dem Weg in den Folterkeller. G. sagte dann aber, | |
er wolle ihn nicht töten, weil er noch zu jung sei. Auf die Frage, ob er | |
sich auch selbst töten würde, antwortete das als Zeuge geladene Opfer, das | |
könne er nicht mit seinem Glauben vereinbaren. Aufspießen und grillen | |
lassen sei dagegen mit dem Glauben vereinbar gewesen. | |
Die Richterin nahm G. auch nicht ab, dass ihn das Schlachten nicht sexuell | |
erregt hätte. Das Mordmerkmal der „Befriedigung des Geschlechtstriebes“ ist | |
für sie gegeben. Sie schildert 16 grausame Minuten des Videos, in dem sich | |
G. „nicht nur mit Routine, sondern mit Akribie und Hingabe der Präparation | |
des Hodens und des Penis zugewandt“ habe. Er habe die Geschlechtsteile auf | |
einem silbernen Tablett drapiert, griff sich selbst bei der Schlachtung mit | |
blutigen Händen an sein Geschlechtsteil. | |
## Die Hoden wurden nie gefunden | |
Dass G. die Hoden der Leiche auch „probiert“ habe, sei „nicht in letzter | |
Sicherheit nachweisbar“. Einige Aussagen von ihm sprechen aber dafür. „Dein | |
Fleisch wird mir schmecken“, zitiert ihn die Richterin. Außerdem wurden | |
Penis und ein Hoden nie gefunden. Doch selbst wenn kein Kannibalismus | |
vorliege, sei das „Schlachten, Ausweiden eines getöteten Menschen vor | |
laufender Kamera eine grob ungehörige Handlung“ und damit Störung der | |
Totenruhe. | |
G. allerdings zu lebenslanger Haft zu verurteilen wie bei Mord üblich, | |
hielt das Gericht für „unverhältnismäßig“. Sein Opfer wollte unbedingt | |
getötet, geschlachtet und gegessen werden. Diese Konstellation käme einer | |
„Tötung auf Verlangen“ sehr nahe. Außerdem zeige G. Reue. Nachdem er fast | |
vier Stunden lang die Leichenteile zerstückelte, sagte er im Video: „Dass | |
ich mal so tief sinke, hätte ich nicht gedacht.“ | |
Besonders reumütig gab sich G. aber nach seinem Urteil nicht. Er lächelte | |
weiter. Sein Anwalt will wohl Revision einlegen. | |
1 Apr 2015 | |
## AUTOREN | |
Lisa Schnell | |
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