# taz.de -- Nach dem Erdbeben in Nepal: Der Verteilungskampf beginnt | |
> Nach dem Schock muss das Leben in Nepal weitergehen. Doch überall | |
> herrscht Mangel. Die Zahl der Toten ist auf über 5.000 gestiegen. | |
Bild: Mittwochmorgen in Kathmandu. | |
KATHMANDU dpa/rtr | Die Zahl der Toten bei der Erdbebenkatastrophe in Nepal | |
ist offiziellen Angaben zufolge auf mehr als 5.000 gestiegen. Mehr als | |
10.000 Menschen wurden bei den schwersten Erschütterungen in dieser Region | |
seit über 80 Jahren verletzt, wie das Innenministerium am Mittwoch | |
mitteilte. Nepals Ministerpräsident Sushil Koirala hatte am Vortag gesagt, | |
es könnten bis zu 10.000 Menschen ums Leben gekommen sein. | |
Wegen der schlechten Versorgungslage drohen Verteilungskämpfe unter den | |
Überlebenden. Es gebe bereits vereinzelte Streitereien um Trinkwasser, | |
berichtete das UN-Büro für Katastrophenhilfe (Ocha) in der Nacht zum | |
Mittwoch. „Ungleiche Verteilung erhöht das Risiko von Auseinandersetzungen | |
unter den Betroffenen.“ Bei den Beben der Stärke 7,8 waren am Samstag | |
mindestens 4.700 Menschen ums Leben gekommen. Helfer fürchten, dass die | |
Zahl deutlich steigt, wenn weitere abgelegene Regionen erreicht werden. | |
Helfer fanden noch Überlebende: Nach fast 82 Stunden unter den Trümmern sei | |
ein Mann in Kathmandus Stadtteil Gongabu gerettet worden, berichtete die | |
Zeitung Nepali Times online. Die nepalesische Polizei und ein französisches | |
Team hätten zehn Stunden gegraben, um ihn zu befreien. Ein zweiter Mann | |
dort habe es nicht geschafft. „Wir hatten gehofft, er kommt lebend raus, | |
weil er noch mit uns gesprochen und uns seinen Namen gesagt hat“, sagte | |
Kipendra Thapa der Zeitung. Nach UN-Angaben wurden allein am Dienstagabend | |
14 Menschen aus dem Schutt geholt. | |
Der ohnehin überlastete Flughafen musste am Mittwoch vorübergehend wegen | |
Rissen in der Landebahn gesperrt werden, wie lokale Journalisten | |
berichteten. Die Risse seien aber schnell repariert worden. Zahlreiche | |
Flüge mit Helfern und Hilfsmaterial mussten in den vergangenen Tagen wegen | |
Überlastung des Flughafens unverrichteter Dinge wieder umkehren. | |
## Gesundheitsversorgung zusammengebrochen | |
Mittlerweile sind Hilfsteams aus mehr als 15 Nationen in Nepal – | |
koordiniert von den Vereinten Nationen und der nepalesischen Regierung. Am | |
meisten würden derzeit Suchtrupps gebraucht, aber auch Zelte für | |
Krankenhäuser, Leichensäcke und Generatoren, schreibt Ocha. Bei der | |
Weltgesundheitsorganisation allein haben sich 21 medizinische Teams | |
registriert. Die Rettungsorganisation I.S.A.R. Germany etwa hat ein Team | |
mit sieben Suchhunden in die Katastrophenregion geschickt. | |
Das Beben hatte große Teile Nepals sowie die angrenzenden Länder Indien und | |
das chinesische Tibet getroffen. Betroffen sind nach UN-Angaben acht | |
Millionen Menschen. In den Gebieten rund um das Epizentrum sind bis zu 90 | |
Prozent der Gesundheitsversorgung nicht funktionsfähig. | |
Viele große Straßen aber sind wieder geöffnet. „Es ist sehr schwer, einen | |
Fahrer zu finden, weil die meisten selbst betroffen sind und Kathmandu | |
verlassen haben, um Zuhause nach dem Rechten zu sehen“, sagt Markus | |
Taglieber vom Erkundungsteam der Johanniter-Auslandshilfe. Viele andere | |
Nepalesen allerdings packten mit an. „Wir haben Ärzte und Ingenieure | |
gefunden, die mit aktiv werden wollten“, sagte Taglieber. | |
In Kathmandu sind viele Menschen auf der Straße, um nach dem | |
Überlebensnotwendigsten zu suchen. „Wir müssen jetzt Essensvorräte | |
anlegen“, sagte Chejum Gurung, die sich sechs Kindern aus ihrer | |
Nachbarschaft angenommen hat. Doch sie treibt die Furcht von Nachbeben um. | |
„Ich fühle noch immer, dass der Boden unter mir sich bewegt. Oder | |
vielleicht sind es nur meine Beine.“ | |
29 Apr 2015 | |
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