| # taz.de -- Satirestreit in den USA und Frankreich: Verwirrung der Begriffe | |
| > In den USA boykottierten Autoren eine Auszeichnung für „Charlie Hebdo“. | |
| > Widerstand gegen Fanatismus sei keine Islamophobie, antworten Franzosen. | |
| Bild: „Charlie Hebdo“: Die Meinungsfreiheit hat viele Feinde. | |
| PARIS taz | Die Bedenken renommierter Autoren gegen eine Ehrung von Charlie | |
| Hebdo durch den Pen-Club belegen, wie unterschiedlich in den USA und in | |
| Frankreich Religionsfreiheit und Meinungsfreiheit bewertet und | |
| gegeneinander abgewogen werden. | |
| Für die weltliche französische Republik ist es unvorstellbar, dass eine | |
| Religionsgemeinschaft aus welchen Gründen auch immer – zum Beispiel wegen | |
| der realen Angriffe, denen ihre Anhänger ausgesetzt sind – jeden Spott und | |
| jede Kritik kriminalisieren will. | |
| Wer Charlie Hebdo wegen der provokativen, aber mutigen Karikaturen und | |
| satirischen Texte zum Thema Religion vorwirft, intolerant, | |
| freiheitsfeindlich oder gar rassistisch zu sein, möchte in Wirklichkeit die | |
| klerikale Zensur und Blasphemie als Delikt oder Kapitalverbrechen wieder | |
| einführen. So argumentiert die feministische Journalistin Caroline Fourest | |
| in ihrem neuesten Buch „Eloge du blasphème“. Darin verteidigt sie eine | |
| wichtige Errungenschaft der Aufklärung und der Revolution. Sie sieht keinen | |
| Grund, in dieser zentralen Frage der Freiheit nachzugeben, und schon gar | |
| nicht aus falsch verstandener „Toleranz“. | |
| Wie der Philosoph Pascal Bruckner und andere kämpft die Autorin hier gegen | |
| die entweder unüberlegte oder aber böswillige Verwendung des unklaren | |
| Begriffs „Islamophobie“. Diese führe dazu, kritische oder auch spöttische | |
| Äußerungen über die islamische Religion oder ihre Symbole in denselben Topf | |
| zu werfen wie fremdenfeindliche und rassistische Angriffe auf muslimische | |
| MitbürgerInnen. Wer das macht, so Fourest, ist entweder naiv – oder will | |
| die Religion absichtlich gegen Anfechtungen absichern und den Spieß des | |
| Kampfs für die Freiheit gegen die Kritiker umkehren. | |
| „Wir verdanken dem Wort Islamophobie einer der gravierendsten semantischen | |
| und politischen Verwirrungen der Epoche: Man will da glauben machen, dass | |
| der Widerstand gegen Fanatismus einer Art Rassismus gleichkomme“, erklärt | |
| Fourest. Schlimmer noch: „Der Begriff der Islamophobie ist gefährlich, weil | |
| er dazu dienen kann, Zielscheiben auf der Stirn derjenigen anzubringen, | |
| welche die Laizität verteidigen.“ | |
| Genau das nämlich ist den Herausgebern und Karikaturisten von Charlie Hebdo | |
| passiert, die wegen ihres angeblich „islamophoben“ Spotts von Fanatikern | |
| ermordet wurden. Spätestens seither wäre es fahrlässig, Karikaturisten der | |
| Intoleranz zu bezichtigen, die unter anderem Religionen (nicht nur den | |
| Islam) und alle Arten von Fanatismus mit frechem Witz, wenn auch nicht | |
| immer nach jedermanns Geschmack, attackieren. | |
| 29 Apr 2015 | |
| ## AUTOREN | |
| Rudolf Balmer | |
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