# taz.de -- Umstrittener Liegenschaftsverkauf: Kreuzberg wird Grosz-Stadt | |
> Der Bund hat das Dragonerareal an den Investor Arne Piepgras verkauft. | |
> Der plant Wohnungen, Gewerbe – und ein Museum für George Grosz. | |
Bild: Finanzamt in Berlin-Kreuzberg: Ensteht auf dem dahinterliegenden Dragoner… | |
Eines der begehrtesten und zugleich umstrittensten Grundstücke Berlins, das | |
so genannte Dragonerareal in Kreuzberg, ist verkauft. Nach Informationen | |
der taz hat Arne Piepgras, Berliner Projektentwickler, nach einem | |
Bieterverfahren von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima) den | |
Zuschlag für das fünf Hektar große Gelände hinter dem Finanzamt Kreuzberg | |
erhalten. | |
Piepgras wird 36 Millionen Euro für das Areal an den Bund bezahlen. Er | |
plant dort – gemeinsam mit anderen Bauträgern – neben Wohnen, Gewerbe und | |
Gastronomie ein Museum für den Berliner Maler und Karikaturisten George | |
Grosz. Auch Ateliers und Galerien sollen entstehen. Piepgras baut bereits | |
das marode Stadtbad Wedding zum Kulturstandort um. | |
Bürgerinitiativen, Parteien und der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg hatten | |
den Bund scharf kritisiert, weil das Grundstück zum Höchstgebot und nicht | |
im Konzeptverfahren, also aufgrund von überzeugenden Ideen, vergeben wird. | |
Zudem besteht die Sorge im Bezirk, dass durch die Entwicklung eines | |
Luxusquartiers das ganze Viertel rund um den Mehringdamm weiter aufgewertet | |
würde. | |
Arne Piepgras bestätigte am Montag gegenüber der taz den Bima-Zuschlag | |
sowie die Kaufsumme. Zugleich versuchte er, die Wogen der Kritik zu | |
glätten. Motor der Neugestaltung hinter dem Finanzamt Kreuzberg soll nach | |
seiner Ansicht die „kulturelle Nutzung werden, die in die bestehenden sowie | |
denkmalgeschützten Bereiche einziehen wird“. So sehe sein Konzept für die | |
9.000 Quadratmeter umfassenden denkmalgeschützten früheren Pferdeställe | |
rund 30 Künstlerateliers und Galerien vor. | |
Das George-Grosz-Museum soll nach Umbauten die Räume des bestehenden | |
LPG-Supermarktes nutzen, der an benachbarter Stelle untergebracht würde. | |
Piepgras sagte zur taz: „Ralph Jentsch, der Nachlassverwalter von Grosz, | |
sucht seit Jahren für seine 2.000 Arbeiten umfassende Grosz-Sammlung Räume. | |
Der Standort für ein solches Museum wäre hier ideal.“ Wie ein solches | |
Museum finanziert werden könnte, ob öffentlich oder privat, ließ Piepgras | |
offen. | |
Für die weiteren 90 Prozent der Fläche sei vorgesehen, „ein Drittel mit | |
Wohnungen und zwei Drittel mit Gewerbe zu bebauen“, sagte Piepgras. Ob | |
Eigentums- oder Mietwohnungen entstehen sollen, wollte er am Montag noch | |
nicht beantworten. Das müsse erst mit den politisch Verantwortlichen im | |
Bezirk geklärt werden. | |
Scharfe Kritik an der Entscheidung der Bima übte der Architekt Bernhard | |
Hummel. Der im Mietshäusersyndikat Engagierte warnte vor unabsehbaren | |
Folgekosten, die dem Land durch ein neues Museum entstehen könnten. Auch | |
den Wohnraummangel werde man durch den geringen Wohnungsanteil nicht | |
beseitigen können. „Am Ende wird es ein schlechtes Geschäft für den | |
Steuerzahler – und für das Stadtviertel“, prophezeite Hummel. Das | |
Mietshäusersyndikat hatte im Verfahren mitgeboten, war aber am Kaufpreis | |
gescheitert. | |
Florian Schöttle dagegen ist vom Siegerkonzept begeistert. Der ehemalige | |
Atelierbeauftragte ist zusammen mit dem amtierenden Atelierbeauftragten | |
Florian Schmidt an Piepgras‘ Konzept beteiligt. „Das ist alles seriös und | |
kommt den Kreuzberger Bedürfnissen entgegen“, so Schöttle zur taz. „Die | |
Mischstruktur aus Gewerbe, Kultur und Wohnen wird funktionieren.“ Beim | |
Wohnen strebe man eine Kooperation mit dem Mietshäusersyndikat an. | |
## Nicht um jeden Preis | |
Andreas Weeger, grüner Bezirksverordneter und Mitglied im | |
Stadtentwicklungsausschuss, sagte der taz, dass Kreuzberg für | |
Mischnutzungen aufgeschlossen sei, allerdings nicht um jeden Preis. „Wir | |
sind als Bezirk nicht bereit, maximale Profite der Bima mitzutragen, ohne | |
einen entsprechenden Ausgleich dafür zu bekommen“, kündigte Weeger an. | |
Für den Fall, dass der neue Investor eine Änderung des bestehenden | |
Bebauungsplans anstrebe, müsse er mit dem Bezirk verhandeln. Dessen Wünsche | |
für das Gelände sind: 20 bis 30 Prozent bezahlbarer Wohnraum, eine | |
öffentlich zugängliche Grünfläche und sogenannte „Wohnfolgeeinrichtungen�… | |
wie Kitas. | |
An solchen Forderungen war der vorherige Käufer des Areals gescheitert: Die | |
Bima hatte das denkmalgeschützte Kasernenareal mit Reitställen aus dem 19. | |
Jahrhundert, auf dem sich heute Gewerbeflächen und der Biomarkt befinden, | |
2012 angeboten. Beworben hatten sich auch Baugruppen und Genossenschaften. | |
Den Zuschlag erhielt die Hamburger German Real Estate. Die Bima musste 2013 | |
den Verkauf aber rückabwickeln, da die Hamburger den Kaufpreis nicht | |
aufbringen konnten – die Zusatzkosten durch die Auflagen des Bezirks waren | |
zu hoch. | |
27 Oct 2014 | |
## AUTOREN | |
Nina Apin | |
Rolf Lautenschläger | |
## TAGS | |
Wohnungsbau | |
Baugruppen | |
Berlin | |
Immobilien | |
Streik | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Verkauf des Dragoner-Areals: Schäuble in Schwierigkeiten | |
Der Bund hat ein Problem: Beim Verkauf des Kreuzberger Dragoner-Areals | |
hinter dem Mehringdamm wurde geschlampt. | |
Roman über enttäuschende Baugruppen: Erbin der Hippies | |
Von wegen Harmonie. In ihrem Roman „Bodentiefe Fenster“ schreibt Anke | |
Stelling über Streit, Druck und Neid in Gemeinschaftshäusern. | |
Abstimmung über Bauprojekt in Berlin: SPD klärt Verhältnis zu Heuschrecken | |
Diese Woche stimmt der Bundesrat über den Verkauf des Dragonerareals an | |
einen Investor ab. Entscheidend: die Haltung der SPD. | |
Kommentar Maklerstreik: Ein schlechter Witz | |
Der Makler ist einer der überbezahltesten und überflüssigsten Berufsstände | |
im Land. Ein Wegfall von Stellen wäre nicht schlimm. | |
Zornige Immobilienmakler: Streik gegen das Bestellerprinzip | |
Der Bundesverband für Immobilienwirtschaft ruft zum Ausstand wegen eines | |
neuen Gesetzes auf. In der Branche erntet das Häme. |