# taz.de -- Neue Vorschläge fürs TTIP: Der Kampf ums Schiedsgericht | |
> Die EU-Kommission will Mitgliedsstaaten auf Linie bringen. Doch selbst | |
> der SPD gehen die neuen Vorschläge nicht weit genug. | |
Bild: Püppchen, bleib tapfer. Noch steht der große Protesterfolg aus | |
BERLIN taz | Sigmar Gabriel hat seinen vertrauten Staatssekretär Matthias | |
Machnig (SPD) nach Brüssel geschickt. An diesem Donnerstag will dort | |
Handelskommissarin Cecilia Malmström die Außenhandelsminister der EU-Länder | |
für ihre neuen Vorschläge zu den umstrittenen TTIP-Schiedsgerichten | |
gewinnen. Denn nur so kann die Handelskommissarin das geplante | |
Freihandelsabkommen mit den USA durchbringen. | |
Schiedsgerichte sind der größte Streitpunkt, wenn es um TTIP geht – nicht | |
nur in der Öffentlichkeit, sondern auch zwischen den EU-Regierungen. Dabei | |
handelt es sich um nichtstaatliche Gerichte, die dann einberufen werden, | |
wenn ein ausländischer Investor benachteiligt wird. Der hat das Recht, vor | |
einem Schiedsgericht einen Staat zu verklagen. Doch viele europäische | |
Regierungen halten die Klausel zwischen entwickelten Staaten wie der EU und | |
den USA für überflüssig. So hat der österreichische Bundeskanzler Faymann | |
bereits angekündigt, dass er die umstrittene Klausel einfach aus den | |
Verträgen nehmen will. Auch aus Holland, Frankreich und eben Deutschland | |
gibt es Kritik. | |
Ganz auf Schiedsgerichte verzichten will Malmström aber nicht. Sie wirbt | |
mit einem Kompromiss: Die Gerichte sollen in ihrer Funktionsweise deutlich | |
mehr traditionellen Gerichten entsprechen. Dazu gehörten nach ihren | |
Vorstellungen auch eine Berufungsinstanz sowie klare Verhaltensregeln für | |
Schiedsgutachter. Mittelfristig will Malmström einen ständigen | |
Schiedsgerichtshof aufbauen, der nicht nur für | |
Investor-Staat-Streitigkeiten zwischen den EU und den USA, sondern weltweit | |
zuständig sein soll. | |
Zwar ähneln ihre Forderungen in vielen Punkten denen von Sigmar Gabriel. | |
Der geht aber noch einen Schritt weiter. Gabriel zufolge sollen Streite | |
zwischen Konzernen und Regierungen ausschließlich vor einem bilateralen | |
Handelsgerichtshof entschieden werden. Schiedsgerichte, die in Washington | |
oder in London spontan einberufen werden können, lehnt er ab. So will er | |
den Anforderungen internationaler Wirtschaftspolitik und zugleich den | |
Kritikern an der Basis gerecht werden. | |
## Kosmetische Reformen | |
Auch die Sozialdemokraten im EU-Parlament haben bereits | |
Verbesserungsvorschläge zu den Schiedsgerichten erarbeitet. Neben einem | |
ständigen Handelsgerichtshof fordern auch sie klare Regeln für die Auswahl | |
der Schiedsrichter, die Regulierungshoheit von Staaten, eine | |
Berufungsinstanz. Die sollen aber nicht nur für TTIP gelten, so Bernd Lange | |
(SPD), der im EU-Parlament dem Handelsausschuss vorsitzt: „Sie müssen auch | |
in den aktuellen Handelsabkommen mit Kanada und Singapur berücksichtigt | |
werden.“ | |
Den TTIP-Gegnern geht keiner der Reformvorschläge weit genug. „Die | |
Kommission macht kosmetische Reformen, die das System akzeptabler machen | |
sollen, aber an den wesentlichen Problemen nicht rühren“, kritisiert Pia | |
Eberhardt von der Nichtregierungsorganisation Corporate Europe Observatory | |
CEO. Denn bis ein bi- oder multilateraler Handelsgerichtshof kommen soll, | |
will die Kommission weiter die Entscheidung bei | |
Investoren-Staats-Streitigkeiten auf Schiedsgerichte übertragen. | |
Auch ein Handelsgerichtshof verhindere nicht, dass ein paralleles | |
Rechtssystem entsteht, kritisiert Eberhardt. Denn das Klagerecht soll | |
weiterhin nur für ausländische Investoren gelten. „Inländische Investoren | |
werden benachteiligt“, sagt Eberhardt. Zudem bleibe die Einseitigkeit des | |
Systems unangetastet. „Unternehmen bekommen Rechte, aber keine Pflichten“, | |
kritisiert die CEO-Frau. Rechte wie diese gelten aber nicht für indigene | |
Völker, die möglicherweise von Investitionen betroffen sind. | |
7 May 2015 | |
## AUTOREN | |
Julia Maria Amberger | |
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