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# taz.de -- Korrespondentenschwund in Russland: Berichte aus zweiter Hand
> Das „Handelsblatt“ schließt sein Büro in der russischen Hauptstadt. Dam…
> liegt es im Trend, denn deutsche Zeitungen sparen Personal ein.
Bild: Immer mehr KorrespondentInnen fallen Sparrunden zum Opfer.
„Die Schwerpunkte verschieben sich“, sagt Handelsblatt-Chefredakteur
Hans-Jürgen Jakobs. So begründet er, dass die Handelsblatt-Gruppe sich in
Zukunft ihr Moskau-Büro spart – nach mehr als 20 Jahren. Die
Wirtschaftszeitung habe Korrespondenten in China und in den USA
aufgestockt. Neu hinzugekommen seien Posten in Bangkok, in Tokio sei der
freie Kollege jetzt fest angestellt. „Weitere Korrespondentenplätze werden
nicht geschlossen“, versichert Jakobs, und weist darauf hin, dass weltweit
rund 40 feste und freie Korrespondenten für das Blatt tätig seien.
„Mit der Schließung des Büros sollen Kosten reduziert und eine verbesserte
Form der Berichterstattung soll erzielt werden“, sagt er über den Posten in
der russischen Hauptstadt. Dies sei ein Weg, den auch viele andere Medien
gingen.
Der bisherige feste Korrespondent Oliver Bilger wurde bereits im Mai
freigestellt. Er habe das Blatt in gegenseitigem Einvernehmen verlassen, so
Jakobs. Aus dem Kollegenkreis ist dagegen zu hören, das Büro sei im
Frühjahr der jüngsten Sparrunde zum Opfer gefallen. Schließlich ließen sich
durch den Wegfall der Räumlichkeiten im Moskauer Stadtzentrum und den
Verzicht auf die Festanstellung mehr als 100.000 Euro sparen.
„Die Position wird vom ehemaligen Moskau-Korrespondent Mathias Brüggmann
mit betreut“, sagt Jakobs zur Perspektive, wie die Berichterstattung
künftig aussehen soll. Der frühere Moskau-Korrespondent sitzt in Berlin und
soll von dort aus in Russland mit freien Journalisten zusammenarbeiten.
Mit dieser Entscheidung liegt das Handelsblatt im Trend, denn deutsche
Zeitungen scheinen immer weniger Wert auf den eigenen Korrespondenten und
ein Büro in Moskau zu legen. Kritiker befürchten deshalb einen massiven
Qualitätsverlust und sehen die Vielfalt der Berichterstattung aus Russland
schwinden. So spart die Zeit die Korrespondentenstelle in Moskau ein und
glaubt die Berichterstattung von Hamburg aus abdecken zu können. Auch die
Kulturkorrespondentin der Frankfurter Allgemeine Zeitung, Kerstin Holm, die
Michaels Ludwigs politische Korrespondententätigkeit kenntnisreich
ergänzte, wurde Ende August nach 20 Jahren abgezogen und nicht mehr
ersetzt.
## Voll im Trend
Bei der Wirtschaftsberichterstattung verzichtet die FAZ schon seit Jahren
auf einen exklusiven Korrespondenten und teilt sich den Posten mit der
Neuen Züricher Zeitung. Mit der Schließung der Financial Times Deutschland
verlor bereits deren freier Russland-Korrespondent seinen Job. Die
Süddeutsche Zeitung hat schon seit Jahren nur noch einen Mann vor Ort, der
alle Themen auf dem Gebiet der früheren Sowjetunion abdecken soll. Da
kommen Wirtschaftsthemen zwangsläufig zu kurz. Und das, obwohl Russland
neben Polen in Osteuropa der wichtigste Handelspartner für Deutschland ist.
„Das ist ausgesprochen schade und nicht die optimalste Lösung“, sagt der
Sprecher der Deutsch-Russischen Auslandskammer, Jens Böhlmann, in Moskau.
Er zeigt zwar Verständnis dafür, dass Zeitungsredaktionen stärker unter
Kostendruck litten. Aber die Entscheidung entspreche nicht der Bedeutung
des russischen Marktes.
„Die Eurozone wird nicht der Motor der wirtschaftlichen Entwicklung sein“,
sagt Böhlmann. In Russland seien viele deutsche Wirtschaftsleute engagiert,
die das Handelsblatt regelmäßig läsen. Sie schätzten das Potenzial des
russischen Marktes unverändert sehr hoch ein. Deshalb sei es wichtig,
Entwicklungen vor Ort zu beobachten und zu beschreiben.
16 Sep 2013
## AUTOREN
Gemma Pörzgen
## TAGS
Schwerpunkt Zeitungskrise
Moskau
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Wladimir Putin
Medien
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