Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Gefahrengebiete verfassungswidrig?: Polizeirecht auf dem Prüfstand
> Das Hamburgische Oberverwaltungsgericht verhandelt über die Befugnisse
> der Polizei, in großen Gebieten die Grundrechte einzuschränken.
Bild: Widerspruch gegen den Ausnahmezustand: Protest von Gefahrengebiets-Anwohn…
HAMBURG taz | Es geht um nicht weniger als das Grundgesetz: Wenn am
morgigen Donnerstag das Hamburgische Oberverwaltungsgericht (OVG) über
verdachtsunabhängige Personenkontrollen in Gefahrengebieten verhandelt,
stehen grundsätzliche Fragen im Vordergrund: „Es geht um die konkrete
Verfassungsmäßigkeit von Gefahrengebieten“, sagt OVG-Sprecher Andreas
Lambiris der taz.
Erörtert würden, so Lambiris weiter, alle „zugrunde liegenden
Verfassungsfragen, die ja Voraussetzung für den zu verhandelnden Einzelfall
aus dem Jahr 2011 waren“. Damals war ein polizeiliches Gefahrengebiet im
Schanzenviertel eingerichtet worden. Bei der Beurteilung muss das Gericht
aber auch jüngere Entwicklungen berücksichtigen: Auf Grundlage des
Polizeigesetzes waren Anfang vorigen Jahres 80.000 HamburgerInnen über eine
Woche lang unter Generalverdacht gestellt worden. Teil von Altona und St.
Pauli befanden sich im polizeilichen Ausnahmezustand – angeblich, um nach
einem bis heute in Frage stehenden Angriff auf die Davidwache kurz vor
Silvester weitere solcher Attacken auf Polizeireviere zu verhindern.
Die Maßnahmen lösten heftige Proteste und Demonstrationen aus, die Polizei
aber erreichte kaum eines ihrer Ziele: Statt der erhofften Waffen etwa
beschlagnahmte nur Klobürsten und war zeitweise weltweitem Gespött
ausgesetzt.
Sollte das OVG Gefahrengebiete nicht schon im Grundsatz für
verfassungswidrig einstufen, könnte es ihm um einen konkreten Vorfall
gehen: Am Vorabend des 1. Mai 2011 war der Aktivistin Claudia Falke im zum
Gefahrengebiet erklärten Schanzenviertel ein Aufenthaltsverbot erteilt
worden, obwohl sie dort wohnt . Zuvor hatte eine Polizistin Falkes Rucksack
überprüft – ohne etwas zu finden. Nachdem die Aktivistin murrte, kam sie
kurzerhand für eine Nacht in Gewahrsam.
2012 verurteilte das Verwaltungsgericht das Aufenthaltsverbot und die
Ingewahrsamnahme als rechtswidrig, erhob aber keine verfassungsrechtlichen
Einwände gegen das Gefahrengebiet selbst: In den Vorjahren sei es im
Viertel am 1. Mai zu Krawallen gekommen war. Einzig Art und Umfang der
polizeilichen Maßnahme nannte das Gericht sehr bedenklich.
In der Rechtsliteratur werden Gefahrengebiete seit 2014 kritisch gesehen.
In einem Aufsatz schreibt Christian Ernst von der Bucerius Law School: „Der
Bereich anlassunabhängiger Kontrollen wirft mehr grundrechtswesentliche
Fragen auf, als mancher Landesgesetzgeber bislang Antworten erbracht hat.“
15 Apr 2015
## AUTOREN
Kai von Appen
Kai von Appen
## TAGS
Polizei
Gefahrengebiet
Bürgerrechte
Gefahrengebiet
Repression
Gefahrengebiet
## ARTIKEL ZUM THEMA
Senator mit Bleibeperspektive: „Keine Gefahrengebiete mehr“
Hamburgs neuer Innensenator Andy Grote (SPD) im Interview über Sex & Drugs,
die Flüchtlingspolitik, sexuelle Übergriffe und den G-20-Gipfel
Kommentar Gefahrengebiet-Urteil: Grüne, so geht es wohl nicht
Verdachtsunabhängige Kontrollen im Gefahrengebiet sind unverhältnismäßig,
sagt das Gericht. Hamburg sollte auf diese Einschüchterung verzichten.
Urteil Hamburger Gefahrengebiete: Links sein ist kein Grund für Kontrolle
Die Hamburger Polizei darf in Gefahrengebieten nicht willkürlich Personen
durchsuchen, sagt ein Gericht. Doch das Urteil ändert wenig.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.