# taz.de -- Aktivisten fälschen Vattenfall-Konferenz: Überraschende Botschaft… | |
> Vattenfall wolle sich auf erneuerbare Energien ausrichten und 1.000 | |
> Flüchtlinge beschäftigen, hieß es auf einer Pressekonferenz in Berlin – | |
> ein Fake. | |
Bild: Ungewöhnliche Pressekonferenz: in der Berliner Vattenfall-Geschäftsstel… | |
BERLIN taz | Die Pressekonferenz in der Berliner Vattenfall-Geschäftsstelle | |
am Freitag konnte überraschender nicht sein: Vor zwanzig Journalisten | |
stellten fünf vermeintliche Mitarbeiter des Energiekonzerns die neuen Pläne | |
für die Lausitzer Braunkohlegebiete vor. Sprecher Sven Ansvar kündigte an, | |
Vattenfall werde mit einer „Responsibility Initiative“ in der Lausitz | |
bleiben und anders als bislang geplant die Abbaugebiete und das | |
Braunkohlekraftwert nicht verkaufen. | |
Zeitgleich erhielten zahlreiche Redaktionen eine Pressemitteilung mit dem | |
Absender „Vattenfall-responsibility“. Man plane, nicht erst bis 2050 auf | |
erneuerbare Energien umzusteigen, sondern bereits 2030, hieß es. | |
Da der Energiesektor weiterhin viele Arbeitskräfte benötige, wende sich das | |
Unternehmen an Gewerkschaften, um gemeinsam sozial verträgliche | |
Entscheidungen zu treffen. Außerdem: 1.000 Klimaflüchtlinge sollten von den | |
Philippinen aufgenommen und beschäftigt werden. [1][Eine aufwendig | |
gestaltete Website] begleitete die Ankündigung. | |
Schnell machten die Neuigkeiten über den kompletten Kurswechsel des | |
Konzerns bei Twitter ([2][@vattenfall_csr]) die Runde, sogar Vattenfallchef | |
Tuomo Hatakka meldete sich unter einem gefälschten Account zu Wort | |
([3][@tuomo_hatakka]). Die Märkische Allgemeine Zeitung schrieb begeistert | |
[4][über die „sensationelle Nachricht für die Lausitz“], der [5][RBB | |
twitterte eine Eilmeldung], [6][Greenpeace jubelte]. | |
## Vattenfall will gegen die Aktivisten vorgehen | |
Doch es handelte sich um einen Fake: Hinter der Aktion steckt das [7][„Peng | |
Kollektiv“] aus Berlin. Es ist bekannt dafür, Entscheidungsträger mit | |
unliebsamen Themen zu konfrontieren. Im vergangenen Jahr [8][fluteten die | |
Aktivisten eine Shell-Veranstaltung] mit schmieriger, öliger Flüssigkeit, | |
um auf die Gefahren bei Bohrungen in der Arktis hinzuweisen. Ein anderes | |
Mal verteilten sie Weihnachtspostkarten im CDU-dominierten Stadtteil | |
Steglitz, auf denen Merkels Äußerungen zu „christlichen Abschiebungen" | |
gedruckt wurden. | |
„Wir wollen andere Aktionsformen nicht ersetzen“, sagt Jean Peters vom | |
„Peng Kollektiv“. In ihren Kampagnen probieren die Aktivisten neue Formen | |
aus, Themen werden bei ihren Aktionen mit Humor und Augenzwinkern gewürzt. | |
Dabei nutzen sie die Öffentlichkeit und die Macht digitaler Medien. Bei | |
Vattenfall hätten sie dem Konzern ja quasi eine fertige Kampagne geboten, | |
die nur noch übernommen werden müsse, freuen sich die Mitstreiter vom | |
Kollektiv. | |
Der echte Vattenfall-Pressesprecher Steffen Herrmann beobachtete die Aktion | |
in der Berliner Geschäftsstelle, wollte sich aber nicht äußern. „Gefälsch… | |
Kampagne“ steht über der echten Presseinformation des Konzerns zu der | |
Aktion. „Vattenfall beobachtet und kontrolliert die Situation genau und | |
ergreift Maßnahmen, um die Falschinformationen richtig zu stellen“, hieß | |
es. Anfragen zu den gefakten Ankündigungen will das Unternehmen nicht | |
beantworten. Stattdessen prüft es rechtliche Schritte gegen die Aktivisten. | |
24 Apr 2015 | |
## LINKS | |
[1] http://www.vattenfall-responsibility.de | |
[2] http://twitter.com/search?q=@vattenfall_csr | |
[3] http://twitter.com/tuomo_hatakka | |
[4] http://www.maz-online.de/Brandenburg/Falschmeldung-Vattenfall-prueft-rechtl… | |
[5] http://twitter.com/rbbonline/status/591505464208203776 | |
[6] http://twitter.com/greenpeaceBLN/status/591520865248014336 | |
[7] http://www.pen.gg | |
[8] http://www.youtube.com/watch?v=At9rWPj7MzU | |
## AUTOREN | |
Christina Palitzsch | |
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