# taz.de -- Abstimmung über Bauprojekt in Berlin: SPD klärt Verhältnis zu He… | |
> Diese Woche stimmt der Bundesrat über den Verkauf des Dragonerareals an | |
> einen Investor ab. Entscheidend: die Haltung der SPD. | |
Bild: Eigentlich ganz niedlich, aber ein Symbol für fiese Investoren: die Heus… | |
Keine fünf Monate ist es her, da versprach der Berliner Investor Arne | |
Piepgras Großartiges für Kreuzberg und Berlin. Ein George-Grosz-Museum | |
werde er der Stadt schenken, verkündete er, außerdem Ateliers und Galerien. | |
Piepgras, der für 36 Millionen Euro von der Bundesanstalt für | |
Immobilienaufgaben (Bima) den Zuschlag für das ehemalige Kasernengelände | |
hinter dem Kreuzberger Finanzamt erhalten hatte, gerierte sich als | |
Wohltäter. Und sogar der Berliner Atelierbeauftragte warb für das Konzept, | |
das eine Edelversion der „Kreuzberger Mischung“ versprach. | |
Doch schon kurz nach dem Kauf veräußerte Piepgras den Großteil seiner | |
Anteile an einen österreichischen Investmentfonds: die „Dragonerhöfe-GmbH“ | |
mit Sitz in Wien, hinter der ein global agierender Investmentfonds steckt. | |
Doch diese Woche hat die Politik noch einmal die Chance, den neuen Investor | |
auszubremsen. | |
## Nur das Geld zählt | |
Das wäre ganz nach dem Willen von Anwohnerinitiativen und dem grün | |
regierten Bezirk. Die wollten auf dem knapp 5 Hektar großen Gelände nicht | |
den Meistbietenden, sondern ein sozialverträgliches Konzept zum Zuge kommen | |
lassen. Mitgeboten hatten landeseigene Immobiliengesellschaften und lokale | |
Bündnisse. Sie konnten nur maximal 20 Millionen Euro aufbringen. Die Bima | |
aber folgte ihrer bisherigen Praxis und verkaufte an den Meistbietenden. | |
Ende März stimmte der Haushaltsausschuss des Bundestags dem Verkauf des | |
Dragonerareals zu. Und das, obwohl die SPD-Bundestagsfraktion im November | |
ein Positionspapier für bezahlbares Wohnen und Bauen vorgelegt hatte. | |
Angesichts der angespannten Lage auf dem Wohnungsmarkt in Großstädten | |
sprachen sich die Sozialdemokraten für eine neue Ausrichtung der | |
Liegenschaftspolitik des Bundes aus. Zur Verkaufspraxis der Bima hieß es | |
konkret: „Die Bima als eine der größten Immoblieneigentümerinnen der | |
öffentlichen Hand hat soziale und strukturpolitische Verantwortung und muss | |
mit gutem Beispiel vorangehen.“ | |
Trotzdem stimmten im Haushaltsausschuss nur Grüne und Linke geschlossen | |
gegen den Verkauf. Lisa Paus, grüne Sprecherin für Steuerpolitik und | |
stellvertretendes Ausschussmitglied, zeigte sich enttäuscht: „Die | |
Zustimmung der Koalition für den Verkauf der Immobilien zeigt, dass auf | |
Bundesebene ein Umdenken im Umgang mit bundeseigenen Immobilien nicht | |
stattfindet.“ | |
Am Donnerstag bietet sich eine erneute Chance, den Anspruch einer neuen | |
Liegenschaftspolitik einzulösen. Dann nämlich wird auch noch der | |
Finanzausschuss des Bundesrats über den Verkauf entscheiden. Alle | |
Immobilienveräußerungen über 15 Millionen Euro bedürfen seiner Zustimmung. | |
Wie die Länderkammer beim Dragonerareal entscheiden wird, hängt von der | |
Haltung der Grünen und der SPD ab, die zusammen mit der Linken eine | |
Mehrheit haben. | |
„Die SPD muss jetzt wahrmachen, was sie versprochen hat: eine Änderung der | |
bisherigen Bima-Politik und einen Schutz der Mieter“, fordert Lisa Vollmer | |
von der Initiative „Stadt von unten“. Auch die Grünen sieht sie in der | |
Pflicht. „Besonders dort, wo sie in schwarz-grünen Koalitionen sind, stellt | |
sich die Frage, ob sie mit der Position der Bezirks-, Landes- und | |
Bundesebene brechen werden, die sich klar gegen den Verkauf ausgesprochen | |
haben.“ Das Bündnis will im Vorfeld der Bundesratsabstimmung eine | |
E-Mail-Kampagne starten, um die Ausschussmitglieder über den Investor und | |
seine Pläne zu informieren. | |
Als entscheidender könnte sich diese Woche allerdings der Dienstag | |
erweisen: Dann berät der Senat über die Berliner Haltung zum Verkauf des | |
Dragonerareals. Davon, wie sich Berlin als betroffenes Bundesland | |
positioniert, werden sich auch die anderen Bundesratsmitglieder leiten | |
lassen, glaubt Julian Schwarze. Der grüne Kreuzberger Bezirksverordnete ist | |
auch Mitarbeiter des Bauausschussmitglieds Katrin Schmidberger, die sich im | |
Parlament für eine Neuausrichtung der Wohnungspolitik engagiert. „Alles | |
hängt jetzt davon ab, wie sich die Berliner SPD verhält“, sagt Schwarze. | |
Dass die Genossen dem Investor die Stirn bieten und sich für | |
Alternativkonzepte auf dem Areal einsetzen, mag er indes noch nicht | |
glauben. | |
## Einsatz des Finanzsenators | |
Ein SPD-Mann hat seine Position allerdings klargemacht: Finanzsenator | |
Matthias Kollatz-Ahnen sitzt für Berlin im Bundesratsausschuss für | |
Finanzen. „Wir werden am Donnerstag Verbündete für unsere Positionen | |
suchen“, sagte er am Sonntag der taz. Das Land wolle im Bundesrat für eine | |
Abkehr vom Verkauf an Meistbietende werben. Und für eine Ablehnung des | |
Verkaufs an die Dragonerhöfe GmbH. Knackpunkt werde sein, ob sich eine | |
Mehrheit der Länder für ein lokales Berliner Thema erwärmen könne – und es | |
genau jetzt für wichtig erachteten, für bezahlbaren Wohnraum einzutreten. | |
Für den Fall, dass die Dragonerhöfe GmbH Besitzer des Geländes bleiben, hat | |
der Bezirk ein neues Bebauungsplanverfahren in Gang gesetzt. Dieses sieht | |
eine Mischnutzung mit Gewerbe, Kultur und einem hohen Anteil an sozialem | |
Wohnungsbau vor. Da er noch kein gültiges Baurecht hat, wäre der Investor | |
an die neuen Vorgaben gebunden – es sei denn, der Senat zöge die | |
Planungshoheit an sich. Das Bündnis „Stadt von unten“ plant derweil die | |
Inbesitznahme des Geländes: Mitte Mai ist ein großes, von AnwohnerInnen | |
organisiertes Nachbarschaftsfest geplant. | |
20 Apr 2015 | |
## AUTOREN | |
Nina Apin | |
## TAGS | |
Berlin | |
Investor | |
Kreuzberg | |
taz | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
taz-Diskussion zu Grünflächen in Berlin: Ganz zart riecht es nach Rebellion | |
Vor 100 Jahren sicherte ein Vertrag den reichen Waldbestand Berlins. Wie | |
können heute Grünflächen und Freiräume erhalten werden? Eine Debatte im taz | |
Café. | |
Umstrittener Immobilienverkauf: Bund spekuliert munter weiter | |
Heute stimmt der Bundestag über den umstrittenen Verkauf des | |
Dragnoner-Areals in Kreuzberg ab. Der Bezirk zweifelt am | |
Wohnungsbau-Konzept des Investors. | |
Wohnungspolitik in Berlin: Besetzen! | |
Das Thema Hausbesetzungen scheint wieder Mobilisierungspotenzial zu | |
besitzen, wie eine Diskussion im Berliner Kreuzberg-Museum zeigt. | |
Umstrittener Liegenschaftsverkauf: Kreuzberg wird Grosz-Stadt | |
Der Bund hat das Dragonerareal an den Investor Arne Piepgras verkauft. Der | |
plant Wohnungen, Gewerbe – und ein Museum für George Grosz. |