# taz.de -- Streik bei der Deutschen Bahn: Ein schlichter Arbeitskampf | |
> Nach dem Güterverkehr bestreikt die GDL nun auch den Personenverkehr. | |
> Erste Unionspolitiker sprechen sich für eine Zwangsschlichtung aus. | |
Bild: Viel geht nicht mehr: Reisende in Dortmund. | |
BERLIN dpa/rtr | Für die Fahrgäste der Deutschen Bahn wird ist es nun | |
wieder ungemütlich geworden. Die Lokführer sind in der Nacht um zwei Uhr | |
auch im Personenverkehr in den Streik getreten, wie ein Bahnsprecher am | |
frühen Dienstagmorgen bestätigte. | |
Sie wollen ihre Arbeit bis Sonntagmorgen ruhen lassen. Die Güterzüge der | |
Bahn werden bereits seit Montagnachmittag bestreikt. Es ist der achte | |
Ausstand im laufenden Tarifkonflikt und mit fast sechs Tagen Dauer der | |
längste seit Gründung der Deutschen Bahn 1994. | |
[1][Die Bahn hat Ersatzfahrpläne aufgestellt.] Demnach soll noch etwa jeder | |
dritte Fernzug im Einsatz sein. Im Regionalverkehr will die Bahn 15 bis 60 | |
Prozent des regulären Angebots aufrechterhalten, wobei mit den größeren | |
Ausfällen in Ostdeutschland gerechnet wird. Im Westen der Republik gibt es | |
unter den Lokführern noch einige Tausend Beamte, die nicht streiken dürfen. | |
Auch die S-Bahnen sind von der Arbeitsniederlegung betroffen. Hintergrund | |
ist der seit inzwischen zehn Monaten andauernde Tarifkonflikt der Bahn mit | |
den Gewerkschaften. | |
„Wir wissen, dass die Bahnkunden nicht vor Begeisterung am Bahnsteig stehen | |
und klatschen“, sagte der Chef der Gewerkschaft GDL, Claus Weselsky. Er | |
lehnte am Montagabend im Interview der ZDF-Sendung Wiso erneut die von der | |
Bahn vorgeschlagene Schlichtung ab. Es gehe um [2][grundgesetzlich | |
geschützte Rechte der GDL-Mitglieder]. „Wir lassen nicht über Grundrechte | |
schlichten.“ | |
## Warten aufs Gesetz zur Tarifeinheit | |
Weselsky verwies auf zwei Urteile der hessischen Arbeitsgerichte aus dem | |
November 2014. „Unser Verhalten ist rechtmäßig, zulässig und | |
verhältnismäßig.“ Die Bahn verhandele mit dem Ziel, keinen Abschluss mit | |
der GDL zu erreichen, weil sie auf das neue Gesetz zur Tarifeinheit warte. | |
Die Bahn weigere sich daher auch, Zwischenergebnisse schriftlich zu | |
fixieren. | |
In den ARD-Tagesthemen sagte Weselsky: „Wir haben Druck aus der | |
Gewerkschaft von innen, von unseren Mitgliedern. Viel zu lange haben wir | |
verhandelt nach deren Ansicht, viel zu lange wird von Seiten den | |
Bahnmanagements der Druck ignoriert, der auf unseren Leuten lastet.“ Er | |
fügte hinzu: „Wenn das Bahnmanagement unbeeindruckt auf uns zeigt unter der | |
Überschrift 'das sind Streikhanseln', dann werden die Mitglieder der GDL – | |
die Lokführer und Zugbegleiter – das Management weiter abstrafen wollen!“ | |
In der Union werden indes Forderungen nach einer Zwangsschlichtung laut. | |
Der Generalsekretär des CDU-Wirtschaftsrats, Wolfgang Steiger, sagte zu | |
Bild , wenn eine Kleinstgewerkschaft wie die der Lokführer ein ganzes Land | |
erpresse, müsse eine Zwangsschlichtung für Bereiche der öffentlichen | |
Daseinsfürsorge im Streikrecht eingeführt werden. „Dafür kann der | |
Gesetzgeber klare Kriterien zur Verhältnismäßigkeit festlegen.“ | |
Wie Steiger forderte auch der Vorsitzende der Jungen Union, Paul Ziemiak, | |
den Tarifkonflikt mit einer Zwangsschlichtung zu beenden. Zudem müsse | |
künftig ein Mediationsverfahren immer Vorbedingung von Streiks sein, | |
ergänzt um eine angemessene Ankündigungspflicht, sagte er. Ähnlich äußerte | |
sich der Vize-Vorsitzende der Unionsfraktion, Michael Fuchs. Es müsse „ein | |
gesetzliches Schlichtungsverfahren im Bahn- und Luftverkehr“ geben, sagte | |
der CDU-Politiker zu Bild. | |
## Einstufung der Lokrangierführer | |
Deutschlands Konzerne befürchten wegen des einwöchigen Ausstands einen | |
Schaden von bis zu einer halben Milliarde Euro. Besonders betroffen sind | |
nach Angaben des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI) die Stahl-, | |
Chemie- und Autobranche, die auf die pünktliche Lieferung von Einzelteilen | |
und Rohstoffen angewiesen seien. | |
Die Bahn hatte zuletzt angeboten, die Löhne vom 1. Juli an in zwei Stufen | |
um insgesamt 4,7 Prozent zu heben. Dazu sollte eine Einmalzahlung von | |
insgesamt 1.000 Euro bis zum 30. Juni kommen. Die GDL fordert für die | |
Beschäftigten fünf Prozent mehr Geld und eine Stunde weniger Arbeitszeit | |
pro Woche. | |
Ein Knackpunkt für die Gewerkschaft ist die Einstufung der Lokrangierführer | |
im Tarifgefüge der Bahn. Sie kritisiert, die Bahn wolle diese Kollegen, die | |
etwa für das Koppeln und Entkoppeln von Zügen zuständig sind, niedriger | |
einstufen als Mitarbeiter auf der Strecke. | |
Der Konflikt ist auch deshalb so schwierig, weil die GDL mit der größeren | |
Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) um Einfluss im Bahn-Konzern | |
ringt. Außerdem will die GDL einen Erfolg erzielen, bevor das kommende | |
Tarifeinheitsgesetz der schwarz-roten Bundesregierung die Macht kleiner | |
Gewerkschaften beschränkt. | |
5 May 2015 | |
## LINKS | |
[1] http://www.deutschebahn.com/de/presse/themendienste/8254322/201409_tarifver… | |
[2] http://www.gdl.de/Aktuell-2015/Telegramm-1430668762 | |
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